"Die islamische Kultur unterscheidet sich so grundlegend von der westlichen, und die Lebensweise von Muslimen wird im Islam so umfassend vorgeschrieben, dass ein unproblematisches Zusammenleben mit Muslimen kaum vorstellbar ist."
Ich halte derlei Thesen in mehrfacher Hinsicht für mehr als fragwürdig. Zunächst wird damit suggeriert, dass unsere Lebensweise von anderen bedroht wird. Ein Blick in unsere Geschichte und die Europas zeigt klar, dass wir schon immer den Einflüssen anderer Kulturen ausgesetzt waren und diese zur Bereicherung unseres Kulturbestandes beigetragen haben, ohne dass es uns heute so richtig bewußt ist. Egal, ob wir zum Essen zum Griechen, Italiener, Türken oder Chinesen gehen, ich kenne niemanden, der dieses Angebot als nachteilig für unsere Lebensweise betrachten würde. Design aus Italien beeinflußt Gottseidank! unser Modebewußtsein und das Denken unserer Automobilentwickler. Ohne die Türken vor Wien hätten wir weder Croissants fürs Frühstück, noch den passenden Kaffe dazu. Wir schätzen die kulturellen Sprenkel in der Musik aus den südlichen europäischen Ländern und während wir nach den Klängen des angolanisch-portugiesischen Kuduro die Füße wippen können wir nachlesen, dass alleine schon die Bevölkerungszusammensetzung in unserer Region schon seit der Völkerwanderung immer wieder von anderen Völkern mitgestaltet worden ist. Bis in jüngste Zeit. Als im Ruhrpott nach den Kriegen für undertage Arbeitskräfte gebraucht wurden, kamen nicht nur Polen oder Türken, sondern auch Koreaner und Japaner. Auch bei diesen beiden letzteren kann getrost davon ausgegangen werden, dass deren Kultur und Glaube unseren Gepflogenheiten diametral entgegenstanden. Eine Bedrohung daraus ist nicht entstanden...und ein Blick in die Telefonbücher und Gewerberegister von Essen, Dortmund oder Düsseldorf zeigt klar, dass diese Gruppen längst in der Mitte in unserer Gesellschaft angekommen sind: Sie stellen CDU-Kreisvorsitzende, SPD-Minister, Bürgermeister oder Stadtverordnete oder haben längst eigene Unternehmen gegründet, die vielen Deutschen und Ausländern Arbeitsplätze dienen.
Noch wichtiger und ernster aber ist ein anderer Punkt.
Du hast es sicherlich nicht so gemeint, das will ich hier eindeutig zu Deinen Gunsten anführen, aber mit ähnlichen Begründungen wie oben hat man hierzulande in den dunkelsten Jahren der deutschen Geschichte der jüdischen Bevölkerung abgesprochen, Teil unserer Gesellschaft zu sein. Auch hier waren Unkenntnis über die Inhalte von Torah und Talmud und die darauf fußende Lebensweise vielen Menschen fremd, was sie nicht davon abgehalten hat, massive Vorurteile in die Welt zu setzen. Selbst meine Großmutter, eine sehr katholische Frau, hat mir als Junge immer wieder gepredigt, dass es Gesetz der Juden sei, die Christen zu bescheißen. Begründen konnte sie das bis zu ihrem Tod nicht. Solche Vorurteile, die meistens auf der Einstellung beruhten, die Juden pflegten eine Lebensweise, die nicht in das arisch-nationale-christlich geprägte Abendland passten, haben vollkommen unterschlagen, wie sehr auch wir TROTZDEM von jüdischen Mitbürgern, deren Kultur und Leistungen profitiert haben.
Vorurteile sind bekanntermaßen keine deutsche Erfindung, sondern sie sind universal. Auch in Großbritannien, in den Niederlanden, in den USA, in China und auch in islamischen Ländern. Aber wenn man genau hinsieht, dann stellt man fest, dass die Ursachen meist in historischen Ungerechtigkeiten oder gravierenden, sozialen Schieflagen liegen (Nordirland etwa, wo der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten nur vordergründig religiös bedingt ist oder auch im EU-Musterländle Belgien, wo sich bis heute Flamen und Wallonen einen Sprachenstreit liefern, der seine Ursachen auch nur in historischen Fehlleistungen des Staates hat). |