Wiederaufbau im Irak US-Firmen dick Geschäft
Der Wiederaufbau im Irak verspricht zu einem Milliardengeschäft zu werden, und US-Konzerne haben die besten Chancen, dabei die größten Aufträge an Land zu ziehen. Für Firmen aus Deutschland, Frankreich und anderen Ländern, die gegen den Krieg waren, werden dagegen nach Einschätzung von Diplomaten in Bagdad mittelfristig keine großen Fische zu angeln sein. Besonders in der Ölindustrie, die seit dem Sturz von Saddam Hussein mehrfach Ziel von Sabotageakten wurde - am Dienstag brannte zwischen Bedschi und Haditha erneut eine Pipeline - locken satte Gewinne. Momentan ist der Irak, das Land mit den drittgrößten Ölreserven der Welt, allerdings noch auf Benzinimporte aus der Türkei angewiesen, weil die maroden irakischen Raffinerien nicht genug produzieren können. Dies wird von vielen Irakern als Schmach empfunden. Sie argwöhnen, dass die Amerikaner die Industrie nun nach ihren eigenen Bedürfnissen auf Vordermann bringen und sich dabei kräftig bereichern wollen. Die US-Regierung hatte die ersten Aufträge bereits im Frühjahr ausschließlich an US-Unternehmen vergeben - "aus Sicherheitsgründen", hieß es damals. Mit dem Fuß in der Tür und besten Kontakten haben sie gute Chancen, auch in Zukunft im Irak dick im Geschäft zu sein. Außerdem sind die Ausschreibungen für Großaufträge nach Einschätzung westlicher Handelsexperten oft auf US-Firmen zugeschnitten.
Die Ölfirma Halliburton, bis zum Jahr 2000 vom jetzigen Vizepräsidenten Richard Cheney geleitet, hat sich über Tochterunternehmen Aufträge im Umfang von mehr als 1,7 Mrd. Dollar im Irak gesichert. Dazu gehören neben Wiederaufbauaufgaben auch Militäraufträge zur logistischen Unterstützung der Truppen. Die Bewachung der Ölpipelines soll, wie am Dienstag in Bagdad bekannt wurde, von zwei britischen Firmen übernommen werden, von denen eine eng mit der in den USA ansässigen ArmorGroup/DSL verbandelt ist. Die kalifornische Baufirma Bechtel, die mit dreistelligen Millionensummen im Geschäft ist, nimmt für die Sicherheit ihrer Operationen im Irak ebenfalls die Dienste der ArmorGroup in Anspruch. Die US-Firma DynCorp bildet im Auftrag der Amerikaner irakische Polizisten aus. Die Ausbilder der US-Firma Vinnell kümmern sich in der Kirkusch-Kaserne um den Drill der neuen irakischen Soldaten. Der unter US-Aufsicht gebildete irakische Regierungsrat will ab sofort ganz im Sinne Washingtons 100-prozentige Töchter ausländischer Unternehmen zulassen. In Bagdad fürchten irakische Geschäftsleute und europäische Diplomaten, dass die vor einem Monat verabschiedeten Rahmengesetze für Investitionen, Zoll, Banken und Steuern das Land zu einem "Selbstbedienungsladen" für die Besatzungsmächte und ihre regionalen Partner Türkei und Kuwait machen könnten. "Wir versuchen, dem Irak zu helfen, ein kapitalistisches Land und Vorbild im ganzen Nahen Osten zu werden", sagte der US-Geschäftsmann Joe Allbaugh kürzlich der "New York Times". Der 51-Jährige, der vor drei Jahren den Wahlkampf von George W. Bush koordinierte, hat mit anderen engen Bush-Vertrauten in Houston (Texas) die Beraterfirma "New Bridge Strategies" gegründet. Die Firma will ihren Kunden bei Geschäften im Nahen Osten unter die Arme greifen. Auch die neue Anwaltskanzlei "Iraqi International Law Group " steht in den Startlöchern. Sie dient sich Kunden als Wegbereiter in den irakischen Markt an. Marketingpartner der "Iraqi International Law Group" ist der US-israelische Anwalt Marc Zell. Er war bis vor zwei Jahren Partner von Douglas Feith, der inzwischen die Nummer Drei im Pentagon ist. Die engen Verbindungen dieser Berater zur US-Regierung haben in den USA Empörung ausgelöst. "Zu dem wachsenden Unmut in manchen Kreisen und der Empörung in anderen trägt die himmelschreiende Kriegs-Geschäftsmacherei von Firmen mit guten politischen Beziehungen bei - Geschäftemacherei, die mit der skandalösen Unterstützung und Duldung der Bush-Regierung stattfindet", wetterte Kommentator Bob Herbert in der "New York Times". Der Widerwille zahlreicher Länder, unter diesen Umständen Geld zu spenden, hat Washington jetzt zu einer Konzession gezwungen: Das Geld aus dem Ausland soll von der Weltbank und den Vereinten Nationen verwaltet werden und nicht der US-Besatzungsbehörde. Dabei kämen Firmen aus aller Welt gleichermaßen zum Zuge. Von Christiane Oelrich und Anne-Beatrice Clasmann, dpa
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