Die positiven und optimistischen Stimmen zur Wiener Börse häufen sich. So möchte ich allen Interessierten das aktuelle Interview mit Markus Meister (FinanzNachrichten.de) nicht vorenthalten, der den ATX bald bei 2000 Punkten (aktuell 1209) sieht!
(Quelle: wirtschaftsblatt.at)
mfg maxchart
27.02.2001 09:47
"Das war nicht einmal besonders mutig"
Christian Drastil im Gespräch mit dem Mann, der dem ATX ein Kursziel von 2000 Punkten verpasst hat
WirtschaftsBlatt: Herr Meister, Sie haben mit FinanzNachrichten.de am vergangenen Wochenende eine - sagen wir mal - sehr optimistische Aussage zum ATX formuliert: Kursziel 2000 Punkte. Warum gerade 2000 Punkte? Weil es so schön klingt? Da müssten ja fast alle Wiener Schwergewichte verdoppeln ...
Markus Meister: Das werden viele auch machen. Eine OMV etwa hat aufgrund der niedrigen Bewertung das Potenzial, von derzeit 87 Euro auf 200 zu klettern. Die Firma hat laut CA IB im Jahr 2000 rund 14 Euro verdient. Bei 200 Euro oder einem KGV von rund 14,3 wäre die Aktie dann gut bewertet. Genaugenommen muss ich aber auch sagen, dass es auch nicht besonders mutig ist, an einen ATX von 2.000 Punkten bis Ende nächsten Jahres zu glauben. Wenn wir berücksichtigen, dass der Markt bei 1.200 Punkten ein KGV von rund 12 hat und eine Bewertung mit dem 16- bis 18fachen Jahresgewinn angemessen wäre, dann sollten wir aktuell bei 1.600 bis 1.800 Punkten notieren. Da es in jedem Börsenzyklus Übertreibungen nach unten und auch nach oben gibt, erwarte ich, dass wir in einer Euphorie-Phase dann 2.000 Punkte sehen werden. Wann dies ist, weiss ich nicht. Es kann sein, dass dies schon Ende dieses Jahres ist, vermutlich aber erst Anfang/Mitte nächsten Jahres.
WirtschaftsBlatt: Welche Aktien sollen ausser der OMV, die Sie explizit genannt haben, noch einen wesentlichen Beitrag dazu liefern?
Markus Meister: Im Prinzip all jene, die derzeit deutlich zu billig gehandelt werden. Es gibt eine Reihe von Werten, die unter dem 10fachen Jahresgewinn gehandelt werden. Und diese sind kaufenswert. Also abgesehen von einer OMV wären dies Werte wie VA Stahl, VA Tech, Böhler-Uddeholm, Head oder Wienerberger. Ich schätze auch, dass eine Telekom Austria, die derzeit nur von Ihren Platzierungsbanken empfohlen wird, mit rund einer Milliarde Euro zu billig bewertet ist. Hier werden Aktionäre auch bald wieder ihren Einstiegskurs sehen.
WirtschaftsBlatt: Wären Sie enttäuscht, wenn es nur 1400 Punkte werden würden?
Markus Meister: Ich glaube nicht, dass ein Markt, der ins Laufen kommt, sich bei 1400 Punkten einbremsen lässt. Die Hausse nährt die Hausse und sobald internationale Anleger auf Wien aufmerksam werden, beginnt er erst richtig zu laufen. Im Monat Jänner 2001 wurden an der gesamten Wiener Börse Aktien und Anleihen im Wert von 1,86 Mrd. Euro umgesetzt. Dies entspricht etwa einem halben Tagesumsatz der 30 DAX-Werte.
WirtschaftsBlatt: Was sind die Schwachstellen beim ATX? Was könnte den erwarteten Bullrun verhindern bzw. was könnte ihn auslösen?
Markus Meister: Der Auslöser wird so wie 1985 und 1989 ein externer Grund sein, der allerdings aufgrund des strohtrockenen Marktumfeldes raschen Flächenbrand auslösen wird. Ob dies nun eine Kaufempfehlung von einem amerikanischen Journalisten à la Jim Rogers sein wird oder ob eine grosse Investmentbank feststellt, dass Wien zu billig ist, das werden wir sehen. Da wäre ich ein Prophet, wenn ich dies wüsste. Ich weiß nur, dass das Marktumfeld derzeit geeignet ist dafür, dass die Börse ins Laufen kommt. Als Schwachstelle sehe ich derzeit noch die Vertretung des ATX und der Wiener Kurse in den Medien. Aufgrund relativ hoher Gebühren sind diese weniger verbreitet als die Kurse von anderen Börsenplätzen. Keine Kurse bedeutet keine Anleger. Ich habe dieses Szenario am Montag auch mit Börsen-Vorstand Zapotocky besprochen, der aufgrund seiner Investmentbank-Erfahrung ein grosser Lichtblick ist, weil er den Aktienmarkt versteht.
WirtschaftsBlatt: Und die Wachstumswerte? Wer sind die Favoriten im iFG und ViDX?
Markus Meister: Die Wachstumswerte sind nicht wirklich billig, deshalb haben sie auch kein grosses Korrekturpotenzial nach oben. Wenn man sich zum Beispiel eine BetAndWin.com im internationalen Vergleich ansieht, dann stellt man fest, dass die fair bewertet ist. Viele Firmen müssen aber auch erst einmal zeigen, dass sie Geld verdienen können. Wie heisst es so schön: Revenue doesn't pay the bills!
WirtschaftsBlatt: Wie viele IPOs wird es am Wiener Platz geben?
Markus Meister: Ich schätze, dass das erste Halbjahr 2001 noch sehr flau verlaufen wird. Es mag wohl mehrere Neunotizen an der Börse geben, aber ich erwarte keinen großen Börsengang, der viele Neuaktionäre anspricht. Im zweiten Halbjahr 2001 wird allerdings die steigende Nachfrage nach Aktien Firmen an die Börse locken. Da kann es dann zu einigen bekannt IPO-willigen Unternehmen dann auch noch weitere Privatisierungen geben. Der unglückliche Telekom Austria-Börsengang wird dann längst vergessen sein und neue Chancen werden bereitwillig angenommen.
WirtschaftsBlatt: Sie sind auch Spezialist für Osteuropa - welche Chancen hat die Newex? Kann sie vom ATX profitieren?
Markus Meister: Nein, wird sie nicht. Eine Börse, an der osteuropäische Titel im grossen Stil gehandelt werden, gibt es zum Beispiel an der Börse Berlin schon seit Jahren. Die Wiener Osteuropa-Börse war eine gute Idee, als sie 1990 aufgekommen ist und wurde auch damals schon teils realisiert. Nachfragebedingt wurden einige Titel auch in Wien notiert und rege gehandelt. Es bringt allerdings nichts, sich einen modernen Namen zu überlegen und dann ein paar Hochglanzprospekte zu drucken. Der Markt reguliert alles von alleine. Gibt es Nachfrage, so wird es Angebot geben. Aber Angebot ohne die Nachfrage des Marktes zu schaffen, macht wenig Sinn und hat deshalb zu wenig Erfolg geführt. |