Der Gesetzgeber hat die hohen Verlustzuweisungen bei geschlossenen Fonds gestrichen und damit für einen Aufschrei unter den Fondsgesellschaften gesorgt. Einige Initiatoren stricken aber bereits an neuen Produkten.
DIE BRANCHE für geschlossene Beteiligungsmodelle befindet sich noch immer in heller Aufregung, obwohl die Hiobsbotschaft mittlerweile zwei Wochen alt ist. Am 4. Mai legte die Behörde von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ihren „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen“ (§15b EstG) vor. Zur Überraschung vieler Fondsinitiatoren hatten die Spitzenbeamten den bereits drei Wochen zuvor veröffentlichten ersten Entwurf, an den für die Finanzbranche relevanten Stellen, nicht wie erhofft abgeschwächt, sondern nochmals verschärft. Das neue Papier sieht demnach vor, dass zur Gegenfinanzierung von Steuererleichterungen bei der Körperschaftsund Gewerbesteuer die Abzugsfähigkeit von Verlusten aus Steuerstundungsmodellen stark beschränkt wird – de facto wird sie abgeschafft. Betroffen von der neuen Regelung sind insbesondere Medienfonds, New Energy Fonds und Leasingfonds.
Keine Übergangsfristen
Die ursprünglich in Aussicht gestellte Übergangsfrist wurde gekippt. Die Behörde erhofft sich von dem Gesetz jährliche Mehreinnahmen von insgesamt bis zu 3,5 Milliarden Euro. Filmregisseur und Fondsinitiator Uwe Boll wirft der Regierung indes vor, das neue Gesetz nicht zu Ende gedacht zu haben. Seinen Berechnungen zufolge würden Steuereinnahmen von lediglich 700 Millionen Euro mit Pleiten in der Filmindustrie und bis zu 5.000 neuen Arbeitslosen teuer erkauft. Mit einer „Rettung in letzter Sekunde“ rechnet man bei Boll aber nicht. „Ich habe keine Hoffnung, dass es sich die Verantwortlichen noch einmal anders überlegen werden“, sagte Vertriebskoordinator Mathias Triebel im Gespräch mit der Börse-am-Sonntag.
Verluste nur noch bedingt abzugsfähig
Passiert der Entwurf wie geplant die Instanzen, dann können Investoren zukünftig Verluste nur noch vertikal und nicht mehr horizontal mit Einnahmen verrechnen, dass heißt, Verlustzuweisungen aus geschlossenen Fonds können nicht mehr steuermindernd auf das Einkommen des Anlegers angerechnet werden, sondern nur noch auf spätere Erträge aus der Beteiligung. Für die Fondsbranche ist aber nicht nur der Entwurf an sich ein herber Schlag, sondern auch das Tempo, mit der ihn das Ministerium vorantreibt. Sah der alte Entwurf noch eine Übergangsfrist von sechs Monaten vor – in diesem Fall hätten die Fondsinitiatoren zumindest bis Spätsommer Zeit gehabt, sich der veränderten Lage anzupassen, und vorhandene Angebote auszuplatzieren – wurde die Frist in der neuen Vorlage nun kurzerhand gekippt. Gegenüber der Welt am Sonntag sagte Anlegerschützer Heinz Gerlach, die Branche hätte diese Haltung unter Umständen selbst provoziert, indem sie in den Wochen zuvor mit der ursprünglich angedachten Übergangsregelung bis 30.September 2005 massiv Werbung betrieben hätte. Nach Einschätzung des Experten habe die Behörde mit der jüngsten Maßnahme einen möglichen Run auf Last-Minute-Beteiligungen verhindern wollen.
Medienfonds besonders stark betroffen
Von der neuen Regelung stark betroffen sind neben New Energy und Leasingfonds auch Medienfonds. Die besonders bei Besserverdienenden beliebten Anlageobjekte lockten bislang mit Verlustzuweisungen auf das eingesetzte Kapital von 100 % und mehr. Die Verluste konnten anschließend bei der Steuer mit sonstigen Einnahmen verrechnet werden und senkten so die Steuerlast der Investoren. Heerscharen von Finanzberatern und Vermittlern sammelten in den letzten Jahren trotz immer schärferer Auflagen seitens der Finanzbehörden Milliardenbeträge von ihrer gut betuchten Kundschaft für Medienfonds ein. Die Branche feilt nun an neuen Produkten. „Wenn sich die Wirtschaftsprüfer beeilen, dann sind wir in spätestens drei Wochen mit dem ersten Medienfonds am Start, der die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt“, äußert sich Mathias Triebel gelassen. Die neunte Auflage eines Boll-Fonds soll sich an mittelfristig orientierte Anleger richten und eine jährliche Rendite von 8 bis 10% erwirtschaften. „Mit den Boll-Fonds setzen wir seit jeher auf Rendite und nicht auf Steuervermeidung, insofern ändert sich für unsere Kunden wenig“, so Triebel.
Filmfonds als Kapitalvernichter
Bei einigen anderen Gesellschaften spielen Überlegungen, die über die reine Verlustzuweisung hinausgehen, hingegen offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Dieses Bild vermittelt jedenfalls eine von Branchenanalyst Stephan Appel durchgeführte Performance- Analyse zu Filmproduktionsfonds. Der Experte kommt in seiner Studie zu dem Ergebnis, dass von 153 Filmfonds, die bis 2002 aufgelegt wurden, 41 noch nicht ausgeschüttet haben. Was die Qualität der finanzierten Filme betrifft, ist das Ergebnis ebenfalls besorgniserregend. So hätten 163 Filme keinen US-Kinostart erlebt. Der Sprung in die amerikanischen Lichtspielhäuser ist für den Erfolg einer Produktion aus Marketing-Gründen aber von großer Bedeutung. Von den insgesamt 249 Fondsfilmen erzielten zudem lediglich 23 ihre Herstellungskosten. Bewiesen die Initiatoren bei der Drehbuchauswahl dennoch einmal einen guten Riecher, sprich der Film wurde zum Kassenschlager, waren die Beteiligungsverhältnisse häufig viel zu ungünstig, als dass die Investoren davon hätten profitieren können.
Fazit
Der traditionelle Medienfonds hat ausgedient und verschwindet von der Bildfläche. Ihm werden neue Produktvarianten folgen, bei denen der langfristige Renditegedanke im Vordergrund der Überlegungen steht und nicht mehr die Vermeidung von Steuern. Das bedeutet allerdings auch, dass die Anforderungen an die Initiatoren steigen, denn nur qualitativ hochwertige Produktionen werden langfristige Renditen erwirtschaften. Am Ende könnte sich die Gesetzesänderung doch noch als etwas Gutes herausstellen. Zumindest für die Anleger.
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