Ich kaufe lang laufende Treasuries
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neuester Beitrag: 25.04.21 13:14
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eröffnet am: | 15.12.07 17:09 von: | Parocorp | Anzahl Beiträge: | 1 |
neuester Beitrag: | 25.04.21 13:14 von: | Janavuisa | Leser gesamt: | 6444 |
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14. Dezember 2007 Abgesehen von kurzfristigen Rückschlägen entwickeln sich die internationalen Börsen seit Tagen vergleichsweise robust. Die Kursgewinne mögen verursacht werden durch das so genannte „Window Dressing“, in dessen Rahmen die großen Fonds durch gezielte Käufe zum Jahresende hin ihre Performance gut aussehen lassen wollen.
Optimistische Anleger tendieren jedoch grundsätzlich auch dazu, an hereinkommenden Unternehmens- und Konjunkturdaten das Positive zu sehen. Ist das nicht möglich, so bauen sie gerne auf die Hilfe der Notenbanken, die die Zinsen im Falle eines Falles so tief schrauben würden, dass die Konjunktur schon wieder anspringen werde.
Genau davon geht auch Gary Shilling aus. Der bekannte amerikanische Anlage- und Wirtschaftsberater (siehe auch: A. Gary Shilling & Co. ) rechnet jedoch zunächst mit einer Rezession in den Vereinigten Staaten mit leicht deflationären Folgen. Aus diesem Grund würde er auflaufende Kursgewinne an den Börsen eher zu Verkäufen als zu Käufen nutzen. Das gilt vor allem für jene Bereiche, die mit dem amerikanischen Hausbau- und Finanzbereich zu tun haben. Dagegen setzt er voll auf Kursgewinne und fallende Renditen bei länger laufenden Staatsanleihen.
Die Börsianer geben sich gegenwärtig optimistisch. Würden auch Sie im gegenwärtigen Umfeld Aktien kaufen?
Nein, auf keinen Fall. Im Gegenteil, ich halte mögliche Kursgewinne für gute Gelegenheiten um zu verkaufen.
Wirklich? Aus welchen Gründen?
Zunächst befindet sich die amerikanische Wirtschaft nach meiner Einschätzung in oder nahe an einer Rezession, die in erster Linie auf den „Subprime-Mist“, also auf das Desaster mit Hypotheken minderer Qualität, zurückzuführen ist. Dieses Marktsegment mag zwar klein sein, aber es ist so volatil, dass es die Wirtschaft alleine schon Wachstumspfad ab und eine Rezession hineinbringen kann. Dazu kommt jedoch die Tatsache, dass die Konsumenten in den vergangenen Jahren auf steigende Hauspreise angewiesen waren, um ihr Ausgabeniveau halten zu können. Mit fallenden Preisen - und sie fallen tatsächlich - müssen sie sich einschränken.
In einer Rezession gehen die Gewinne der Unternehmen zurück. Aus diesem Grund werden die Aktienkurse anfällig für Rückschläge. Bei den amerikanischen Firmen kann man den Gewinnrückgang zumindest im Binnenmarkt schon sehen. Lediglich bei den international tätigen Unternehmen nehmen sie aufgrund der Aktivitäten im Ausland und aufgrund der Währungsgewinne noch zu. Ich denke, auch das wird sich künftig noch ändern.
Viele argumentieren dagegen, das Subprime-Segment des amerikanischen Immobilienmarktes sei nur klein und sei aus diesem Grund nicht wichtig!
Ich denke, das ist einer der im Moment am weitesten verbreiteten Irrtümer, die momentan verbreitet werden. Man muss Folgendes sehen: Rezessionen sind vielfach keine großartigen wirtschaftlichen Einbrüche, sondern sie zeigen sich eher in Form von Wachstumspausen. Ein reales Minus von drei Prozent beim volkswirtschaftlichen Wachstum mag zwar nicht sonderlich dramatisch klingen. Wir hatten nach dem zweiten Weltkrieg tatsächlich erst zwei solche Ereignisse, in den Jahren 1957/1958 und in den Jahren 1973 bis 1975.
Grundsätzlich ist die Wirtschaft jedoch auf ein gewisses Wachstum ausgerichtet. Bleibt das aus, wird es problematisch. Das trifft auch auf den Häusermarkt zu. Er ist insgesamt zwar nur ein relativ kleiner Bestandteil der Gesamtwirtschaft. Der Anteil lag zu Spitzenzeiten im Frühjahr 2006 bei etwas 6,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Allerdings halbiert sich dieser Anteil üblicherweise während einer Rezession. Die Anzahl der Baubeginne geht in üblichen Zyklen zurück von etwas mehr als zwei Millionen pro Jahr auf etwa eine Million pro Jahr. Diesmal befanden wir uns jedoch in einem so genannten Superzyklus.
Was heißt das konkret?
Wenn sich der Anteil des Häusermarktes am Sozialprodukt halbiert, geraten wir üblicherweise in eine Rezession. Der Markt an sich ist relativ klein, aber volatil.
… und der Subprime-Anteil ist noch viel kleiner!
Ja, vielfach wird argumentiert, die Subprime-Hypotheken seien machten nur 13 Prozent des gesamten Hypothekarmarktes aus. Das mag lange Zeit richtig gewesen sein. In den vergangenen Jahren hatte der Anteil jedoch deutlich zugenommen. Und faktisch wird dieser Bereich gegenwärtig geradezu eliminiert. Das ist jedoch nicht alles. Denn diese Tatsache hat deutliche Auswirkungen auf den so genannten „move-up-market“.
In welcher Form?
Es kommt zu folgender Kettenreaktion: Da der Subprime-Sektor praktisch zusammengebrochen ist, können die Besitzer kleiner und günstiger Häuser ihre Immobilien nicht mehr oder nicht mehr zum „richtigen“ Preis verkaufen, sofern sie eine teurere Immobilie erwerben wollten. Dem Besitzer des teureren Hauses geht es ebenso. Auf diese Weise zieht sich das Problem praktisch durch den gesamten Markt für Wohnimmobilien von vergleichsweise billigen bis hin zu den Luxushäusern.
Ich habe das schon früh erkannt und schon im Jahr 2004 in meinem Newsletter geschrieben: Subprime-Kredite werden das größte finanzielle Problem werden, mit denen die Vereinigten Staaten in den kommenden Jahren konfrontiert werden werden. Viele dagegen haben selbst vor einem Jahr noch nicht richtig gewusst, was und wie problematisch das ist. Das Problem wird zwar auch heute noch gerne klein geredet. Aber spätestens nach den Verlusten bei Bear Stearns dürfte sich die Wahrnehmung geändert haben. Immerhin sind die Aktivitäten in den Kreditmärkten zwischenzeitlich aufgrund der Bewertungsprobleme wiederholt beinahe zum Erliegen gekommen.
Das heißt, von Begrenzung auf ein kleines Segment kann keine Rede sein?
Nein, denn es betrifft letztlich den gesamten Häusermarkt. Zudem kommt es zu fallenden Häuserpreisen. Auch hier haben wir uns schon früh positioniert mit unserer Prognose, dass die Hauspreise im Durchschnitt um mindestens 25 Prozent fallen werden.
Was bedeutet das?
Wenn man alle Hypothekenschuldner betrachtet, so liegt ihre durchschnittliche Eigenkapitalquote bei etwa 28 Prozent. Gehen also die Hauspreise um 25 Prozent zurück, so verlieren zumindest im Durchschnitt alle ihr investiertes Eigenkapital. Alle, die darauf ihr Ausgabenwachstum basiert haben, befinden sich dann in großen Schwierigkeiten.
Wo befinden wir uns jetzt gerade in diesem Zyklus? Stehen wir am Anfang, sind wir in der Mitte … ?
Betrachten wir die Hausbaubeginne, so kommen wir von 2,3 Millionen auf Jahresbasis im Januar 2005 auf zuletzt 1,3 Millionen im Oktober des laufenden Jahres und werden wahrscheinlich auf 800.000 Stück auf Monatsbasis zurückfallen. So hätten wir etwa zwei Drittel der Bewegung hinter uns. Was die Realisierung und Bewältigung der damit verbundenen Schwierigkeiten anbelangt, dürften wir erst etwa zu 20 Prozent durchgedrungen sein. Denn die Probleme mit Subprimes wurden bisher nicht primär nicht durch die anstehenden Anpassungen der Zinsen verursacht, sondern genau diese stehen in größerem Ausmaß noch an.
Was bedeutet der so genannte „freeze plan“ in diesem Zusammenhang, mit dem die Regierung in Not geratenen Schuldnern helfen will?
Davon dürfte nur ein kleiner Teil der Betroffenen profitieren können. Ich habe den Eindruck, durch diese Initiative sollen vor allem die Kreditgeber dazu gebracht werden, die Konditionen bei jenen nach zu verhandeln, die noch zahlen können. Gleichzeitig dürfte es die Bereitschaft potentieller Anleger mindern, Hypotheken direkt oder auch nur indirekt zu erwerben. Denn erstens werden die Produkte weniger attraktiv und zweitens wird durch solche Eingriffe die Planbarkeit gemindert.
Was bedeutet das für die Banken? Werden wir noch ähnliche schlechte Nachrichten sehen, wie sie die UBS zu Beginn der Woche mit den riesigen Abschreibungen auf den Markt brachte?
Oh ja, viele Argumentieren, die Banken hätten bei ihren Abschreibungen inzwischen alles an schlechten Nachrichten hineingepackt, was sie sich auch nur hätten vorstellen können. Ich dagegen glaube an die „Küchenschabentheorie“: Wo eine ist, da gibt es noch viele andere. Anders formuliert: Die erste Abschreibung wird nie die letzte gewesen sein. In mehreren Statements war explizit zu lesen, dass die Banken selbst nicht wissen, wie sie ihre Papiere bewerten sollen. Denn wo kein Markt ist, da gibt es keinen Marktwert. Zweitens gehen die Werte mit fallenden Hauspreisen stetig weiter zurück und die Leute werden immer besorgter. Es würde mich nicht überraschen, wenn bald eine der größeren Banken zum Verkauf stünde. Man braucht ja gegenwärtig nur auf die Staatsbanken in Deutschland zu blicken, um zu sehen, was passieren kann.
Ich denke, die größten Risiken liegen noch in den Vereinigten Staaten. Halten Sie es für möglich, dass eines der Unternehmen wie etwa die Citigroup in größere Schwierigkeiten kommen könnte?
Es ist nicht klar, wo die Risiken liegen. Vor einem Jahr versuchten wir herauszufinden, wohin denn der gesamte „verbriefte Müll“ ging. Tatsache ist: Als erstes bestiegen die amerikanischen Hypothekenbanker Flugzeuge nach London und Tokyo, um ihre Produkte los zu werden. Selbst die deutschen Banken griffen zu, wie wir gesehen haben. Viele Anleger sahen doch nur die versprochene Rendite und das „AAA“ - höchste Qualität schien es, und schon griffen sie zu. Dabei hatten viele von den Produkten keine Ahnung. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um die größte Fehlbeurteilung von Wertpapieren, wahrscheinlich sogar noch deutlicher als bei Enron. Die Ratingagenturen -von Moody's, über S&P bis hin zu Fitch - werden ihre Glaubwürdigkeit komplett verlieren.
Der fahrlässige Umgang mit Bewertungsmodellen ist doch unglaublich!
Ja, viele Anleger haben die Papiere aufgrund der Ratings gekauft. Der auf den lange Zeit akzeptierten Modellen basierende Verbriefungsprozess transformierte zumindest optisch Blei zu Gold.
So würden sie sich gegenwärtig sicherlich keine Finanzwerte ins Depot legen?
Nein, wir haben sie leer verkauft und sind immer noch short. Die amerikanische Zentralbank mag zwar die Zinsen senken. Diese Art von Problemen jedoch kann sie damit nicht lösen.
Sie rechnen mit einer Rezession in Amerika und begründen das unter anderem damit, dass der amerikanische Konsum zurückgehen werde. Allerdings wird am amerikanischen Konsumenten schon lange gezweifelt - immer wieder bewies er das Gegenteil. Wieso sollte er ausgerechnet jetzt schwächeln?
Ja, vollkommen richtig. Es hat sich lange Jahre nicht ausgezahlt, gegen den amerikanischen Konsumenten zu wetten. Nun könnte sich das aber ändern. Wir haben uns das lange angesehen. Die Sparquote in den Vereinigten Staaten ging in den vergangenen Jahren stetig zurück. Sie lag Anfang der achtziger Jahre bei etwa zwölf Prozent und ist jetzt etwa Null. Die Entwicklung lässt sich begründen. Denn die Konsumenten hatten Alternativen zum Sparen. Erst war es der Bullenmarkt an der Börse und als die Aktien einbrachen ging der Prozess beinahe direkt über auf den Häusermarkt. Sollte nun die Börse nicht wieder zu einem neuen Höhenflug ansetzen, dann müsste der amerikanische Konsument den Gürtel enger schnallen.
Können Zinssenkungen nun nicht zu einer neuen Rally an der Wall Street führen?
Anfänglich vielleicht schon. Aber die Erfahrung zeigt, dass wir uns jedes Mal in oder nahe an einer Rezession befinden, sobald die amerikanische Zentralbank mit einem Zinssenkungszyklus beginnt. Ich denke, dass es auch diesmal nicht bei einzelnen Zinssenkungen bleiben wird. Interessanterweise fallen die Aktienmärkte üblicherweise in der ersten Hälfte einer rezessiven Entwicklung, obwohl die Zentralbank die Leitzinsen senkt. Das kommt daher, weil die negativen Effekte von stagnierenden Unternehmensgewinnen die Effekte der Zinssenkungen überkompensieren. Erst in der zweiten Hälfte einer Rezession laufen die Börsen in Vorwegnahme der sich wieder verbessernden Lage nach oben.
Wie würden Sie sich als Anleger positionieren?
Wir haben für unsere Portfolios den gesamten Häusermarktkomplex und die Aktien vieler Finanzunternehmen leer verkauft und rechnen auch weiterhin mit einer schwachen Kursentwicklung. Grundsätzlich mögen wir dagegen amerikanische Energiewerte, da das Land entschlossen ist, in der Energieversorgung unabhängiger als bisher zu werden. Allerdings sind wir gegenwärtig etwas zurückhaltend, da auch diese Werte von einem Bärenmarkt, der aufgrund der globalen Abschwächung des Wachstums auch den Rohstoffbereich mitziehen kann, in der Kursentwicklung beeinträchtigt werden kann.
Was ich dagegen kaufen würde, das sind lang laufende amerikanische Treasuries. Und zwar nicht aus „Sicherheitsgründen“ oder ähnlichen Argumenten, sondern weil ich mit Kursgewinnen und mit fallenden Renditen rechne.
Ich denke, die anstehende Rezession wird zu einer milden Deflation führen, die die Rendite von Papieren mit einer Restlaufzeit von 30 Jahren von gegenwärtig 4,6 auf drei Prozent bringen wird. Zusammen mit den Kupons kann man auf diese Weise in zwei Jahren 50 Prozent verdienen.
Ist diese Strategie auch für internationale Anleger interessant?
Ja, ich denke schon. Ich glaube nicht an Abkoppelungstheorien. Ich war gerade in China und denke, die mittlere Klasse des Landes ist nicht groß genug, um eigenständiges Wachstum gewährleisten zu können, sobald die Importnachfrage der Amerikaner nachlässt.
Wie steht es mit dem Dollar?
Zunächst wir der Dollar schwach bleiben, da die amerikanische Wirtschaft die erste sein wird, die in die Rezession geraten wird und da die amerikanische Zentralbank die Zinsen deutlich senken wird. Im Laufe der Zeit wird der Dollar jedoch eine Rally erleben, da die Anleger ihre Wertpapierbestände in den Schwellenländern reduzieren und repatriieren werden. Spätestens wenn brasilianische Models und amerikanische Rapper sich in Euro bezahlen lassen wollen, sind zu viele auf der falschen Seite des Marktes.
Das Gespräch führte Christof Leisinger.
Text: @cri
Bildmaterial: Bank of America, Dallas FED, FAZ.NET, Gary Shilling, Gary Shilling, BEA, Gary Shilling, FECm BLS, MBA, Dallas FED, Privat