Pipeline-Update:
Mit dem Erwerb der PAION UK-Gruppe hat sich das Entwicklungsportfolio der PAION deutlich erweitert und umfasst nun sechs Entwicklungskandidaten. Von Seiten der früheren CeNeS-Gruppe kamen die Substanzen Morphin-6-glucuronid (M6G), CNS 5161 und CNS 7056 hinzu. Zusammen mit der im April 2008 erworbenen Substanz Flovagatran bilden diese den Kern des zuvor aus Desmoteplase und Solulin bestehenden Entwicklungsportfolios der PAION.
Im Juli 2008 startete PAION die klinische Erprobung von CNS 7056, eines neuartigen kurzwirksamen Narkosemittels. Solche Substanzen werden unter anderem bei endoskopischen Untersuchungen wie beispielsweise Darmspiegelungen eingesetzt. In präklinischen Untersuchungen konnte ein schneller Wirkungseintritt in Verbindung mit einem ebenfalls schnellen Abklingen der Wirkung nach dem Eingriff gezeigt werden. Aufgrund dieser Eigenschaften sieht PAION ein großes Potenzial für diese Substanz, insbesondere im Bereich ambulant durchgeführter medizinischer Eingriffe. PAION erwartet, dass die laufende Studie bereits Daten für die Bestätigung der Wirkungsweise (Proof of Concept) liefern wird. Um dies zu erreichen, umfasst die Phase-I-Studie bis zu 91 gesunde Freiwillige (Probanden) und zusätzlich einen direkten Vergleich mit Midazolam, dem derzeitigen Standardwirkstoff für die Sedierung bei kleineren, schmerzhaften Eingriffen wie z.B. Endoskopien. Die Probanden sind dabei in Gruppen eingeteilt und erhalten intravenös jeweils ansteigende Dosierungen von CNS 7056. Bei den Ende September erreichten Dosisstufen wurde bereits eine ausgeprägte Sedierung beobachtet, ohne dass bisher Sicherheitsbedenken durch das studienbegleitende Sicherheitskomitee geäußert wurden. Außerdem wurde in einer ersten Gruppe der Midazolam-Vergleich durchgeführt. Für Japan ist CNS 7056 mit Ono Pharmaceuticals verpartnert.
Für das Antikoagulans Solulin konnte der Proof of Concept bereits geführt werden. Im Rahmen einer Phase-I-Studie waren an gesunden Freiwilligen Sicherheit und Verträglichkeit, Pharmakokinetik und, soweit aus Laborwerten ablesbar, auch pharmakologische Effekte der Substanz nach Einfach- und Mehrfachdosierung untersucht worden. Dabei zeigte sich in Blutproben der Probanden die gerinnungshemmende Wirkung der Substanz, gleichzeitig wurden nur sehr geringe Auswirkungen auf die normale Blutgerinnung registriert. Nach dem Abschluss der Phase-I-Studie hat PAION nun damit begonnen, Partner für die weitere Entwicklung von Solulin zu suchen.
CNS 5161 ist ein NMDA-Rezeptor-Antagonist, der sich für die Behandlung von sogenannten neuropathischen, d. h. durch Reizung oder Schädigung von Nerven verursachten Schmerzen oder aber auch von Schmerzen bei Krebserkrankungen eignen könnte. Derzeit läuft eine offene klinische Phase-IIa-Studie mit bis zu 36 Krebspatienten, bei der primär die Sicherheit der Substanz nach Mehrfachgabe im Vordergrund steht, aber auch Signale hinsichtlich der Wirksamkeit registriert werden sollen. Ergebnisse aus dieser Studie werden für das vierte Quartal 2008 erwartet. Auf der Basis der dann verfügbaren Daten wird über die weitere Entwicklung von CNS 5161 entschieden.
Für eine Einmalzahlung in Höhe von 0,3 Mio. EUR sowie eine weitere Meilensteinzahlung bei Zulassung oder Auslizenzierung bzw. Verkauf hat PAION im April 2008 sämtliche Rechtean dem Antikoagulans Flovagatran erworben. Diese Substanz zeichnet sich dadurch aus, dass die Gerinnungshemmung sehr rasch einsetzt, nach Stopp der Infusion aber auch sehr schnell wieder nachlässt. Es handelt sich dabei um ein komplementäres Wirkprinzip zu Solulin, dessen Wirkeintritt ebenfalls sehr rasch erfolgt, dann aber länger anhält. Flovagatran könnte sich somit besonders für den Einsatz in der akuten Gerinnungshemmung bei größeren medizinischen Eingriffen eignen, beispielsweise koronaren Bypass-Operationen. Der ursprüngliche Entwickler hatte die Substanz bereits in zwei kleineren Phase-II-Studien untersucht. Allerdings handelte es sich hierbei um andere Indikationen, sodass PAION nun beabsichtigt, durch ergänzende präklinische Arbeiten die Voraussetzungen für die klinische Erprobung in einer neuen Zielindikation zu schaffen.
Morphin-6-glucuronid (M6G) ist das am weitesten entwickelte Projekt im PAION UK-Portfolio. In klinischen Studien der Phasen II und III hat dieses Stoffwechselprodukt von Morphin gezeigt, dass es eine vergleichbare schmerzstillende Wirkung wie Morphin hat, dem sogenannten Goldstandard bei der Behandlung starker, post-operativer Schmerzen. Gleichzeitig wurde die Häufigkeit Morphin-üblicher Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen deutlich reduziert. Insgesamt erhielten bereits über 1.000 Patienten M6G. Hinsichtlich der Reduzierung von Häufigkeit und Schwere der Übelkeit verfehlte M6G allerdings in der letzten Phase-III-Studie knapp die geforderte statistische Signifikanz (p-Wert 0,052 statt notwendiger <0,050). PAION ist der Auffassung, dass die Positionierung und das Partnering-Potenzial von M6G optimiert werden können und hat daher mit einer vertieften Analyse der verfügbaren klinischen Daten begonnen. Die kombinierte Auswertung zu insgesamt 769 Patienten aus jeweils zwei Phase-II- und Phase-III-Studien bestätigt die analgetische Wirkung von M6G und belegt mit statistischer Signifikanz die Reduzierung von Übelkeit und Erbrechen. Parallel zu dieser Meta-Analyse durchgeführte Modellrechnungen, bei denen Dosis-Wirkungs-Zusammenhänge sowie pharmakodynamische Effekte untersucht wurden, unterstützen das Profil von M6G im Hinblick auf analgetische Eigenschaften und Nebenwirkungen und reproduzieren darüber hinaus die beobachtete längere Wirkungsdauer im Vergleich zu Morphin. Auf der Basis des Modells ist nach Ansicht von PAION auch bei höheren Dosen noch eine bessere Verträglichkeit als bei gleich schmerzstillenden Dosierungen von Morphin zu erwarten. Zusammengefasst unterstützen diese neuen Analysen PAIONs Auffassung, dass M6G bei gleich schmerzstillenden Dosierungen eine größere therapeutische Breite als Morphin aufweist, mit verringertem Auftreten von post-operativer Übelkeit und Erbrechen. Die Erkenntnisse erleichtern nach Ansicht von PAION die rationale Planung eines zukünftigen Phase-III-Programms und erhöhen dadurch die Erfolgswahrscheinlichkeit. Auf der Basis dieser Ergebnisse wird PAION die ursprünglich von CeNeS begonnene Suche nach einem Entwicklungspartner für M6G nun wieder aktiv aufnehmen.
Mit einer ähnlichen Analyse war es PAION im Jahr 2007 gelungen, die Weiterentwicklung von Desmoteplase zu sichern, nachdem in der Phase-III-Studie DIAS-2 zunächst der primäre Endpunkt verfehlt worden war. Die weltweiten Rechte an der Substanz wurden an das dänische Unternehmen H. Lundbeck A/S auslizenziert, das beabsichtigt, bis Ende 2008 eine neue, modifizierte Phase-III-Studie zu starten. Nachdem PAION bereits mit Wirksamwerden des Ende 2007 abgeschlossenen Lizenzvertrags eine Vorauszahlung von 8 Mio. EUR erhalten hat, stehen PAION künftig bei erfolgreicher Entwicklung und Vermarktung weitere Meilensteinzahlungen bis zu einer Höhe von 63 Mio. EUR sowie eine nennenswerte Beteiligung an den Umsatzerlösen zu. Darüber hinaus konnte sich PAION die Option sichern, Desmoteplase in Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam mit Lundbeck zu vermarkten. Ziel ist es, Desmoteplase bei der Behandlung des akuten ischämischen Schlaganfalls zur Auflösung von Blutgerinnseln einzusetzen, wobei die Ergebnisse aus früheren Phase-II-Studien nahelegen, dass eine Erweiterung des Behandlungszeitfensters von derzeit drei auf bis zu neun Stunden nach Auftreten der ersten Symptome möglich ist.
Ausblick:
In den kommenden Monaten erwartet PAION weitere Fortschritte bei mehreren klinischen Programmen. Die Übernahme von CeNeS Pharmaceuticals plc (inzwischen PAION Holdings UK Limited) bedeutet für PAION eine Ausweitung der bisher allein auf thrombotische Erkrankungen spezialisierten Wirkstoffentwicklung auf Substanzen zur Behandlung von Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS). Durch die Erweiterung des Vertrags mit Lundbeck unter Auslizenzierung der weltweiten Desmoteplase-Rechte verfügt PAION auch weiterhin über einen finanzkräftigen Partner für die Durchführung und Finanzierung der Entwicklung und Vermarktung von Desmoteplase.
Auch bei den anderen Entwicklungsprojekten wird PAION nach dem Erreichen wertsteigernder Entwicklungsstufen wie beispielsweise dem Proof of Concept im Rahmen von Phase-I- oder Phase-II-Studien konsequent Auslizenzierungen anstreben. Der Finanzmittelbestand von 39 Mio. EUR gibt PAION den notwendigen Handlungsspielraum, wertsteigernde Maßnahmen durchzuführen und sichert gleichzeitig eine ausreichende Liquiditätsreichweite bis Ende 2010. Künftige Vertragsabschlussgebühren und Meilensteinzahlungen von Kooperationspartnern sind hierbei nicht berücksichtigt. Diese würden die Liquiditätsreichweite verlängern, könnten aber auch ganz oder teilweise zur Finanzierung weiterer Entwicklungen genutzt werden. |