FAZ zu Arques vom September:
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Arques Industries kommt in den MDax - aber das Risiko bleibt
Arques glänzt mit Zahlen
26. September 2007 Es gibt wenige, die mit Arques Industries bislang nicht reich geworden sind. Zu den größten Profiteuren gehört Peter Löw, der fünf Jahre nach der Gründung seiner Beteiligungsgesellschaft Kasse machte und sich aus dem Unternehmen ins Privatleben zurückzog - mit 46 Jahren und einem geschätzten Erlös von mehr als 100 Millionen Euro. Nicht zu vergessen diejenigen Aktionäre, die es mit einen Einsatz von gerade 10.000 Euro in wenigen Jahren zum Millionär brachten.
Arques Industries ist kein Zockertitel, zumindest kein reinrassiger. Die Aktie wird zum 1. Oktober in den MDax aufgenommen, wie die Deutsche Börse am Mittwoch bekanntgab. Sie ersetzt dort die Depfa-Bank, die von Hypo Real Estate übernommen wurde. Der MDax ist immerhin der Index, der die 50 größten börsennotierten Firmen nach den Dax-Unternehmen beinhaltet - mit so klingenden Namen wie Beiersdorf, Hochtief und Hugo Boss. Anzeige
Kurssprünge wie am Neuen Markt
Umso überraschender, dass ein Unternehmen wie Arques solche Kurszuwächse hinbekommt, die an die Übertreibungen des seligen Börsensegmentes Neuer Markt erinnern und die man allenfalls von Spekulantenpapieren kennt. Aber die im bayerischen Starnberg ansässige Gesellschaft streitet selbst gar nicht ab, dass ihr Geschäft ein risikoreiches ist: „Eine Beteiligung an der Arques Industries AG hat spekulativen Charakter“, heißt es im Wertpapierprospekt, den das Unternehmen im August 2006 anlässlich einer Kapitalerhöhung veröffentlichte.
Wer sich als Aktionär an Arques beteiligt, beteiligt sich an einem Unternehmen, dessen Geschäft darin besteht, wiederum Beteiligungen an anderen Firmen einzugehen. Es handelt sich um eine „Holding-Gesellschaft ohne wesentlichen eigenen Geschäftsbetrieb“, präzisiert der Prospekt. Geschäfte betreiben die anderen.
Inzwischen befinden sich mehr als 20 Unternehmen im Arques-Portfolio. Zu Arques gehören Firmen wie der von der Otto-Gruppe übernommene IT-Großhändler Actebis (Umsatz 2,5 Milliarden Euro), die Sparte AVS des Automobilzulieferers Woco (2.400 Mitarbeiter) sowie die Nachrichtenagentur ddp. Alleine im ersten Halbjahr 2007 hat Arques sieben Firmen mit Umsätzen von 310 Millionen Euro übernommen. Die bislang letzte Transaktion: Mitte September die Übernahme der defizitären Sparte AVS des Automobilzulieferers Woco - ein Unternehmen mit weltweit 2.400 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 250 Millionen Euro.
Eine kleine Heuschrecke?
Man könnte Arques also als kleine Heuschrecke bezeichnen. Denn genau das ist der Kern des Geschäftsmodells: Firmen billig kaufen - und teuer wieder verkaufen. Die Starnberger unterscheiden sich allerdings in einigen Details von den typischen Beteiligungsgesellschaften und ihrem Geschäftsgebaren. Im Unterschied zu Franz Münteferings Lieblingsfeinden bürdet Arques den übernommenen Firmen keine hohen Schulden auf, um damit den Übernahmedeal zu finanzieren.
Vielmehr haben Löw und sein Nachfolger Martin Vorderwülbecke sich darauf spezialisiert, Firmen zu kaufen, die am Boden liegen, am besten für einen Euro. Sanierungsexperten machen sich dann daran, in den Unternehmen einen schnellen Turnaround hinzubekommen - sie sollen Kosten senken, Kunden betreuen, die Produktpalette überarbeiten und Mitarbeiter motivieren. Auf dass aus einer „Schrottfirma“ nach ein paar Jahren eine Unternehmensperle wird, die sich profitabel wieder verkaufen lässt. Arques-Gründer Peter Löw
Arques-Gründer Peter Löw
Das klingt nach einer Goldgrube
Die Entwicklung des Aktienkurses lässt vermuten, dass Arques das Geschäft versteht. Doch Skeptiker äußern immer wieder ihre Bedenken. Und tatsächlich ließen in der Vergangenheit einige Entwicklungen an der Seriosität des Unternehmens zweifeln. 2004 gab es Unstimmigkeiten in der Bilanz. Gleich neun Fehler wurden damals entdeckt. Und dann kommt es nicht gut, wenn der Gründer, wie im Februar geschehen, so drastisch Kasse macht und aussteigt. „So geht es nicht, Herr Löw“, kommentierte damals die „Börsen-Zeitung“.
Öfter zu hören war früher auch die Kritik, Arques betreibe ein Schneeballsystem, bei dem frühere Käufe quersubventioniert würden, um damit eine nicht vorhandene Erfolgsstory zu simulieren. Diese Vorwürfe sind inzwischen seltener zu vernehmen, nachdem das Beteiligungsunternehmen einige Firmenverkäufe erfolgreich abschließen konnte. Immer noch bemängelt wird die mangelnde Transparenz, obwohl sich Arques nach Einschätzung von Spezialisten tiefer in die Karten blicken lässt als andere Beteiligungsgesellschaften. Arques-Vorstandschef Martin Vorderwülbecke geht überraschend
Arques-Vorstandschef Martin Vorderwülbecke geht überraschend
Wie man einen Gewinn ermittelt
Arques-Chef Vorderwülbecke ist klar, dass die weitere Kurs- und Firmenentwicklung davon abhängt, dass Anleger das Geschäftsmodell verstehen. Was sie offenbar noch nicht immer tun: Man müsse den Investoren die Strategie noch besser erklären, sagte er im Mai auf der Hauptversammlung.
Sie geht so: Arques kauft die Unternehmen unter dem Substanzwert. Die Differenz zum Kaufpreis wird als Gewinn verbucht. Das erlauben die internationalen IFRS-Rechnungslegungsvorschriften. „Manche Leute haben mit dieser Rechnungslegung immer noch ihre Schwierigkeiten“, sagt Vorderwülbecke. Aktionärsschützer wie Andreas von Schorlemer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz freuen sich über die Kurszuwächse, sehen aber auch die fundamentalen Risiken des Geschäftsmodells: Sie häufen sich, je öfter Sanierungen scheitern. Und das kommt vor, wie im Fall der vor einem Jahr übernommenen Papierfirma Salto Paper.
Händler warten auf frisches Kapital
Am Mittwoch wischten die Anleger wie schon öfter sämtliche Bedenken beiseite. Der Kurs legte vier Prozent zu; mit knapp 35 Euro liegt die Aktie jetzt noch etwas unter dem bisherigen Allzeithoch von 41,80 Euro. Händler und Analysten sehen noch Potential: Die Deutsche Bank nennt ein Kursziel von 46 Euro, SES Research von 45 Euro - das waren Erwartungen vor der MDax-Entscheidung. Ein Händler prognostizierte die mit einem Index-Aufstieg traditionell verbundenen Zuwächse: „Das hatten einige Fonds noch nicht so gesehen; daher dürfte noch frisches Kapital in Arques fließen.“
Auch charttechnisch seien die Titel derzeit sehr attraktiv, hieß es. Die Aktie hat den zuletzt abwärts geneigten Kurzfristtrend wieder nach oben durchbrochen, und auf lange Frist (200 Tage) zeigt die Tendenz ohnehin nach oben.
Text: @tih |