Bloomberg 12.12.2011 00:25 In Europa wird die staatliche Schuldenkrise zur Belastung für die Immobilienwirtschaft. Die Zahl der Transaktionen im laufenden Quartal steht vor einem Rückgang auf den tiefsten Stand seit zehn Jahren. “Bei Immobilien ist es zuletzt praktisch zum Stillstand an den Finanzierungsmärkten gekommen”, sagt Paul House, Leiter Investmentbanking Immobilien bei Citigroup. “Die staatliche Schuldenkrise ist eine Bankenkrise”, ergänzt House. Im Oktober und November wurden Bloomberg-Daten zufolge 65 Transaktionen über 4,43 Mrd. Dollar angekündigt. Geht es in diesem Tempo weiter, zeichnet sich das schwächste Quartal für die Branche seit zehn Jahren ab. Dabei erreicht die bisher größte Transaktion im laufenden Quartal, der Verkauf von britischen Hypothekendarlehen auf Wohnimmobilien an eine Sparte von Nationwide Building Society für rund 1,13 Mrd. Pfund (1,32 Mrd. Euro), etwa 40 Prozent am Gesamtwert aller Transaktionen in diesem Zeitraum. Verkäufer ist Bank of Ireland. Europas Finanzkrise hat die Kreditmärkte durcheinandergewirbelt. Banken schränken die Kreditvergabe ein. Damit schwanken die Bewertungen für Wertpapiere, die mit Büro- und Gewerbeimmobilien besichert sind. Commerzbank, BNP Paribas und andere europäische Banken trennen sich von Beständen und folgen damit der Aufforderung der Politik das Eigenkapital zu erhöhen, nachdem die Banken Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen vorgenommen haben. Grosse Zahl an notleidenden Krediten befürchtet Der Markt hatte im ersten Quartal 2007 ein Hoch erreicht, als Deals über 83,9 Mrd. Dollar zustande kamen, zeigen Bloomberg-Daten. Von den Ende Oktober fällig gewordenen Darlehen, die mit gewerblichen Immobilien besichert sind, wurden lediglich fünf der 35 Kredite getilgt, geht aus einem Bericht von Standard & Poor’s vom 1. November hervor. Etwa einer von sechs Krediten, die mit Sicherheiten auf Mehrfamilienhäuser, Büros und Einzelhandelsimmobilien unterlegt sind, ist aktuell notleidend. Rund 60 Prozent der in Europa ausgereichten gewerblichen Hypothekendarlehen (CMBS) mit Fälligkeit bis Ende 2021 könnten notleidend werden, heißt es in dem Bericht weiter. Neue Deals machen nur einen Bruchteil des Volumens zu Hochphasen aus. Es wird befürchtet, dass die Schuldenkrise eine zweite weltweite Rezession binnen drei Jahren auslöst. Das vierte Quartal könnte - gemessen am Volumen der Transaktionen - so schwach ausfallen wie zuletzt das dritte Quartal 2008, als Deals im Umfang von 5,8 Mrd. Dollar angekündigt wurden. Bezogen auf die Anzahl der Transaktionen könnte das Quartal so schwach sein wie zuletzt das vierte Quartal 2000, als 94 Transaktionen zustande kamen, zeigen Bloomberg-Daten. Aufs Jahr hochgerechnet sind in Europa bislang 500 Deals über 42 Mrd. Dollar auf den Weg gebracht worden. Das entspricht lediglich einem Fünftel des Wertes im Jahr 2007, als Deals im Umfang von 255 Mrd. Dollar abgeschlossen wurden, belegen die Daten von Bloomberg. Gemessen an der Zahl der Transaktionen, sind diese auf etwa ein Drittel zurückgezogen, gegenüber dem Spitzenjahr 2007. Keinen Schwung im Markt Lediglich die sichersten Transaktionen erhalten noch Finanzierungen. Riskantere Transaktionen fallen dagegen durch, denn Kreditinstitute wollen ihre Bilanzen verbessern, wie Anwälte und Banker aus der Branche erklären. “Es gibt Geld für sichere Darlehen, bloss nicht viel für riskantere”, sagt etwa David Sola, einer der Direktoren bei der Investmentbank Houlihan Lokey in London. Simon Clark, Leiter Immobilien Europa bei der Kanzlei Linklaters LLP in London, sagt, “es kommen noch vernünftige Deals zustande, bloß gibt es insgesamt keinen Schwung im Markt.” Lediglich für Restrukturierungen und Deals, wo eine der Parteien dazu gezwungen ist, dürften nach Ansicht der Beobachter zunehmen. So muss etwa die staatliche irische National Asset Management Agency (NAMA) bis 2013 gewerbliche Immobilienkredite und Immobilien im Umfang von 9 Mrd. Euro verkaufen, um ihrer Vorgabe der Schuldentilgung bis 2013 nachzukommen. Vor allem für Kredite aus den Jahren 2004 bis 2007, die nun fällig werden, sei es schwierig, Anschlussfinanzierungen zu arrangieren. “Es geht nicht, zu verlängern und gleichzeitig den Schein zu wahren. Jetzt verkaufen die Banken. Das Spiel hat sich gewandelt”, sagt House von Citigroup. (Bloomberg) |