Guten Tag !
Jetzt hat auch das dritte Analysehaus sein Research auf den neuesten Stand gebracht - diesmal war es Warburg Reseatrch. Auch Warburg rated die Aktie der Bastei Lübbe AG mit "kaufen" und sieht das Kursziel bei 5,60 Euro (zum Vergleich: Solventis 6,00 Euro und DZ Bank ebenfalls 5,60 Euro). Alle drei Researcher bescheinigen der Aktie also noch erhebliches Potential.
Deutliche Unterschiede gibt es bei der Frage nach dem EpS für das laufende und die beiden kommenden Jahre.
Für 2021 (ich nehme hier zur Vereinfachung mal immer das Jahr, in dem das Geschäftsjahr endet) liegen Solventis (35 Cent) und Warburg (36 Cent) nah beieinander während die DZ Bank 41 Cent schätzt.
2022: Solventis 44 Cent, Warburg 33 Cent und DZ 45 Cent
2023: Solventis 47 Cent, Warburg 36 Cent und DZ 48 Cent
Nimmt man den Mittelwert, würde man für 2021 auf 37 Cent kommen, für 2022 auf 41 Cent und für 2023 auf 44 Cent (jeweils gerundet).
Ich persönlich habe ja schon am 11.02. (Beitrag Nr. 673) geschrieben, dass ich für das Jahr 2021 etwa 37 Cent erwarten würde und für das kommende Jahr so in etwa 35 Cent. Wie man sieht, liege ich mit meiner Schätzung für das bald endende Geschäftsjahr ziemlich in der Mitte der Analystenschätzungen, für das nächste Jahr bin ich aber eher vorsichtig (und damit deutlich näher an den Zahlen von Warburg als an denen von Solventis und DZ Bank).
Gründe hierfür sind - noch einmal zusammengefasst - : Im nächsten Jahr fallen auf der einen Seite die außerordentlichen Erträge aus dem Vergleich mit den Organmitgliedern sowie die in 2021 letztmalig zu vereinnahmenden Erträge aus dem Bereich Games weg (insgesamt etwa 1,3 Mio Euro im Ergebnis) - auf der anderen Seite wird smarticular nach Aussage des CEO von Anfang an einen positiven Beitrag zum EpS liefern, der in etwa bei 20% des bisherigen EpS (ich gehe davon aus, dass das um Sondereffekte bereinigte EpS gemeint ist) liegen soll.
Hinzu kommen "verlagsimmanente Unsicherheiten". Man weiß nie, ob sich die Bücher der Frühjahrs- und Herbstprogramme der kommenden Jahre in etwa genauso gut verkaufen wie die aus dem letzten Jahr - oder ob es besser oder schlechter läuft - das Risiko ist in einem Verlag immer höher als im normalen Industrieunternehmen, weil es eben in jedem Jahr zweimal eine vollkommen neue Produktpalette gibt (auf der anderen Seite steckt darin natürlich auch immer eine Chance).
Was man sicher weiß ist, dass es im laufenden Jahr zwei ausgesprochen gut laufende Bücher im Weihnachtsgeschäft gab (Follett und Rossmann), deshalb auch das sehr gute Q3 im laufenden Jahr. Ob sich diese Erfolge im nächsten Jahr wiederholen lassen, weiß man aber eben nicht.
Insofern habe ich immer einige Probleme, wenn Analysten, wie bei Unternehmen aus anderen Branchen üblich und sicher auch angemessener, einfach Umsatz und Ergebnis aus dem laufenden Jahr für die kommenden Jahre fortschreiben.
Zur Erinnerung: Es war das Ziel des vorherigen Vorstands, das Unternehmen so umzubauen, dass man, unabhängig von irgendwelchen Bestsellern immer eine Marge von "zwischen 6 und 8 %" erreichen kann - also quasi aus dem üblichen Geschäft (im Mittel) 7% Ebitmarge erzielt. Ausgesprochene Bestseller würden dann noch "on top" kommen und die Marge erhöhen. So hat man im sehr starken Q3 des laufenden Jahres - eben vor allem wegen Follett und Rossmann (und Kinney) bei einem Umsatz von knapp 30 Mio Euro ein Ebit von fast 4 Mio Euro erreicht - mithin eine Marge von 13% - das klappt aber eben nur bei einem sehr erfolgreichen Buchquartal.
Insofern finde ich den Ansatz von Solventis, die Marge für die beiden kommenden Jahre "einfach so" auf 9% hochzuziehen etwas zu optimistisch. Auch die DZ Bank geht ohne Begründung davon aus, dass die Marge jedes Jahr um 10% steigt.
Ich denke, dass man schon sehr zufrieden sein könnte, wenn man die 7% Marge zuverlässig als "Basis" erreichen würde, gleichzeitig die Bilanzstruktur so weiter verbessert, dass die Finanzaufwendungen immer geringer werden (da man inzwischen ja keine Nettoschulden mehr hat, müsste das zu schaffen sein) und dann noch die getätigte Übernahme einen EpS Beitrag von so um die 5 Cent bringt.
Würde man "wild" rumrechnen, würde man vielleicht von etwa 87 Mio Euro Umsatz für das kommende Jahr ausgehen (weniger Umsatz als im laufenden Jahr, weil eben mindestens das Rossmannbuch im Umsatz fehlt und man nicht weiß, ob das neue, für November angekündigte Follettbuch so erfolgreich wird wie seine Kingsbridgereihe). Rechnet man auf die 87 Mio Euro die 7% Marge drauf, ergibt sich ein Ebit von 6,1 Mio Euro. Davon ab dann die ca. 0,5 Mio Euro Finanzergebnis und 33% Steuern, bleiben etwa 3,8 Mio Euro aus dem ursprünglichen Geschäft - entsprechend 29 Cent. Hinzu würden dann die 5-6 Cent aus smarticular kommen - so komme ich also auch auf diesem Weg zu "meinen" ca. 35 Cent.
Aber selbst wenn man derart vorsichtig rechnet, würde das bei einem Kurs von 4,40 Euro nur ein KGV von etwa 12,5 ergeben - heutzutage sicher nicht teuer (da der Gesamtmarkt ja erheblich ins Laufen gekommen ist, liegt man mit einem KGV von 12,5 sicher sehr günstig).
Hinzu kommt ja noch, dass ich persönlich glaube, dass Bastei Lübbe auch in schlechteren Buchjahren in etwa 32 - 35 Cent verdienen wird, mithin wäre die Aktie selbst in schlechteren Jahren nicht überteuert.
Es ist angesichts der Erfahrung, die man in Köln mit dem Büchermachen hat, doch extrem unwahrscheinlich, dass man mit dem Umsatz nochmal extrem abkippt. Bastei Lübbe zählt ja nicht umsonst zu den erfolgreichsten Verlagen in Deutschland - man versteht sehr wohl, erfolgreiche Bücher aufzulegen und Autoren zu entwickeln.
Zudem- und das wäre neben einem soliden "Grundgeschäft" für das man nicht allzuviel bezahlen muss - ein zweiter Kurstrigger, ist Bastei Lübbe beim Thema "Digitalisierung von Inhalten" in Deutschland relativ weit vorne und ein Ebook oder ein "nicht physisches" Hörbuch erzielt nun einmal wegen geringerer Herstellungs- und Logistikkosten eine höhere Marge als ein physisches Buch oder Hörbuch.
Drittens hat Bastei Lübbe durch die gute Finanzsituation (Nettovermögensposition 8,2 Mio Euro plus hohem Free Cash Flow) nun auch wieder deutlich mehr "Feuerkraft" wenn es um den "Einkauf" von Autoren oder attraktiven Manuskripten geht (in dem Zusammenhang ist es sicher auch sehr positiv, dass der reine Content nun auch wieder mit einem eigenen Ressort im Vorstand vertreten ist). Sicher gibt es keine Garantie, dass ein teurer Autor oder ein teures Manuskript auch zu erfolgreichen Büchern wird - aber die Wahrscheinlichkeit, dass man erfolgreiche Bücher machen kann, ist einfach höher, wenn man begehrtere Manuskripte oder Autoren einkaufen kann - zumal (s.o.) Bastei Lübbe ja bisher schon nachgewiesen hat, dass man durchaus dazu in der Lage ist, herauszufinden, welche Bücher sich verkaufen lassen.
Und last but keinesfalls least: Ich glaube, dass BL sich sehr intensiv mit dem Thema "Übernahmen" beschäftigt - smarticular war da sicher nicht der "letzte Streich". Man hat sicher nicht vollkommen ohne Hintergrund in der Meldung zum Q3 ausdrücklich darauf verwiesen, dass man sich im Januar u.a. eine Kreditlinie ausdrücklich zur Akquisitionsfinanzierung gesichert hat. Und wenn man hier eine weitere Übernahme hinbekommen würde, die z.B. in etwa gleicher Höhe zum Ergebnis beiträgt wie smarticular, würden wir wieder über 5-6 Cent mehr EpS sprechen, was dem Kurs weiteren Auftrieb geben sollte.
Hinzu kommt noch, dass Bastei Lübbe, wenn man denn nun "bei seinen Leisten bleibt" und nicht wieder irgendwelche abenteuerlichen Ausflüge in andere Bereiche wagt, zukünftig auch ein zuverlässiger Dividendenwert werden dürfte - nimmt man den Mittelwert der drei Analysten könnten für das im März endende Geschäftsjahr 12 Cent ausgeschüttet werden, für 2022 dann 17 Cent und für 2023 sogar 18 Cent (da ich ja von geringeren EpS ausgehe, würde ich auch die Dividende niedriger ansetzen - aber ich glaube auch, dass wir für das laufende Jahr mindestens 10 Cent Dividende bekommen und dann im nächsten Jahr so um die 14 Cent).
Alles in allem also sehr erfreuliche Aussichten - auch wenn ich bei den Schätzungen der Analysten nicht so wirklich mitgehen würde.
Einen guten Start in die neue Woche wünsche ich. |