Meistens liege ich mit Dir, Cicero, auf einer Linie - diesmal ausnahmsweise nicht so ganz. Das belebt aber doch nur die Chemie und ist keinesfalls böse gemeint :o)
Mitarbeiter, die nach 30 bis 40 Dienstjahren, das Doppelte kosten sind in der Regel qualifizierte Dienstnehmer, die - salopp gesagt - auch das doppelte Wissen und die drei- bis vierfache Erfahrung haben. Sonst wären sie nicht 30 - 40 Jahre lang in einem Unternehmen sondern schon längst früher rausgeflogen. Die Personengruppe von der da die Rede ist, sind auch nicht die Portiere und Telefonistinnen, da würde sich das Ganze nicht auszahlen. Auszahlen würde es sich mit den doppelten bis 10fachen Gehältern - das sind eher die Gerstenmayers und Kolleg*innen - um die es dann aber schon wieder nicht geht.
Langjährige erfahrene Mitarbeiter wenige Monate vor einem (angeblichen, erwarteten, erhofften, möglichen) Produktionsanstieg gegen junge unerfahrene aber billigere Mitarbeiter auszutauschen ist nicht wirklich ratsam, auch dann nicht, wenn man dafür billigere Leute bekommt. Das ist auch nicht im Interesse der Aktionäre. Steht der wirtschaftliche Turnaround wirklich - wie angekündigt - bevor, dann muss man kurz darauf weitere Leute einstellen und hat dann anstelle eines erfahrenen Mitarbeiters zwei unerfahrene, die in Summe (fast) genausoviel kosten, aber mehr Fehler machen - sehr grob und pointiert gesagt. Dafür hat man ("Sozialplan") das Doppelte ausgegeben. Ist auch wirtschaftlich unklug.
Es sei denn ....... der Aufschwung wird von der Geschäftsleitung weniger erwartet, als sie sagt. Dann sollte man sich deren Kündigung überlegen......
Kündigt man hingegen ältere Dienstnehmer*innen bloß um sie durch neue, billigere zu ersetzen, dann mag das vielleicht in Bezug auf die Lohnkosten ein Vorteil sein, passiert das dann noch dazu vor einer erwarteten Umsatzverdopplung (wie uns die Guidance des Unternehmens präsentiert), dann sind das eindeutig sozialwidrige Kündigungen, die der Betriebsrat (in einem solchen Fall hoffentlich) anfechten wird. Es sei denn, man spart - in einem solchen Fall - die Kosten der Personalleitung oder des CEO ein, um sie gegen billigere, frische mit neuen Ideen erfüllte Personen zu ersetzen....
Und noch eins: Will man wirklich an staatliche und sonstige Förderungen kommen, um in einer Region Arbeitsplätze zu schaffen, wenn man gleichzeitig signalisiert, dass man Mitarbeiter kündigt ? Da kann man diese staatlichen Mittel gleich dem AMS schicken (was man bei steigenden Arbeitslosenzahlen eh muss) und spart sich dann wenigstens einmal die Steuergelder um sie beispielsweise SAMSUNG oder sonst wem anzubieten, die dann Leute einstellen und nicht abbauen.
Ich kann die Sorgen des Mitarbeiters, mit dem Du gesprochen hast, Cicero, verstehen. Da schweben große Unsicherheiten in und über dem Unternehmen, wenn man so mit seinen Beschäftigten umgeht. Unsicherheiten, die auch die Investoren spüren. Und die dann auch entsprechend entscheiden. Siehe Börsenkurs.
Es ist keine Frage, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Kostenoptimierungsprogramme - auch schmerzliche - sein müssen. Sie aber "unmittelbar" vor dem Beginn eines Aufschwungs zu setzen, der aus 1,7 Mrd. Umsatz in relativ kurzer Zeit 3,1 Mrd. machen soll - das wirkt auf mich so, als ob der Aufschwung dann doch nicht so bald einsetzen wird, sonst wäre diese Kostenoptimierung zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) notwendig. Und diese relative Unglaubwürdigkeit führt dann an der Börse zu einem Investitionsoptimierungsverfahren der Aktionäre. Wie man sehr deutlich bei INTEL sieht und auch bei AT&S.
Das ist auch nicht im Interesse der Miteigentümer.
Das letzte Argument (von vielen, die man noch in's Treffen führen kann, aber manche Leser ermüden würde), das ich hier nur streifen möchte, weil es nicht so sachlich, aber irgendwie "moralisch" ist:
Es tut auch nicht gut, wenn Mitarbeiter nach 30 - 40 Dienstjahren - also nahezu einem ganzen Berufsleben (!!) - gekündigt werden, mit Billigung des Hauptaktionärs und Aufsichtsratsvorsitzenden, der selbst bereits 86 Jahre alt ist, aber in seinem Amt verbleibt. Auch wenn die Dividenden, die AT&S bisher bezahlt hat, nicht übertrieben hoch sind, so haben die beiden Hauptaktionäre sicherlich ein Vielfaches von dem erhalten, was die Dienstnehmer mit 30 - 40 Arbeitsjahren alle zusammen gekostet haben - ohne deren Leistungen die Hauptaktionäre (und auch wir ...) diesen Ertrag nicht bekommen hätten.
Diese Leute zu kündigen mag eine Option sein, um den Ruin des Unternehmens zu verhindern und die Arbeitsplätze vieler anderer zu sichern. Bedeutet das also, dass wir hier davor stehen ? Denn wenige Monate vor einem zyklischen Umschwung der Branche nach oben sind solche Kündigungen für mich keine Option mehr. Und ich bin zwar nur ein kleiner - aber doch ein Aktionär.
Bitte lass das den Mitarbeiter, mit dem Du gesprochen hast, wissen: Auch wenn ich's nicht verhindern könnte, nicht alle Eigentümer denken so - und ich glaube, Cicero, Dich von Deinen Postings schon etwas zu kennen; ich bin einigermaßen sicher, Dir gefällt das auch nicht. |