Wäre der RWE Deal in Q3 nicht gewesen mit einem Buchgewinn von 300 Mio. €, dann wären die Nordex Verluste sehr böse gewesen.
Offshore. Dafür ist Nordex viel zu klein und auch nicht finanzkräftig dazu. Außerdem ist der Markt doch nicht allzu groß (in diesem Jahr etwa 4 GW globaler Zubau Offshore und rd. 65 GW Onshore). Sicher wird Offshore noch wachsen in Richtung 10 bis 12 GW im Jahr, aber Offshore ist halt mal teuer bei der Installation wie auch der Wartung und Offshore ist halt eine zentrale Energieerzeugung und Onshore dezentral und somit halten sich bei Onshore die Kosten für Stromnetze und die Energieverluste bei der Stromübertragung gg. Offshore dann doch in engen Grenzen.
Mal ein paar Anmerkungen/Einschätzungen von mir zu Nordex:
Nach dem nun alle Details bekannt sind mit dem RWE Deal, positiver Effekt in der GuV von 300 Mio. € in Q3 (Cash ist "erst" am 2. November geflossen), kann man schon ganz klar feststellen, dass Q3 auf der Margen- und dann natürlich auf der Verlustseite katastrophal war. Gelinde ausgedrückt. Das ausgewiesene EBITA in Q3 liegt bei 141,6 Mio. € und ohne den RWE Deal würde es bei Minus 160 Mio. € liegen. Also noch mal deutlich schlechter wie in Q2 mit Minus 84 Mio. €. Selbst die EBIT-Marge im Service/Wartungsgeschäft ist in Q3 auf knapp unter 11% gefallen (normal bei 17 bis 18%). Man sieht dieses äußerst schwache Quartal auch bei der Bruttomarge recht gut. Nordex hat normalerweise eine Bruttomarge von über 20%. Im schon von Corona heftig belasteten Q2-Quartal lag die Bruttomarge nur noch bei 12%. In Q3 liegt die dann nur noch bei 5%. Darum kann man durchaus feststellen/annehmen, dass Nordex in Q3 alles was möglich war an Abschreibungen oder Sonderkosten in dieses Quartal rein gepackt hat im "Rückwind" des großen Buchgewinns durch den RWE Deal. Soll jetzt aber keine Kritik sein. Hätte ich genau so gemacht. Zumal ja dann ab jetzt wieder eine einigermaßen Transparenz herrschen sollte. Wobei ja in Q4 noch weitere negative Sondereffekte wegen Corona anfallen werden von rd. 40 Mio. € wie aus dem Conference Call bekannt wurde.
Mit dem "alles was möglich war" an negativen Sonderaufwendungen abseits von Corona meine ich hauptsächlich das schwedische Großprojekt Nysäter. Nordex hat für das 475 MW große EPC Projekt mit dem schwedische Unternehmen Active Works einen Vertrag als Generalunternehmen so Ende 2018 unterschrieben. Active Works hat so gut wie alles falsch gemacht was man falsch machen konnte (bin ja hier im Herbst 2019 oftmals auf die großen Probleme bei diesem Projekt eingegangen) und Nordex hat dabei wohl viel zu wenig kontrolliert was Acitve Works so treibt. Erst sehr spät hat Nordex auf diese ganzen Irrungen und Wirrungen von Active Works reagiert und hat dann im Februar dieses Jahres mit dem großen schwedischen Baukonzern Skanska einen neuen Vertrag als Generalunternehmen für Nysäter abgeschlossen. Dass es nun bei diesem Großprojekt zu Kostenüberschreitungen wie auch zu größeren Verzögerungen gekommen ist (mindestens 6 bis 8 Monate Verzug) wundert darum also nicht. Desweiteren gab es indirekt (südafrikanischer Turmlieferant ging Pleite) wie auch direkt durch Corona große Verzögerungen beim Bau von 4 südafrikanischen Projekten (insgesamt rd. 530 MW), die sicher die eine oder andere Million gekostet haben. Letztendlich wurde die vor etwas über einem Jahr als Joint Venture mit Fábrica Argentina de Aviones "Brig. San Martin" S.A. eröffnete Gondelproduktion in Córdoba geschlossen. All diese negative Sondereffekte hat Nordex zusätzlich zu den direkten Corona Kosten in Q3 rein gepackt.
Mal kurz eine kleine Zahlenspielerei nach der neuen 2020er Guidance mit einem Umsatz von 4,4 Mrd. € (9 Monate: 3,17 Mrd. €) und einem EBITA von 88 Mio. € (9 Monate: 70,8 Mio. €) und dem Wissen, dass es in Q4 noch einmal zu negativen Sondereffekten von rd. 40 Mio. € kommen wird.
Nach der neuen 2020er Guidance wird Nordex in Q4 einen Umsatz von mindestens 1,23 Mio. € erzielen mit einem EBITA von 17 Mio. €. Da Q4 ja noch einmal ein Quartal sein wird mit großen negativen Effekten durch Corona und wohl noch anderen Abschreibungen/Sonderausgaben, vor allem wohl bei weiteren Projekten durch Verzögerungen, und man diese 40 Mio. € berücksichtigen würde, dann würde das bereinigte Q4 EBITA bei 57 Mio. € liegen. Also eine bereinigte Q4 EBITA Marge von guten 4,6% für Nordex Verhältnisse. Von dem her gehe ich davon aus, dass Nordex im kommenden Jahr locker auf Jahressicht auf eine EBITA-Marge von über 4% kommen wird. Eventuell sogar etwas über 5%:
1. Der Anteil der 2021er Installationen von der profitableren Delta4000 Turbinengeneration (3 bis 5% höhere Marge gg. den älteren Turbinengenerationen) wird deutlich gg. 2020 steigen - 2020 Installationsanteil Delta4000 Turbinengeneration von etwa 24% und in 2021 wird der auf etwa 50% ansteigen - in 2022 wird der wohl bei um die 75% liegen
2. Die neuen Rotorblattproduktionen können nach Nordex-Angaben spätestens ab Q1 2021 voll produzieren - Rotorblätter sind die teuersten Komponenten einer Turbine mit einem Kostenanteil von 25 bis 30%
3. Bei wohl so gut wie allen abzuwickelnden, problematischen Projekten in 2021 sind nun "Sonderaufwendungen" bilanziert worden (diese Projekte gehen nun kostentechnisch "sauber" in das Jahr 2021)
4. In 2020 sind nun so gut wie alle alten Projekte aus 2018 abgewickelt worden
5. Gegenüber den diesjährigen abgewickelten US Projekten sind die Stahlpreise, die nach den Trumpschen Stahlstrafzöllen 2019 erstmal deutlich gestiegen sind, für die Türme ab den Auftragseingängen Anfang 2020 deutlich billiger geworden (die USA wird in diesem Jahr mit rd. 1,5 bis 1,7 GW und in 2021 mit 1,3 bis 1,5 GW der mit Abstand größte Nordex Einzelmarkt werden) - sollte der EBITA Marge dann doch sichtbar gut tun - könnte zu einem positiven Effekt bei der EBITA Marge von 0,3 bzw 0,6% führen
6. Die EBIT-Marge im Service/Wartungsgeschäft dürfte in 2021 wieder auf das normale Niveau von 17 bis 18% kommen (nach 9 Monate 2020 bei 14,8%) - positiver Effekt bei der GesamtEBITA-Marge von um die 0,3%
Ich mach es wie alle Unternehmen aktuell: Alles unter Vorbehalt wegen Corona. Wenn ich diese meine Einschätzungen zu diesen 6 Punkten nehme mit Bezugsbasis der 2% EBITA-Marge in 2020 (da hebt sich ja der positive Sondereffekt mit dem RWE Deal und den ganzen negativen Sondereffekten so gut wie auf), dann sollte schon in 2021 eine EBITA Marge im Bereich von 5% raus kommen. Mindestens. Auch Nordex Chef Blanco redete von einem EBITA-Sprung in 2021. Eine höhere EBITA-Marge von 1% gg. 2020 auf 3% könnte man mal wohl nicht als Sprung bezeichnen.
Von dem her erwarte ich in 2021 einen Umsatz von 4,8 Mio. € (gibt meine 2021er Nordex Projektliste mit etwas über 6,1 GW gut her) mit einer EBITA-Marge von 5% bzw. einem EBITA von 240 Mio. €. Wäre ein EBIT von 90 Mio. € (Abschreibungen von 150 Mio. € inkl. PPA Abschreibung durch Acciona Übernahme von 25 Mio. €) und ein Vorsteuergewinn von etwa 45 Mio. €. Mit einer Steuerquote von 33% wäre das dann ein Nettogewinn von rd. 30 Mio. € bzw. einem EPS von 0,28 €. In 2022 soll dann der ganz große Margensprung auf 8% kommen. Wobei ich aber schon glaube, dass die EBITA Marge im kommenden Jahr auch über die 5% gehen könnte und das Finanzergebnis durch den RWE Cash mit dem u.a. ein im Frühjahr 2021 fälliges Schuldscheindarlehn wohl bezahlt wird, besser ausfallen könnte. |