Mediabiz; München; 05.09.2017; 13:20; Interview mit Bernhard Burgener von Marc Mensch; Thema: Neuaufstellung Constantin Medien
"Es muss wieder Frieden einkehren" Bernhard Burgener, Präsident des Highlight-Verwaltungsrates: "Ein wichtiger Schritt nach vorne ist getan". Im Ringen um die Zukunft der Constantin Medien AG konnte Bernhard Burgener mit den Resultaten der Hauptversammlung einen wichtigen Etappensieg einfahren. Wir sprachen mit dem Verwaltungsratschef der Highlight über das weitere Vorgehen.
Die Hauptversammlung am 23. August brachte die Wende im Streit um die Zukunft der Constantin Medien. Wie erleichtert sind Sie angesichts der Resultate dieses bewegten Tages? Nun, wir sind ja nicht zuletzt dank der Bestellung eines neutralen Versammlungsleiters durch das Amtsgericht München sehr gespannt zu diesem Termin gereist. Insofern würde ich nicht direkt von Erleichterung sprechen - zumal die eigentlichen Aufgaben noch vor uns und der Constantin Medien liegen. Womit wir sicherlich nicht gerechnet haben, war der Verlauf. Dass Dieter Hahn in seiner Rede vor Ort bekannt gab, dass er, ebenso wie Jean-Baptiste Felten, für eine Wahl in den Aufsichtsrat nicht mehr zur Verfügung stehen würde und auch die anderen vier Mitglieder ihr Mandat zum Ablauf dieser Versammlung niedergelegt hatten, kam dann doch überraschend. Wobei eine weitere Bombe erst platzte, als die Constantin Medien gegen Mittag eine entsprechende ad-hoc-Mitteilung versandte. Das ist richtig. Denn während Dieter Hahn ihr mit seiner Erklärung zuvor kam, hat es durchaus zu einigen lauten Zwischenrufen geführt, als bekannt wurde, dass Fred Kogel seinerseits den Posten des Vorstandsvorsitzenden abgibt. Herr Kogel hatte zu Beginn der Versammlung etwa eine halbe Stunde über das Geschäft referiert, sich dazu aber nicht geäußert. Das hat einige Aktionäre doch etwas irritiert. Dass die Schritte von Kogel und dem Aufsichtsrat in Erwartung einer Abstimmungsniederlage erfolgten, liegt wohl auf der Hand. Wie entscheidend war die Rolle, die Eberhard Sasse als Versammlungsleiter spielte? Dass dank dieser neutralen Leitung unsere Anteile im dritten Anlauf endlich zur Abstimmung zugelassen wurden, war natürlich ein ganz wesentlicher Punkt. Schließlich sprechen wir von vergleichbar großen Aktienpaketen: Die Highlight Event & Entertainment AG hält 29,7 Prozent an der Constantin Medien, das Lager um Dieter Hahn kommt auf 29,2 Prozent. Insgesamt waren bei der Hauptversammlung aber rund 76 Prozent der Stimmen vertreten, entsprechend gespannt waren wir auf das entscheidende Votum der freien Aktionäre. Dieses fiel dann eindeutig aus. Mit Ausnahme von Olaf Schröder wurde dem zuletzt amtierenden Vorstand sowie dem gesamten Aufsichtsrat die Entlastung verweigert. Dessen Mitglieder wären also in der Tat abgewählt worden, wenn das nicht ohnehin Makulatur gewesen wäre. Am deutlichsten zeigt sich das Stimmungsbild unter den freien Aktionären, wenn man auf das Ergebnis für Dieter Hahn blickt. Bei der Abstimmung über seine Entlastung, an der er selbstverständlich nicht teilnehmen durfte, gab es rund 92,7 Prozent "Nein"-Stimmen. Damit ist im Grunde alles gesagt. Also tatsächlich ein Triumphgefühl, wie es Ihnen zum Beispiel die "Welt" zuschrieb? Soweit würde ich nicht gehen. Es war sicherlich ein wichtiger Etappensieg. Aber im Vordergrund stehen das Unternehmen, seine Mitarbeiter und die Aktionäre. In deren Sinne muss es nun darum gehen, eine Lösung zu finden, um die Constantin Medien erfolgreich in die Zukunft zu führen. Die könnte nach wie vor in einer Übernahme der Constantin Medien durch die Highlight Event & Entertainment AG liegen? Das wäre sicherlich ein vernünftiger Weg und im Grunde der einfachste. Allerdings will ich dieses Thema an dieser Stelle nicht breittreten. Zuallererst müsste die Finanzierung stehen. Wie Sie wissen, haben wir versucht, die Voraussetzungen mit der Durchführung einer Kapitalerhöhung zu schaffen, die mit 99,98 Prozent angenommen wurde. Leider blockiert Herr Hahn mit einer von ihm kontrollierten Gesellschaft den notwendigen Handelsregistereintrag mit 0,02 Prozent der Anteile. Ein Gericht in Baselland hat in erster Instanz bereits in unserem Sinne entschieden, allerdings läuft der Widerspruch dagegen noch. Zwar ziehen sich derartige Verfahren in der Schweiz nicht ganz so lange hin wie in Deutschland, wo wir erst im kommenden November einen Termin hinsichtlich der Anfechtung unseres Stimmausschlusses bei der Hauptversammlung im Juli vergangenen Jahres haben. Trotzdem gehen auch hierzulande einige Monate ins Land, bis man durch alle Instanzen gelaufen ist. Apropos Anfechtungsklage: Man könnte ja meinen, diese hätte sich nun erledigt. Aber eine Entscheidung in Ihrem Sinne könnte ja durchaus Basis für Schadenersatzansprüche sein. Das ist prinzipiell richtig, aber für uns gerade nicht das Thema. Die kräftezehrende Auseinandersetzung muss aufhören. Die Anwälte auf beiden Seiten haben bereits genug Geld verdient. Es muss wieder Frieden einkehren, die Konzentration muss wieder dem Geschäft gelten. Dieter Hahn haben Sie gegen Ende der Hauptversammlung ja bereits die verbale Hand gereicht. An einer Verständigung mit ihm als Großaktionär führt wohl kaum ein Weg vorbei? Das habe ich immer gesagt. Leider war es in der Vergangenheit mit ihm nicht gerade einfach, wir sind uns preislich nie einig geworden. Für Fred Kogel hatten Sie keine warmen Worte übrig. Sehen Sie seine Rolle kritischer? So würde ich das nicht sagen. Selbstverständlich führte unser Ausschluss, für den man den Versammlungsleiter vorschob, zu erheblichen Irritationen. Aber das ist jetzt Schnee von gestern, kalter Kaffee. Interessant ist die Zukunft. Und in diesem Zusammenhang freue ich mich, dass der Aufsichtsrat Olaf Schröder für das Amt des Vorstandsvorsitzenden berufen hat. Kurz nach der Hauptversammlung wurden Sie selbst als möglicher Kandidat gehandelt. Die Berufung Schröders soll aber mehr als nur eine kurzfristige Interimslösung sein? Dazu kann ich nichts sagen, das ist nicht meine Aufgabe. Die Entscheidung obliegt dem Aufsichtsrat. Ich habe stets betont, dass ich bereit bin, mit anzupacken, aber ich will mich jetzt auch nicht in irgendeine Interessenkollision begeben. Mir ist nur wichtig, dass ein Weg gefunden wird, die Situation zu befrieden. Entzündet hatte sich der Streit an der von Hahn und Kogel verfolgten Strategie, die Filmsparte abzustoßen, um sich auf das Sportgeschäft zu konzentrieren. Dieser Plan war mit dem geplanten Verkauf von Sport1 aber ohnehin bereits Makulatur - tatsächlich sollten die Aktionäre den strittigen Beschluss zur Neuausrichtung ja aufheben? Ja, der Versuch, Sport1 zu verkaufen, kam für uns auch überraschend. Um an dieser Stelle das Bild noch weiter zu präzisieren: Ich war mir mit Dieter Hahn ja auch hinsichtlich seiner Pläne zu den Fußballrechten alles andere als einig. Sehen Sie, Sport1 war doch im Grunde hervorragend aufgestellt. Man hatte eine langjährige Partnerschaft mit Sky und Live-Rechte für die 2. Bundesliga. Aber Herr Hahn wollte unbedingt auch wieder bei der Rechtevergabe für die 1. Bundesliga mitbieten. Gemäß der Mai-Ausgabe des Manager Magazin aus dem Jahr 2016 "nahm Hahn ganz im Stillen Einfluss auf die Ausschreibungsbedingungen. Vor Monaten schon machte er sich im Hintergrund für eine sogenannte No Single Buyer Rule stark. Die Regel sieht vor, dass Sky nicht mehr alle Livespiele der 1. Liga auf einmal kaufen darf. Mindestens ein Mitbieter muss berücksichtigt werden." Das war natürlich eine Kampfansage. Und was ist dabei herausgekommen? Sky hat jetzt einen Free-TV-Kanal, hat die Rechte für die 2. Bundesliga gekauft und strahlt gleichzeitig am Sonntag das Format "Der Fussball-Talk" mit dem ehemaligen Doppelpass-Moderator Jörg Wontorra aus. Die Constantin Medien hat sich da selbst Konkurrenz heraufbeschworen. Das gehört sich nicht und wir sind einfach zu klein, um gegen solche Giganten anzutreten. Dabei kann man doch nur verlieren. Am 26. Oktober startet die Constantin Film ihren aller Voraussicht nach größten Titel des Jahres: „Fack Ju Göhte 3“. Ihr erklärtes Ziel ist es, den Konzern als Ganzes zu erhalten und über dessen verschiedene Geschäftsfelder weiterhin Risikostreuung zu betreiben. Das ist durch die Entwicklung im Sportsegment aber nicht unbedingt einfacher geworden? Wir haben zwar die Zweitliga-Liverechte verloren, aber ich habe immer gesagt, dass Sport1 auch ohne sie mit seinen Aktivitäten im Free- und Pay-TV sowie auf Online- und Mobile-Plattformen hervorragend aufgestellt ist. Es gibt also keinen Grund, unser Ziel neu zu bewerten. Zumal ich größtes Vertrauen in Olaf Schröder habe, den ich ja noch in meiner Zeit als Vorstandsvorsitzender zum Geschäftsführer Constantin Medien befördern konnte. Ihm ist es damals mit seinem Team gelungen, den Sender innerhalb von nur drei Jahren von rund 13 Mio. Euro Verlust auf ein Plus von über neun Mio. Euro zu steigern. Sport1 bereitet mir also keine Sorgen. Sicherlich gibt es Dinge, über die sich der Vorstand und der Aufsichtsrat jetzt Gedanken machen werden. Nicht zuletzt über eine mögliche Zusammenführung der vielen Ebenen und Gesellschaften innerhalb des Konzerns. Aber das ist keine neue Erkenntnis. Problem über etliche Jahre war ja, dass die Constantin Medien viel zu sehr mit Altlasten zu kämpfen hatte. Wir haben Jahre gebraucht, um alle Rechtsfälle abzuschließen und dafür zu sorgen, dass das Unternehmen endlich in die Gewinnzone kommt, was dann 2015 gelang. Erst ab da machte es überhaupt Sinn, über Zusammenführungen nachzudenken. Auch die insgesamt rund 100 Mio. Euro an Darlehen, die die Constantin Medien im September bzw. Anfang kommenden Jahres bedienen muss, bereiten Ihnen keine Sorgen? Nein. Wie ich immer wieder betone: Ich habe die Zeiten erlebt, in denen die Constantin Medien Jahr für Jahr rote Zahlen geschrieben hat. Nach gerade einmal sechs Wochen im Amt als Vorstandsvorsitzender musste ich einen Verlust von 135 Mio. Euro bekannt geben. Auch in dieser Zeit haben wir es immer hinbekommen - und in den vergangenen Jahren hat sich das Unternehmen bei den Investoren viel Vertrauen erworben. Tatsächlich ist in den Zinssätzen der laufenden Darlehen noch viel Risiko abgebildet, das einer aktuellen Betrachtung nicht mehr gerecht wird. Die Constantin Medien ist ihren Verpflichtungen immer nachgekommen und wird das auch in Zukunft. Sollte der Vorstand um meine Hilfe ersuchen, gebe ich sie ihm sehr gerne. Aber ich gehe davon aus, dass er sie nicht benötigen wird. Wie sehen sie die Filmsparte gerade im Kinobereich aktuell aufgestellt? Kurz gesagt: hervorragend. Wir machen seit Jahren die Erfahrung, dass die zweite Jahreshälfte für die Constantin Film die wichtigere ist - und das ist 2017 nicht anders. Innerhalb eines Monats hat sie mit "Das Pubertier" , "Ostwind 3" und "Grießnockerlaffäre" gleich drei Filme gestartet, die über den Erwartungen laufen. Jetzt stehen unter anderem noch "Dieses bescheuerte Herz" und natürlich vor allem "Fack Ju Göhte 3" an. Für die Quartalsbetrachtung war natürlich etwas unglücklich, dass die gesamten P&A-Kosten der genannten drei Filme in Q2 fielen, die Erlöse aber erst in Q3. Die Veröffentlichung von Quartalszahlen kann aber nun einmal nicht die Programmierung der Titel bestimmen. Ich würde das sehr gerne so machen, aber daran hätte Martin [Moszkowicz] sicherlich keine Freude [Lacht]. Entscheidend ist der Blick auf die vollen zwölf Monate. Und seit 2004 hat die Constantin Film jedes Jahr Gewinn gemacht. Natürlich ist dieser im volatilen Filmgeschäft immer gewissen Schwankungen unterworfen. Das Segmentergebnis lag aber stets in einer Range zwischen rund neun und 16 Mio. Euro. Wenn wir das Investment sehen, dass wir 2003 getätigt haben, wurde mittlerweile schon nahezu der doppelte Betrag wieder erwirtschaftet. Gleichzeitig steigt der Wert des Unternehmens mit der wachsenden Library laufend. Auch international zeigt die Constantin Film unvermindert Flagge, wie die jüngste Ankündigung zu "The Silence" unterstreicht. Das ist völlig richtig - denken Sie nur an "Resident Evil: The Final Chapter" von Anfang des Jahres, der zum erfolgreichsten Teil der Reihe avancierte und beispielsweise in China sensationelle Zahlen schrieb. Über die vergangenen 15 Jahre haben Martin und sein Team einen tollen Job abgeliefert und dabei auch international mit der Etablierung erfolgreicher Marken ein Ausrufezeichen gesetzt. Das gilt natürlich längst nicht nur für das Kino, sondern auch den Fernsehbereich: "Shadowhunters" ist aktuell die zweiterfolgreichste Serie beim Disney-Sender Freeform und eine dritte Staffel wurde bereits bestellt. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit und für uns eine echte Auszeichnung. Und es kommt noch mehr, so haben wir uns auch die Rechte an der als Prequel angelegten Reihe "Chroniken der Schattenjäger" von Cassandra Clare gesichert. Marken auf- und auszubauen, ist in unserem Geschäft immens wichtig - und wir sind an dieser Stelle bestens aufgestellt. Aber Marken sind nicht alles? Natürlich nicht. Zumal es schon immer eine Stärke der Constantin war, auch jungen Produzenten und Talenten eine Chance zu geben und sie gegebenenfalls längerfristig an das Unternehmen zu binden. Es gibt etliche Filmemacher, mit denen wir zusammen Geschichte geschrieben haben - und weiter schreiben. In diesem Zusammenhang steht auch die Initiative Alpenrot, mit der wir aufstrebenden Künstlern die Möglichkeit geben, innovative Ideen abseits ausgetretener Pfade zu realisieren. Damit es übrigens nicht unerwähnt bleibt: Wenn wir von der Filmsparte sprechen, dürfen wir die Home-Entertainment- und TV-Bereiche als weitere wesentliche Erfolgsträger natürlich nicht außen vor lassen. Man muss immer das Gesamtpaket im Blick haben - und das kann sich mehr als sehen lassen. Den Header "Streit um Constantin Medien", unter dem wir die unzähligen Meldungen der vergangenen Monate zusammengefasst haben, darf man im Ergebnis getrost in Rente schicken? Das wäre in der Tat ein schönes und richtiges Signal. Natürlich muss man dem neuen Management und Aufsichtsrat nun erst einmal etwas Zeit geben, zuallererst steht die Bestandsaufnahme an. Das wird sicherlich sechs bis acht Wochen dauern. Wie bereits gesagt, hoffe ich, dass wir nun einer raschen Befriedung der Lage entgegensehen und dem Geschäft dann endlich wieder die volle Aufmerksamkeit widmen können. Ein wichtiger Schritt nach vorne ist jedenfalls getan.
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