An solchen Tagen wie heute weiß ich nicht, ob ich mich jetzt besonders alt fühlen soll, oder ob der Tod einer Sport-Legende hier schlichtweg niemanden interessiert. Ich war den ganzen Tag unterwegs und habe erst gerade gelesen, dass die deutsche Ruder-Legende Peter-Michael Kolbe im Alter von 70 Jahren gestorben ist.
Ironischerweise ist Kolbe den meisten Leuten als "ewiger Zweiter" in Erinnerung, weil er sich in seiner ruhmreichen Laufbahn den Traum eines Olympia-Sieges leider nicht erfüllen konnte, sondern vielmehr dreimal die Silbermedaille holte. 1980, in seinem vielleicht stärksten Jahr, durfte er wegen des Boykotts an den Spielen in Moskau nicht teilnehmen.
So ist es auch wenig verwunderlich, dass Kolbes berühmtestes Rennen das Finale der Olympischen Spiele 1976 in Montreal ist, als er scheinbar einem völlig überlegenen Sieg entgegenzustreben schien, auf den letzten Metern aber einen totalen Einbruch erlebte und 50 Meter weiter wohl sogar gänzlich aus der Platzierung gefallen wäre, weil er völlig ausgepumpt bzw. übersäuert ins Ziel kam.
Schuld an diesem Leistungseinbruch soll eine späterhin als "Kolbe-Spritze" titulierte "Vitamin-Spritze" gewesen sein, die die Übersäuerung wohl hinauszögern konnte bzw. sollte, die dann aber wohl schlagartig einsetzte. Hervorzuheben ist, dass das verabreichte Präparat nicht verboten war und es über 1000 Athleten auf Anraten der Ärzte erhalten haben sollen. Kolbe haderte ein Leben lang damit, dass sein Name dafür herhalten musste.
Auch wenn Kolbes Laufbahn "unvollendet" blieb, so war er alles andere als ein "ewiger Zweiter". Vielmehr wurde er fünfmal Weltmeister, was bis heute einen absoluten Rekord darstellt. Als bislang einziger Ruderer wurde er zum Sportler des Jahres gewählt.
Was mir als Kind bzw. Jugendlicher damals persönlich an ihm imponiert hat, war die Tatsache, dass er unangepasst war und somit auch immer wieder angeeckt ist. Ähnlich wie z.B. ein Harald Schmid in der Leichtathletik setzte auch Kolbe darauf, sich abseits der üblichen Strukturen in Eigenregie vorzubereiten, trainierte u.a. alleine in seiner früheren Wahlheimat Norwegen.
R.I.P., lieber Peter-Michael Kolbe.
Und für alle, die diese Story bzw. den Sportler nicht kennen, hier noch einmal der Link zum unfassbaren Olympia-Finale von 1976, das am Ende von Kolbes Dauer-Rivalen Pertti Karppinen gewonnen wurde: https://www.youtube.com/watch?v=qBt3kk1pNTk
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