Die Nord LB, Balda und das Chaos
Die Nord LB wird zum Gespött am Finanzmarkt
13. März 2008 Die Norddeutsche Landesbank hat einen Händler entlassen, der ohne Absprache Fehlkäufe im Volumen von mehr als 100 Millionen Euro getätigt haben soll. Der für diese Aktientransaktionen zuständige Händler ist nach den Angaben eines Sprechers der Bank „wegen interner Regelverstöße und Kompetenzüberschreitungen“ fristlos entlassen worden. Durch die Aktionen wurde die Nord LB wider Willen Großaktionärin von drei mittelständischen Unternehmen.
Am Finanzmarkt hat sich die Nord LB jedenfalls zum Gespött gemacht. Am Handyzulieferer Balda AG hält die Bank nun 15,5 Prozent der Anteile, am Altenheimbetreiber Curanum AG 13,1 Prozent und am Netzwerkanbieter Euromicron AG 20,2 Prozent. Die Bank hat im Auftrag eines Kunden 13 Millionen Aktien im Wert von mehr als 100 Millionen Euro gekauft; der Kunde will nun aber nicht bezahlen.
Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Aktienkurse der drei Unternehmen in den vergangenen Monaten stark gesunken sind. Allein die Papiere von Balda haben in den vergangenen drei Monaten fast 70 Prozent ihres Wertes verloren. Den Namen ihres Kunden will die Nord LB nicht nennen. Zum Thema
* Balda sieht Krise vorerst abgewendet * Kommentar: Vorbildliche Nord LB * Balda ist in Insolvenzgefahr * Balda gibt Produktion in Europa auf
New-Economy-Unternehmer Windhorst offenbar beteiligt
Es handelt sich aber offenbar um den Finanzinvestor Vatas Holding des südafrikanischen Unternehmers Robert Hersov. Der Geschäftsführer der in Berlin ansässigen Vatas Holding ist Lars Windhorst, der sich zum fraglichen Fall allerdings nicht äußern will.
In den neunziger Jahren hatte der heute 31 Jahre alte Windhorst Furore als Wunderkind gemacht, denn er hatte mit 15 Jahren begonnen, ein Computerunternehmen aufzubauen. Die Krise der New Economy brachte allerdings auch die Windhorst-Unternehmungen in Schwierigkeiten. Drei seiner Firmen mussten Insolvenz anmelden, Lars Windhorst anschließend auch. Als Vatas-Geschäftsführer machte er im Sommer Schlagzeilen, als Aktien des Internetunternehmens Freenet nach Auszahlung einer Sonderdividende zum Einstandspreis verkaufte und damit insgesamt mehr als 100 Millionen Euro Gewinn realisiert hatte.
Vatas und deren Muttergesellschaft Sapinda sind an allen drei fraglichen Unternehmen auch heute schon beteiligt. Sapinda hält an Balda einen Anteil von 8,4 Prozent. Vatas gehören 17,9 Prozent an Curanum und 11,3 Prozent an Euromicron.
Hohe Rückstellungen bei der Nord LB
Gerüchte, wonach die Nord LB ihre Positionen in Balda, Curanum und Euromicron nun schnell auflösen wolle, weist der Sprecher der Bank allerdings zurückgewiesen: „Wir haben keinen Verkaufsdruck“. Die Gespräche mit dem Kunden würden fortgesetzt. Die Zeitspanne bis zum Abschluss der Gespräche lasse sich aber nicht nennen.
Die NordLB hat Vorsorge für den Fall getroffen, dass sie auf ihren Aktien an den drei Unternehmen sitzen bleibt. Da ein großer Teil der Käufe im vergangenen Jahr erfolgt ist, hat die Bank für alle drei Werte zusammen in der Bilanz für 2007 Rückstellungen in Höhe von 82,5 Millionen Euro gebildet. Die entsprechende Zahl war auch in der Pressemitteilung enthalten, die in der vergangenen Woche zur Vorlage der Jahreszahlen der Bank versandt worden ist.
Es wird auch darüber spekuliert, dass Vatas oder Windhorst der Nord LB gar nicht garantiert hätten, die Aktien abzunehmen, sondern sich lediglich eine rechtlich nicht bindende Option habe einräumen lassen. Details zur tatsächlichen Konstruktion lassen sich der Bank aber ebenfalls nicht entlocken, wiederholt wird hier auf den Schutz der Kundenbeziehung verwiesen.
Balda ist aber auch ohne die Verwirrungen im Aktionärskreis in argen Schwierigkeiten. Das Unternehmen hatte erst Anfang März mit der Gefahr einer Insolvenz zu kämpfen und diese nur mit Mühe – und vielleicht auch nur vorübergehend – abgewendet. Hierzu hatte Balda Unternehmensteile zurückgekauft, die erst zum Jahresende 2007 verkauft worden waren.
Banken verweigern Balda Kredite
Bis dahin hatte Balda stets bestritten, dass bei den früheren Tochterunternehmen ein nennenswerter Verlust aufgelaufen sei. Der Vorstandsvorsitzende Joachim Gut hatte noch Anfang Februar lediglich von „Belastungen in einem kleinen zweistelligen Millionenbereich“ gesprochen. Davon war Anfang März plötzlich keine Rede mehr, der in Rede stehende Betrag wurde auf 30 bis 40 Millionen Euro geschätzt, blieb in seiner Höhe aber umstritten. Durch den Rückkauf soll die Liquiditätsbelastung niedriger ausfallen.
Die Gefahr der Insolvenz ist nach Angaben des Unternehmens damit abgewendet. Danach hatten sich die Banken bereiterklärt, bis auf weiteres von einem möglichen Recht auf Fälligstellung ihrer Kredite an die Balda AG keinen Gebrauch zu machen. Allerdings haben sie Balda weitere Kredite verweigert. Deshalb wurden offenbar weitere Geldgeber aufgetan, die bisher aber namentlich nicht bekannt sind.
„Der Plan ist und bleibt, das Europa-Geschäft abzugeben“, hatte Gut danach gesagt und von mehreren Optionen gesprochen, die es gebe. Details zu potentiellen Interessenten wollte Gut indes nicht nennen. Im Anschluss an diese Transaktion forderten Großaktionäre des Balda-Konzerns personelle Konsequenzen und forderten den Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden Richard Roy.
Vor einer Rücktrittsforderung gegenüber Gut schrecken die Aktionäre bisher zurück, da er persönlich offenbar eng mit dem taiwanesischen Geschäftspartner verbunden ist, der in einem Gemeinschaftsunternehmen mit Balda berührungsempfindlichen Bildschirme herstellt, die unter anderem in das „iPhone“-Handy von Apple eingebaut werden.
Text: F.A.Z. Bildmaterial: ddp |