oder: Weshalb du wie "der kleine Mönch" empfindest:
Somit folgt daraus, dass sich die wesentliche Frage des Gesprächs nicht mehr länger allein auf das kopernikanische und ptolemäische Weltsystem bezieht, sondern viel mehr um die soziale Verantwortung. Dies sorgt für einen Umschwung der Absichten, denn es geht nicht darum, den Diskussionsgegner von seiner Meinung zu überzeugen, sondern moralisch abzuwägen, ob man lieber die schmerzhafte Wahrheit erfahren oder weiterhin im Lügengeflecht leben solle, das Sinn für das Leid und Elend stiftet. Galilei und der kleine Mönch weisen somit trotz verschiedener Perspektiven eine humanitäre Einstellung auf und stehen stellvertretend für die Alte (Mönch) und die Neue Zeit (Galilei). Dieser Überschneidungspunkt beider Positionen erschwert die Angelegenheit, da beide Ansichten vernünftig und rational nachvollziehbar sind und daher keine pauschale Festlegung nach „gut“ und „schlecht“ in Bezug auf die soziale Verantwortung zulassen. https://lyrik.antikoerperchen.de/...ld-8-bertolt-brecht,text,807.html
Ihr meint, wir könnten jetzt nach Hause gehn? Bei Leibe nicht! Es wird noch ein Stück aufgeführt. Nach der Tragödie kommt die Farce. Immanuel Kant hat bis hier den unerbittlichen Philosophen traziert, er hat den Himmel gestürmt, er hat die ganze Besatzung über die Klinge springen lassen, der Oberherr der Welt schwimmt unbewiesen in seinem Blute, es gibt jetzt keine All-Barmherzigkeit mehr, keine Vatergüte, keine jenseitige Belohnung für diesseitige Enthaltsamkeit, die Unsterblichkeit der Seele liegt in den letzten Zügen - das röchelt, das stöhnt - und der alte Lampe steht dabei mit seinem Regenschirm unterm Arm, als betrübter Zuschauer, und Angstschweiß und Tränen rinnen ihm vom Gesichte. Da erbarmt sich Immanuel Kant und zeigt, dass er nicht bloß ein großer Philosoph, sondern auch ein guter Mensch ist, und er überlegt, und halb gutmütig und halb ironisch spricht er: "der alte Lampe muss einen Gott haben, sonst kann der arme Mensch nicht glücklich sein - der Mensch soll aber auf der Welt glücklich sein - das sagt die praktische Vernunft - meinetwegen - so mag auch die praktische Vernunft die Existenz Gottes verbürgen". In Folge dieses Arguments unterscheidet Kant zwischen der theoretischen Vernunft und der praktischen Vernunft, und mit dieser, wie mit einem Zauberstäbchen, belebte er wieder den Leichnam des Deismus, den die theoretische Vernunft getötet.
Du kennst sicher beide Texte ....
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