Neuemissionen GREATER CHINA PRECISION COMPONENTS (GCPC)
Ein total verpatzter Börsengang Die Stimmung in den einschlägigen Internet-Boards ist aufgeheizt. Natürlich sind chinesische Aktien ein Investment mit gesteigerter Risikoklasse. Aber 45 Prozent Kursverlust innerhalb einer Handelswoche sind starker Tobak. Die Neuemission GCPC hat zweifelhaften Ruhm erlangt – die Emissionsbank VEM steht in der Kritik.
Eigentlich sahen die Vorzeichen für den Börsengang von Greater China Precision Components (GCPC) ganz passabel aus: Das chinesische Management tourte artig durch Europa und warb vor Investoren für das eigene Unternehmen. Doch bereits wenige Tage nach dem Börsenstart herrscht allgemeines Rätselraten um den herben Kurseinbruch. Eine Bestandsaufnahme:
Ende Oktober stellte sich der Handyschalen-Produzent GCPC quasi zum Warmlaufen einer kleinen Schar von Anlegern und Investoren in München vor. Das war der Auftakt einer Roadshow, die die Gesellschaft in den kommenden zwei Wochen quer durch Europa führen sollte. Viel beachtet war der Auftritt von GCPC-Vorstand Wu Baofa am 13. November auf dem Eigenkapitalforum in Frankfurt. „Da war die Welt noch völlig in Ordnung“, sagt Volker Rofalski von der VEM Aktienbank. Etliche institutionelle Investoren hatten ihre Bereitschaft signalisiert, Zeichnungsaufträge abzugeben.
Als Preis hatte die VEM Aktienbank eine Bookbuildingspanne von 3,40 bis 3,80 Euro ausgehandelt. Die Zeichnungsfrist lief vom 2. bis 15. November. Eine Woche später, am 20. November, sollte der Börsenstart sein. Zumindest wenn man die Graumarktpreise als Indikator nimmt, deutete alles auf ein erfolgreiches IPO hin.
Doch plötzlich schlug das Pendel um: Die vorbörslichen Preisstellungen gingen auf Talfahrt und auch das Börsendebüt des chinesischen Bambusanbauers Asian Bamboo am Freitag, 16. November entwickelte sich wesentlich schlechter als gedacht – kein gutes Omen für GCPC. „Von da an drehte die Stimmung um 180 Grad“, erklärt Rofalski.
Angesichts ständig neuer Sorgen um die weitere Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft, neuer Höchststände bei Öl und Euro gingen die Kurse an den weltweiten Finanzmärkten auch am folgenden Montag und Dienstag in den Keller – allen voran die der Nebenwerte. Zu diesem Zeitpunkt war die Emission von GCPC aber bereits abgewickelt. Dem Vernehmen nach war der Börsengang des Handyschalenherstellers mehr als zweifach überzeichnet.
„Fast sämtliche Orders lauteten auf 3,80 Euro“, berichtet VEM-Experte Rofalski. Daher entschloss sich das Münchner Emissionshaus – vermutlich auch auf Druck des chinesischen Managements –, die Preisspanne voll auszureizen. Für GCPC bedeutete dies einen ansehnlichen Bruttoerlös von 28,5 Millionen Euro – für VEM trotz der lukrativen Provisionseinnahmen vermutlich einen folgenschweren Fehler.
Institutionelle Investoren wurden in der Regel mit 75 Prozent der georderten Stücke bedient, Privatanleger bekamen eine Zuteilung von 55 Prozent. Bei einer Mindestlosgröße von 500 Stück entspricht das einer Ordersumme von rund 1000 Euro. Angesichts des Stimmungsumschwungs an den Börsen wurde einigen Profianlegern aber schnell mulmig und sie entschlossen sich, ihre Stücke auf den Markt zu werfen. Die Rede ist von einer unlimitierten Verkaufsorder über 500.000 Stück.
Gemäß den Angaben von VEM haben sich am ersten Handelstag aber nur 25 Prozent der Emission gedreht, was nichts Ungewöhnliches ist. Normalerweise liegt diese Quote zwischen 20 und 30 Prozent. Allerdings gab es für die Stücke keine Käufer, beziehungsweise erst auf signifikant niedrigerem Niveau. So setzte eine für den heimischen Neuemissionsmarkt wohl beispiellose Talfahrt ein: Auf dem elektronischen Handelssystem Xetra lag bereits die erste Kursfeststellung mit 3,10 Euro um 18 Prozent unter dem Ausgabepreis.
Damit nicht genug: Im Tief ging das Papier bis Wochenschluss um 50 Prozent in den Keller. „Ein riesiges Debakel“, wie Rofalski eingesteht. „Ich werde den Verdacht nicht los, dass die GCPC-Aktie überteuert auf den Markt kam“, kontert ein Börsenexperte, der nicht genannt werden möchte. Angesichts des massiven Kursverfalls ist dieser Vorwurf sicher nicht von der Hand zu weisen, auch wenn die Analysen der Banker sich durchweg positiv lesen.
Gemäß der Studie der VEM Aktienbank – auf die auch BÖRSE ONLINE seine Kaufempfehlung stützte – betrug das Emissions-KGV etwa zwölf. Das Kursziel veranschlagte VEM-Analyst Raimund Saier auf 4,45 Euro. Die auf den 20. November datierte Researchstudie von Performaxx kommt gar auf einen fairen Wert von 5,18 Euro.
Ausgehend vom heutigen Niveau wäre die Aktie also eine 150-Prozent-Chance. Nur will so recht kein Anleger mehr daran glauben, auch wenn der aktuelle Börsenwert von 56 Millionen Euro zu rund der Hälfte durch den Emissionserlös unterlegt ist und das aktuelle KGV bei rund sechs liegen soll.
Wie geht es nun weiter? Bis Anfang Dezember will GCPC seine Neun-Monats-Ergebnisse publizieren und auf diese Weise Kaufargumente liefern. Dem Vernehmen nach soll das Unternehmen auch darüber hinaus noch ein paar positive Meldungen im Köcher haben. Zudem kursieren Gerüchte, wonach der GCPC-Vorstand seinen Anteil an der eigenen Aktie aufstocken will. Unterm Strich scheint es daher wohl sinnvoll, in der Aktie investiert zu bleiben.
Vermutungen, wonach sich auch das chinesische Management auf der Verkäuferseite befunden habe, stimmen vermutlich aber nicht. Gemäß dem Emissionsprospekt haben sich die Altaktionäre zu einer harten Lock-up-Frist von zwölf Monaten für 25 Prozent ihrer Aktien und 18 Monaten für die verbleibenden 75 Prozent verpflichtet. Sicher scheint hingegen, dass die Anleger bei künftigen China-Emissionen von VEM ziemlich genau hinschauen werden.
Quelle: http://www.boerse-online.de/aktien/neuemissionen/493671.html?p=1
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