Intershop: Reden übers Unaussprechliche Außerordentliche Hauptversammlung bei der Intershop AG in Jena. Einblicke in die außerordentliche Hauptversammlung der Jenaer Intershop AG: Das Donnergrollen kam zu spät. Als gestern Nachmittag ein Unwetter am Intershop-Turm vorbeizog, war die wichtigste Entscheidung bei der außerordentlichen Hauptversammlung des Softwareherstellers schon gefallen. Jena. Der Aufsichtsrat Michael Sauer, den Aktionäre abwählen wollten, war von sich aus gegangen. AG Vorstand Michael Sauer. Nach einer hitzigen Debatte hatte der in Hemd, Jeans und Turnschuhen angetretene Inhaber eines Kölner Musikgerätehandels seinen Rücktritt erklärt. Ich werde jetzt gerichtlich klären lassen, was ich sagen darf, verabschiedete er sich bis zur nächsten Hauptversammlung. Sein Nachfolger möge aber bitte ein Auge auf das Unaussprechliche haben. Damit meint er wohl ein Geschäft, das der Intershop-Vorstand vorbereitet. Aus Angst, Details könnten an die Öffentlichkeit dringen, hatte der Vorstand eine Einstweilige Verfügung gegen Sauer erwirkt. Sollte er dennoch Informationen preisgeben, müsse er 250 000 Euro zahlen. Offenbar geht es um ein Geschäft, das Intershops Zukunft beeinflusst. Gestern traf in der Redaktion ein anonymer Brief ein. Darin wird behauptet, dass der Vorstand einen Vertrag gegen das Wohl Intershops mit einem US-Kontrahenten abschließen wolle. Das Produkt Enfinity werde für einen Bruchteil des Wertes verramscht. Schon während der Sitzung hatte Vorstand Peter Mark Droste versprochen, dass nicht geplant sei, die Firma zu verramschen. Sein Kollege Henry Göttler zeigte sich nach der Versammlung erleichtert. Intershop stand schon einige Mal vor dem Abgrund. Auch diesmal haben die Aktionäre ein gutes Näschen bewiesen, sagte der Vorstand, der seit 2008 im Amt ist, dessen Vertrag aber genau wie jener von Dr. Ludger Vogt in diesem Jahr ausläuft. Der verbliebene Aufsichtsrat Benedikt Wahler sagte, Sauer und der schon zurückgetretene Aufsichtsratschef Joachim Sperbel wollten alle drei Vorstände rauswerfen und durch einen branchenfremden Manager ersetzen. Nach der gestrigen Entscheidung scheint nun aber die Zukunft der Vorstände gesichert zu sein. Sperbel selbst war erst gar nicht zur Hauptversammlung erschienen. Ich habe die Ehre, die Guillotine gegen mich selbst zu bedienen, obwohl andere darunter gehören, sagte Sauer, dem die Aktionäre indes mit 88,16 Prozent die Versammlungsleitung entrissen. Die Aktionäre erlangten in einer hitzigen Debatte einen Einblick, welches Regime Sauer führte. So hatte er Andreas Riedel, Mieter in einem seiner Häuser, als Vorstandschef vorgeschlagen und inthronisiert. Jedoch erzählte Sauer auch, dass er maßgeblichen Anteil daran habe, dass dieser wieder rausflog. Er habe extra einen Privatdetektiv in der Schweiz engagiert, um nachzuweisen, dass Riedel Geld an eine Briefkastenfirma transferierte. Kurios: Sauer fühlt sich von Intershop bespitzelt. Er habe ein Gutachten vorliegen, wonach sein E-Mail-Postfach von Intershop-Servern aus angezapft worden sei und auch der Hauptkonkurrent Intershops seine Post mitgelesen habe. Der neue Intershop-Aufsichtsrat: Bernhard Wöbker, Benedikt Wahler und Peter von der Howen (von links). Die Anteilseigner kritisierten, Sauer habe wegen seines laienhaften Rechtsverständnisses unnötig einen Streit vom Zaum gebrochen, der vor Jahren Intershop beinahe in der Existenz bedroht habe. Zudem habe er Intershop in eine geregelte Insolvenz führen wollen, nur um aus dem Mietvertrag mit dem Eigner des Intershop-Turmes herauszukommen. Nach Sauers Abschied dürfte nun Ruhe im Jenaer Turm einkehren. Der Vorstand hat wieder Zeit, sich nach dem Rekordergebnis des vergangenen Jahres aufs Geschäft für 2010 zu konzentrieren. War das Donnergrollen womöglich der Weckruf? www.otz.de/startseite/detail/-/specific/Intershop-Reden-uebers-Unaussprechliche-197314849 |