MorphoSys AG - "Sehr viel versprechend" - 12.10.2004 Biotech-Unternehmen meldet Erfolg bei der Entwicklung eines Antikörpers gegen Krebs
(smartcaps-Redaktion Frankfurt am Main)
Die MorphoSys AG hat bei einer Fachkonferenz in Irland erste viel versprechende Daten für ihr Krebs-Antikörperprogramm MOR202 präsentiert. Das Biotech-Unternehmen aus Martinsried entwickelt derzeit ein Mittel gegen Multiples Myelom. Bei dieser Blutkrebsart werden im Knochenmark zu viele maligne Plasmazellen produziert. Der von MorphoSys hergestellte Antikörper richtet sich gegen ein bestimmtes Zielmolekül mit dem Namen CD38, das auf der Oberfläche bestimmter Krebszellen stark überrepräsentiert ist. Nun konnte die Biotech-Firma erste Daten aus In-vitro-Versuchen und Tierexperimenten vorlegen. Bevor die klinischen Studien beginnen, will MorphoSys das Antikörper-Programm MOR202 in eine Partnerschaft einbringen.
MOR202 soll Blutkrebs bekämpfen
Die In-vitro-Untersuchungen zeigten anhand von Zelllinien bestimmter Blutkrebsarten und an Tumormaterial von Patienten, dass der Antikörper Krebszellen effizient abtöten kann. Im Tierversuch erhielten tumortragende Mäuse das Mittel, wobei sowohl das Antikörperkonstrukt, als auch die Dosierung und die Verabreichungsschemata variiert wurden. Die Behandlung verzögerte in allen Fällen das Wachstum des Tumors. In manchen Fällen war am Ende des Beobachtungszeitraumes kein Tumor mehr nachweisbar. „Diese ersten präklinischen Ergebnisse zu unserem neuen Krebs-Programm MOR202 sind sehr viel versprechend", sagte Simon Moroney, der Vorstandsvorsitzende der MorphoSys AG. „Wir glauben, mit dem Zielmolekül CD38 einen interessanten Ansatzpunkt gewählt zu haben, um die Therapie verschiedener Blutkrebsarten langfristig zu verbessern." Derzeit überleben bei Multiplem Myelom nur rund 30 Prozent der mit der Standardtherapie behandelten Patienten länger als fünf Jahre.
Zwei weitere Antikörper in der Pipeline
MorphoSys hat für den neuen Antikörper mehrere Patentanmeldungen in den USA eingereicht. Im nächsten Schritt wird es darum gehen, einen Partner zu finden, der gegen Lizenzgebühren die kostspieligen klinischen Tests an Patienten übernimmt. In der Regel gibt es zum Einstand eine Zahlung im einstelligen Millionenbereich. Werden die nächsten klinischen Etappenziele erreicht, fließt mehr Geld. Allerdings ist das Risiko, dass MorphoSys leer ausgeht, hoch: In der ersten klinischen Phase scheitern 90 Prozent der Medikamente. Zurzeit forscht das Biotechnologie-Unternehmen an drei eigenen Antikörpern. Ein Antikörper mit dem Namen MOR101 wird zur Behandlung von Brandverletzungen entwickelt. Nach Angaben des Unternehmens gibt es derzeit keine spezifische Behandlung für diese Erkrankung. Der dritte Antikörper, MOR102, soll zunächst gegen Schuppenflechte eingesetzt werden. Später soll auch eine Anwendung bei rheumatoider Arthritis möglich sein.
Auf Wunsch designte Antikörper
Bei der Entwicklung neuer Antikörper bedient sich MorphoSys bei HuCAL. So heißt die firmeneigene Bibliothek, die mehr als 12 Milliarden verschiedene Antikörper enthält. Doch dieses Antikörper-Nachschlagewerk dient nicht nur der eigenen Forschung. Das Biotechnologie-Unternehmen leiht HuCAL auch an Kooperationspartner aus und kassiert dafür Lizenzgebühren. Die Partnerfirmen können die Bibliothek dann nutzen, um selbst therapeutische Antikörper zu entwickeln. Neuerdings vermarktet MorphoSys aber auch Antikörper im nicht-therapeutischen Bereich. Die neue Geschäftseinheit „Antibodies by Design" stellt Antikörper nach Wunsch für industrielle und akademische Forschungseinrichtungen her.
Mit HuCAL nach Japan
Mit HuCAL will MorphoSys nun auch den japanischen Markt erobern. Die Biotech-Firma schloss eine strategische Marketing-Vereinbarung mit der GeneFrontier Corporation in Tokio. Erste Forschungsprojekte mit japanischen Firmen waren schon zuvor erfolgreich abgeschlossen worden. Die neue Kooperationsvereinbarung, die sich über mehrere Jahre erstreckt, sieht Investitionen beider Partner sowohl in die Gewinnung neuer Kunden, als auch in ergänzende Marketing-Maßnahmen in Japan vor. Die Zusammenarbeit solle der Strategie von MorphoSys dienen, nun auch geographisch in neue Märkte vorzustoßen, teilte das Unternehmen mit. „Diese Zusammenarbeit ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, unsere HuCAL-Technologie weltweit als Industriestandard für die Entwicklung therapeutischer Antikörper und als Forschungswerkzeuge zu etablieren", erläuterte Vorstandschef Moroney.
Japan - das Biotech-El-Dorado
Dabei ist Japan besonders attraktiv: Die Insel ist nach den USA der zweitgrößte Pharmamarkt der Welt. Wegen seiner liberalen Gesetzgebung ist Japan zudem besonders bei Biotech-Unternehmen beliebt. Darüber hinaus unterstützt die japanische Regierung die heimische Biotech-Wirtschaft mit Milliardenbeträgen und zeigt sich neuen Technologien gegenüber äußerst aufgeschlossen. „Japan sucht intensiv nach neuen innovativen Technologien aus dem Life-Science-Bereich, um seinen Wachstumskurs fortzusetzen", betont Makoto Ogasawara, der Vorstandsvorsitzende der GeneFrontier Corporation.
Technologie-Einkauf
Doch MorphoSys vermarktet nicht nur sein eigenes System, sondern kauft auch Technologien anderer Anbieter ein. So schloss das Unternehmen einen Lizenzvertrag mit der niederländischen Crucell N.V. über eine Zelllinien-Technologie. Diese können die Martinsrieder nun in ihren eigenen Antikörper-Programmen einsetzen und auch ihren Partnern zur Verfügung stellen. Außerdem verfügt MorphoSys über eine Option, eine weiterführende Lizenz für die Produktion von Antikörpern im klinischen und kommerziellen Maßstab zu erhalten. „Ein zentraler Bestandteil unserer Firmenstrategie ist es, zu jedem Zeitpunkt eine Führungsposition in technologischer Hinsicht einzunehmen. Dies erreichen wir, indem wir die neuesten Innovationen bei Produktionssystemen für Antikörper in unsere Plattform integrieren", erklärt Moroney.
Vielleicht eine schwarze Null
Das Geschäftsmodell von MorphoSys scheint also zu funktionieren. Denn auch die Halbjahresbilanz kann sich sehen lassen: Umsatz um mehr als 20 Prozent auf 8,8 Mio. Euro gesteigert, Netto-Verlust um 84 Prozent auf 0,8 Mio. Euro gesenkt. Für das Gesamtjahr peilt die Biotech-Firma einen Erlös von 21 Mio. Euro an, das wären fast 40 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Unter dem Strich prognostizieren die Martinsrieder ein Minus von 1,8 Mio. Euro. Es könnte aber auch besser kommen: „Wir schließen nicht aus, wenn wir ein extrem gutes zweites Halbjahr haben, dass wir die Gewinnschwelle erreichen können", sagte Finanzvorstand Dave Lemus im smartcaps-Interview.
Auch an der Börse macht sich MorphoSys gut. Binnen Jahresfrist hat sich der Kurs der Aktie mehr als verdreifacht. Die guten Nachrichten aus den Biotechnologie-Labors ließen den Wert des Papiers nun um über zehn Prozent nach oben schnellen. Aktuell notiert der Anteilsschein bei 28,30 Euro - das ist Jahresbestleistung.
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