Die Sonne mit ihrer Energie soll das Rückgrat der Wasserstoffwirtschaft werden.
"Geniales Konzept"
"Die solarthermische Herstellung von Wasserstoff aus Wasser ist ein sehr attraktiver chemischer Prozess", sagt Aldo Steinfeld. Er forscht am Institut für Energietechnik der ETH Zürich und leitet das Labor für Solartechnik des Paul Scherrer Instituts in Villingen. Die Sonne schreibt keine Rechnung für die Lieferung ihrer Energie, es entstehen keine Treibhausgase bei der Reaktion, und theoretisch reicht ein Tausendstel der irdischen Landfläche, um mit Solaranlagen wie in Alméria den Energiebedarf der Erde zu decken.
"Die direkte Wasserspaltung wäre ein geniales Konzept, doch bislang fehlt eine wirksame Technik, um den Wasserstoff bei hohen Temperaturen vom Sauerstoff zu trennen", sagt Steinfeld. Wenn die Stoffe zusammenbleiben, gibt es nur einen gewaltigen Knall und sie vereinigen sich wieder zu Wasser. Mehr als 2500 Grad Celsius sind nötig, um Wasser in seine Bestandteile zu zerlegen - und das sind Temperaturen, die mit einer technischen thermischen Solaranlage ohnehin nicht erreicht werden können.
Theorie versus Praxis
Also nehmen die Solarforscher einen Umweg über so genannte thermochemische Kreisprozesse. Die einzelnen Projekte unterscheiden sich zwar, aber das Prinzip ist immer gleich. Die Spiegel leiten die Sonnenstrahlen auf einen so genannten Receiver. Das ist ein poröser - meist schwarzer - Keramikblock, der sich unter der Sonneneinstrahlung aufheizt.
Diese Wärme nutzen die Wissenschaftler, um aus einem Metalloxid Sauerstoff abzuspalten. Der Sauerstoff verflüchtigt sich, und anschließend reagiert diese reduzierte Verbindung mit Wasserdampf wieder zu dem ursprünglichen Metalloxid und zu Wasserstoff. Der wird aufgefangen, in Flaschen abgefüllt und kann nach der Fahrt aus der Wüste als Energiespeicher Autos antreiben, Häuser heizen oder Stadien beleuchten. So die Theorie. Die Praxis ist allerdings noch ein paar Grad Celsius von der Theorie entfernt.
In Sonnenöfen erprobt
Die Schweizer benötigen 2000 Grad Celsius. Die Kölner sind etwas bescheidener. Sie verwenden 1200 Grad Celsius. In so genannten Sonnenöfen - kleinen Laboranlagen, die das Sonnenlicht auf dem Weg zum Reaktor noch mehrfach verstärken - funktionieren beide Methoden zur Wasserstoffproduktion einwandfrei. Diese Experimente lassen Prozesswirkungsgrade von 40 Prozent erwarten. Damit wäre das Verfahren wesentlich effektiver als die Wasserelektrolyse mit solarthermischem Strom, die nur Gesamtwirkungsgrade von rund 25 Prozent erreicht.
Der unschlagbar günstigste Weg zu Wasserstoff ist jedoch nach wie vor die Dampfreformierung von Erdgas. Erst wenn die Kosten für fossile Rohstoffe massiv steigen, wird Wasserstoff aus Sonnenenergie - ob chemisch oder elektrisch - ökonomisch interessant.
Noch ist die Technologie ohnehin nicht für die Produktion in großem Maßstab geeignet. Noch müssen die Forscher ohne die Sonnenöfen auskommen. "Wir haben Mühe, in einem geschlossenen Reaktorkonzept auf den Türmen Temperaturen von mehr als 1050 Grad zu erzeugen", sagt Christian Sattler, Leiter des Fachgebiets Solare Stoffumwandlung am DLR in Köln.
An der Temperaturschraube drehen
Die Forscher wollen die Technik so verfeinern, dass sie auch mit weniger hohen Temperaturen funktioniert. Auch die Schweizer drehen an der Temperaturschraube. Sie arbeiten mit Kohlenstoff aus Holz, um die Temperatur für den Schritt vom Zinkoxid zum Zink zu senken. "Damit reduziert sich die Reaktionstemperatur von 2000 auf knapp 1300 Grad Celsius", sagt Steinfeld. Das langfristige Ziel sei es, den Zyklus rein thermisch ohne Kohlenstoff zu betreiben. "Wir machen jetzt den Zwischenschritt, um die Solartechnologie schon im großen Maßstab zu demonstrieren." Und das funktioniert. Mit einer 500-Kilowatt-Anlage stellen die Forscher Zink aus Zinkoxid her.
Die entscheidende Frage hinter all diesen Technologien ist: Wird es einen Markt für Wasserstoff als Energieträger der Zukunft geben? Bislang ist Wasserstoff schlicht eine Chemikalie und wird vor allem über die so genannte Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen.
Joachim Nitsch, Leiter der Abteilung Systemanalyse und Technikbewertung am Institut für technische Thermodynamik des DLR in Stuttgart, sieht noch viel Zeit verstreichen. Er schätzt, "dass die Wasserstofftechnologie in 20 Jahren ökonomisch attraktiv sein wird". |