Übernahme von Freenet möglich. Der Mobilfunkanbieter Drillisch treibt die Konsolidierung des Mobilfunk- und DSL-Marktes voran: Das Unternehmen aus Maintal hat gemeinsam mit dem DSL-Anbieter United Internet ein Joint Venture gegründet, das die Übernahme des Rivalen Freenet erwägt. Drillisch und United Internet beteiligen sich zu jeweils 50 Prozent an einer neu gegründeten Holding.
DÜSSELDORF. Drillisch bringt dabei 24,5 Prozent seiner knapp 29 Prozent Anteile an Freenet ein. United Internet zahlt 151,3 Mill. Euro in bar und als Darlehen für das Gemeinschaftsunternehmen. In einer Börsenpflichtmitteilung gaben beide Unternehmen an, dass sie sich alle Optionen offenhalten, „insbesondere die Beteiligung an der Freenet AG noch weiter zu erhöhen, gegebenenfalls die Freenet AG auch vollständig zu übernehmen“. Das Kartellamt muss den Zusammenschluss noch genehmigen. Die drei Unternehmen lehnten gestern eine Stellungnahme ab.
Freenet ist erst im März nach zahlreichen Anfechtungsklagen mit seiner Mobilfunktochter Mobilcom verschmolzen und bietet seitdem DSL-Anschlüsse und Mobilfunkverträge unter einem Dach an. Drillisch ist vor rund einem Jahr bei Freenet eingestiegen und hat seinen Anteil seitdem sukzessive erhöht. Ziel von Drillisch-Chef Paschalis Choulidis ist, Freenet wieder in Mobilfunk- und DSL-Anbieter zu zerschlagen und das Mobilfunkgeschäft anschließend mit dem eigenen Unternehmen zu verschmelzen.
Freenet-Chef Eckhard Spoerr hatte sich lange gegen eine Zerschlagung seines Unternehmens gewehrt, vor einigen Wochen aber dem Druck der Großaktionäre nachgegeben. Neben Drillisch hat Hedge-Fonds-Manager und Freenet-Aktionär Florian Homm auf eine Zerschlagung gedrängt. Hintergrund ist die Überlegung, dass ein Teilverkauf höhere Erträge bringt.
Stephan Howaldt, Manager des britischen Fonds Hermes Focus Asset Management, der gut fünf Prozent an Freenet hält, begrüßte das neue Gemeinschaftsunternehmen. „Drillisch und United Internet sind logische Partner für Freenet in der notwendigen Konsolidierung des Marktes“, sagte er dem Handelsblatt.
Sowohl der Markt der Mobilfunkdienstleister als auch der der DSL-Anbieter steht vor einer Konsolidierung. Experten gehen davon aus, dass im Mobilfunk langfristig sogar nur noch Platz für einen einzigen Anbieter ist. Derzeit sind es noch vier. Dienstleister wie Drillisch oder Freenet besitzen kein eigenes Netz, sondern verkaufen Produkte der Netzbetreiber wie T-Mobile oder Vodafone auf eigenen Namen und Rechnung weiter. Im gesättigten Mobilfunkmarkt ist aber zunehmend weniger Platz für diese Vermittler. Debitel hatte Anfang Juni Talkline übernommen und beherrscht nun 61 Prozent des Marktes. Drillisch käme zusammen mit Freenet auf ein Drittel. Weitere fünf Prozent der Kunden besitzt Phonehouse. Das langfristige Ziel von Choulidis ist, einen einzigen Mobilfunkdienstleister zu schaffen.
United-Internet-Chef Ralph Dommermuth hat bislang stets betont, er interessiere sich nur für das DSL- Portal- und Hosting-Geschäft von Freenet. Mit der Übernahme dieser Teile von Freenet würde er seinen DSL-Marktanteil von aktuell rund zwölf auf gut 18 Prozent ausbauen. United Internet ist derzeit hinter der Deutschen Telekom Nummer zwei auf dem Breitbandmarkt. Dort tummeln sich insgesamt sechs Anbieter – zu viele, nach Meinung von Beobachtern. Neben Freenet gilt Versatel mit einem Marktanteil von sechs Prozent als weiterer Übernahmekandidat.
Drillisch und United Internet dürften versuchen, noch in diesem Jahr die Kontrolle über Freenet zu erlangen. Dann können sie die Verlustvorträge in Höhe von rund drei Mill. Euro steuerlich geltend machen. Wegen der Unternehmensteuerreform ist das im kommenden Jahr nicht mehr möglich.
Der Dienstleister Freenet
Eigentümer: Gut 49 Prozent an Freenet befinden sich in den Händen von sechs Großaktionären – darunter vier Private-Equity-Gesellschaften. Der Konkurrent Drillisch ist mit 28 Prozent größter Aktionär.
Geschäft: Als Mobilfunk-Dienstleister ist Freenet Nummer zwei, im DSL-Markt Nummer fünf. 2006 betrug der Umsatz rund zwei Mrd. Euro, der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 147 Mill. Euro.
Wert: Experten bewerten Freenets Einzelteile höher als das gesamte Unternehmen. SES Research sieht den Wert der einzelnen Teile bei rund zwei Mrd. Euro, die Marktkapitalisierung von Freenet liegt bei 1,5 Mrd. Euro. [23.09.2007] Von Sandra Louven |