MPC übernimmt Ferrostaal - und womöglich sich selbst von Kathinka Burkhardt, Angela Maier, Kirsten Bialdiga
Das Handelshaus MPC kämpft bereits mit seiner angeschlagenen Fondsgesellschaft. Nun halst es sich durch den Kauf von Ferrostaal eine weitere Bürde auf. Eine Analyse.
Die Überraschung hätte kaum größer sein können: Wenn das hanseatische Handels- und Dienstleistungsunternehmen MPC Münchmeyer Petersen & Co., kurz MPC Holding, in den vergangenen Monaten von sich Reden machte, dann durch Rettungsaktionen bei MPC Capital. Dieses börsennotierte Emissionshaus, an dem MPC Holding 25,25 Prozent hält, leidet seit Jahren unter der Krise in der Schifffahrtsbranche. Erst Mitte des Jahres musste MPC Capital einen seiner Schifffonds abwickeln, weil zu wenig Geld dafür zusammen gekommen war. 2010 musste der Fondsanbieter sogar vor der Pleite gerettet werden. Jetzt also übernimmt MPC Holding, ein Mittelständler mit 700 Mitarbeitern, den krisengeschüttelten Projektentwickler Ferrostaal. Für die Inhaber, Axel Schroeder und seine Söhne Axel und John Benjamin ein Mammutgeschäft. Zumindest müssen sie von dem Kaufpreis von bis zu 160 Mio. Euro nur einen Bruchteil selbst aufbringen: Verkäufer MAN legt Ferrostaal 110 Mio. Euro in die Kasse, weitere 50 Mio. Euro werden erfolgsabhängig aus künftigen Ferrostaal-Gewinnen gezahlt. Auch hilft den MPC-Inhabern ein Investor aus Abu Dhabi. Dieser habe Interesse daran, bei Projekten von Ferrostaal in der Region beteiligt zu sein, sagt MPC-Chef Axel Schroeder senior. Einen der Staatsfonds aus der Region schloss Schroeder aus. Doch wie will MPC Ferrostaal sanieren, einen weltweit tätigen Dienstleister mit 5300 Angestellten? "Wir bringen dafür die nötigen Ingredenzien mit", sagt Schroeder. Neben MPC Capital, die den größten Umsatz macht, sind die Hamburger im Schiffbau und im Stahlhandel tätig. Letzteres seit 2008 über ein Joint Venture mit Ferrostaal. Bereits vor vier Jahren hatte Ferrostaal sein Stahlbaugeschäft in dieses von MPC initiierte Joint Venture eingebracht, als sich die Essener auf den petrochemischen Anlagenbau, Biokraftstoffe und Solaranlagen spezialisieren wollten. Schon damals war MPC am Gesamtkauf von Ferrostaal interessiert, zog aber gegen dem arabischen Staatsfonds IPIC den Kürzeren. Wenig später flog eine Korruptionsaffäre auf, die den Konzern monatelang beschäftigte. Die Übernahme durch die neue Gesellschaft MPC Industries ist nicht ohne Risiko: Für dieses Jahr rechnet MPC bei Ferrostaal mit 60 Mio. Euro Verlust. Dennoch glaubt Schroeder, dass sich der Schaden aus der Korruptionsaffäre in Grenzen hält. Vor allem im Ausland sei der Ruf gut: "Wir glauben fest, dass Ferrostaal nächstes Jahr wieder schwarze Zahlen schreibt". MAN-Kreisen zufolge übernimmt MPC alle Risiken, trotz einiger laufender Ermittlungsverfahren im Ausland. Ferrostaals Gläubiger seien hocherfreut über die gefundene Lösung, hieß es bei MAN. Die Banken hatten sich wegen des Streits zuletzt gesperrt, weitere Garantien zu gewähren. MPC will bei Ferrostaal den verbliebenen drei Vorständen neue Manager zur Seite stellen. Obwohl MPC und Ferrostaal auf lange Sicht verschmelzen sollen, seien keine großen Entlassungen geplant - und keine Zerschlagung. Die Projekte in den Bereichen Infrastruktur, Öl- und Gasförderung und Bau von Windparks und Solaranlagen sollen auch der MPC Capital nutzen. "Natürlich ist sie ein großer Profiteur, weil mit den Ferrostaal-Projekten neue Produkte und Fonds möglich sind", sagt Schroeder. Er will, sobald das Kartellamt den Kauf abgesegnet hat, in den Aufsichtsrat ziehen. Kreisen zufolge ging die Initiative zur Übernahme von MPC aus - namentlich Klaus Lesker. Der Ex-Ferrostaal-Vorstand, einst bei Ferrostaal sogar als Kronprinz gehandelt, war im April 2010 infolge der Korruptionsaffäre ausgeschieden. Wenig später holte Schroeder ihn als Finanzvorstand zur MPC Holding. Lesker hatte vor Monaten Vertraute bei Ferrostaal wegen des Interesses von MPC kontaktiert. Ein Ferrostaal-Manager sprach auf einer Aufsichtsratssitzung des Essener Konzerns im Juli MAN-Finanzvorstand Frank Lutz an, ob Lutz Gespräche mit MPC aufnehmen wolle. Was dieser tat. "Den eigentlichen Schub für die Einigung mit IPIC gab, dass wir einen Käufer gefunden haben, der uns Ferrostaal wieder abnimmt", sagte Lutz der FTD. Trotz laufender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hält Schroeder an Lesker fest. "Herr Lesker genießt unser vollstes Vertrauen und ist ein wichtiges Asset für unsere Pläne mit Ferrostaal", sagt Schroeder. Die Vorwürfe würden sich aufklären. |