Biotechnologie
Morphosys-Aktie eine Perle im TecDax
01. November 2004 Wer vor Jahresfrist damit begonnen hat, etwa mit einem börsengehandelten Indexfonds auf den TecDax zu setzen, hat wenig Freude an seiner Anlage. Gut neun Prozent hat der technologielastige Nachfolger des Neuen Markts seit Anfang November 2003 verloren. Doch sieht es nicht durch die Bank weg trübe aus im TecDax. Vor allem zwei Biotech-Titel zählen zu den (wenigen) Gewinnern: GPC Biotech haben um knapp 20 Prozent zugelegt - und die Aktie von Morphosys sogar um mehr als das Zehnfache: Ein Plus von 211 Prozent steht bei ihr zu Buche. Seit Jahresbeginn ist ein Kursgewinn von 165,5 Prozent aufgelaufen. Damit ist dieses Papier einsame Spitze im TecDax.
Der Titel des Münchener Unternehmens ist seit Monaten eine Wette auf die Ertragswende. Sabine Eberhardt, Analystin von Merck Finck & Co., hat schon Ende April nach dem gemeldeten Umsatzplus von 14 Prozent und einem Nettoergebnis von 466.000 Euro im ersten Quartal gemeint, die Ertragswende werde spätestens 2005 gelingen. Vielleicht wird dies auch schon in diesem Jahr der Fall sein, meinte sie im Mai. Zuvor hatte Morphosys mit dem schweizerischen Pharmakonzern Novartis eine millionenschwere Kooperation bei der Antikörperforschung geschlossen.
Nach neuen Aussagen der Unternehmensspitze ist Eberhardt einen Tick zu zuversichtlich gewesen, doch ihre grundsätzliche Aussage ist nun in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” (FAS) bestätigt worden: Das Biotechnologieunternehmen Morphosys hat bekräftigt, im nächsten Jahr profitabel zu werden. Davon dürfte die Aktie zu Wochenbeginn und danach profitieren. Vorbörslich ist sie leicht höher gehandelt worden, nachdem sie am Freitag mit einem Abschlag von 3,28 Prozent bei 30,40 Euro aus dem Handel gegangen war.
Erste Produkte könnten 2009 marktreif sein
„Wir bleiben dabei: Dieses Jahr bringt noch einen kleinen Verlust", sagte Vorstandschef Simon Moroney der FAS. Auf die Frage nach dem nächsten Jahr antwortete Moroney, dann „steigern wir den Umsatz um mindestens 15 Prozent, legen ein positives Ergebnis vor und schließen die Entwicklung zur Profitabilität ab.” In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres erzielte Morphosys einen Überschuß von 1,3 Millionen Euro.
In fünf Jahren könnten erste Produkte marktreif sein, ergänzte Moroney. Pharmakonzerne wie Pfizer entwickelten kein Produkt, das nicht mindestens 500 Millionen Dollar pro Jahr verspreche. „Unsere Tantieme daran liegt im mittleren einstelligen Prozentbereich.” Auf die Frage, wann dieses Geld fließe, antwortete Moroney: „Wir haben 28 Programme in aktiven Partnerschaften - so viele wie nie zuvor. Das schnellste könnte ein Antikörper sein, den wir mit GPC Biotech entwickeln.” Wenn alles gut gehe, könnte er 2009 auf dem Markt sein. „Weitere zwei Produkte können 2005 in die Klinik kommen.”
Morphosys entwickelt und wendet Technologien zur Herstellung synthetischer Antikörper für die Medikamentenforschung an. Die Option zu eigenen Produkten bestehe, sagte Moroney weiter FAS. „Wir gehen den Weg aber mit Partnern. Für kleine Unternehmen ist es fast unmöglich, im Alleingang Produkte bis zur Marktreife zu entwickeln.”
Morphosys arbeitet inzwischen „cash-neutral”
Nach eigenen Angaben hat Morphosys rund 31,8 Millionen Euro in der Kasse - das ist knapp ein Fünftel der Marktkapitalisierung. Die Frage, wie lange das Geld noch reiche, stelle sich indes nicht mehr. Denn das Unternehmen arbeite „cash-neutral”, erwirtschaftet also seine Kosten selbst. Das Neunmonatsergebnis zeigt, daß Morphosys auf dem richtigen Weg ist. Die Ertragswende wäre ein Meilenstein für ein deutsches Biotechnologie-Unternehmen, denn in der Branche wird gemeinhin auch und gerade wegen der langen Entwicklungszeit und des beträchtlichen Risikos des Scheiterns noch Geld verbrannt, zum Beispiel bei GPC.
Dabei hat Morphosys noch mehr Geld auf dem Konto, als das Unternehmen nach eigener Planung zum Jahresende eingenommen haben wird. Nach der angehobenen Umsatzprognose rechnet es mit Erlösen von 22 Millionen Euro. Damit ist die Aktie sicherlich kein Schnäppchen. Morphosys steht aber, gemessen am Geldverbrauch - fundamental besser da als GPC. Und das Kursbild hat sich seit dem Dezember 2002 unter dem Strich zunehmend aufgehellt. Seinerzeit war die Aktie mit 4,69 Euro auf ihrem Tiefpunkt. Seitdem hat sie fast 547 Prozent gewonnen. Sie hat im Zuge dessen ihren langfristigen Abwärtstrend längst hinter sich gelassen und strebt grundsätzlich weiter aufwärts.
Um sich aus technischer Sicht weiteres Kurspotential zu erschließen, müßte die Hürden bei 31,70 Euro (ein Zwischenhoch aus dem Mai 2002) und das bisherige Jahreshoch bei 32,50 Euro nehmen. Angesichts der Geschäftsentwicklung dürfte die Wette auf die Ertragswende aufgehen und die Aktie gute Chancen haben, ihre Rolle als Perle im TecDax weiter zu spielen.
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