Ich hab es euch gesagt,die sind bewaffnet. Chiracs Drohungen verhallen Randalierer schießen auf Polizisten [Bildunterschrift: Nächste Stufe der Gewalt: In Grigny schossen die Randalierer mit Schrotkugeln auf die Polizisten.] Trotz Aufrufen der französischen Regierung zu Ruhe und Ordnung haben randalierende Jugendliche Brandstiftungen und Straßenkämpfe mit der Polizei fortgesetzt. Wie die Behörden mitteilten, wurden landesweit insgesamt 1408 Autos angezündet. Die Polizei nahm 395 Menschen fest. Damit waren die Krawalle die schwersten seit Beginn der Ausschreitungen vor elf Tagen.
Bei Auseinandersetzungen mit rund 200 Jugendlichen im Pariser Vorort Grigny wurden mehr als 30 Polizisten verletzt, zwei von ihnen schwer. Jugendliche hätten mit Schrotkugeln auf sie geschossen, teilten die Sicherheitskräfte mit. In anderen Städten rund um Paris, wie in Colombes, Suresne, und Rosny-sous-Bois, wurden Autobusse, Sportzentren und Schulen attackiert. Ein 13 Monate altes Kind ist dabei verletzt worden. Sogar ein großes Fernsehstudio ging in Asnieres, in der unmittelbaren Nähe von Paris, in Flammen auf. Es kam auch zu Plünderungen. Grafik: Wieder brannten Autos in Frankreichs Vorstädten]
Grafik: Auch in Toulouse wurden Fahrzeuge angezündet]
Im südfranzösischen Saint-Etienne besetzten Jugendliche einen Bus und zwangen die Passagiere auszusteigen. Danach setzten sie das Fahrzeug in Brand. Nach Angaben der Behörden wurden der Busfahrer und ein Insasse verletzt. In einer Vorstadt der südfranzösischen Großstadt Toulouse kam es zu Zusammenstößen zwischen Jugendlichen und der Polizei. Randalierer in Nantes, Rennes und Orléans setzten zahlreiche Autos in Brand. Insgesamt gingen im ganzen Land mindestens 830 Autos in Flammen auf, knapp 190 meist jugendliche Randalierer wurden festgenommen. Chirac fordert Ruhe und Ordnung [Bildunterschrift: Besorgte Staatsführung: Premier de Villepin und Präsident Chirac drohen den Randalieren.] Am Abend hatte Präsident Jacques Chirac nach einem Treffen des nationalen Sicherheitsrats erklärt, die "Wiederherstellung der Sicherheit und Ordnung" habe oberste Priorität. Es war seine erste öffentliche Stellungnahme seit Beginn der Unruhen. "Jene, die Gewalt oder Angst säen wollen, werden gefasst, verurteilt und bestraft", so Chirac. Um die Krise zu beheben, seien aber auch die Achtung des Einzelnen, Gerechtigkeit und Chancengleichheit nötig, sagte der Präsident. Chirac war heftig kritisiert worden, da er bislang zu der Krise geschwiegen hatte.
Premierminister Dominique de Villepin, der auch an dem Treffen teilgenommen hatte, kündigte eine Aufstockung der Sicherheitskräfte "überall dort, wo notwendig" an. Er betonte, seine Regierung werde keine "gesetzlosen Zonen" akzeptieren. Randalierer würden künftig in Schnellverfahren zur Verantwortung gezogen werden. Morgen will de Villepin im Fernsehen einen Aktionsplan für besonders vernachlässigte Vorstädte vorstellen. Einzelheiten dazu sind noch nicht bekannt. Sarkozy hält sich zurück [Bildunterschrift: Innenminister Sarkozy fachte die Unruhen mit Äußerungen zunächst noch an.] Einen im Gegensatz zu seinen sonstigen Äußerungen etwas zurückhaltenderen Ton fand Innenminister Nicolas Sarkozy. Er forderte die Polizisten auf, mit Respekt vor dem Gesetz und der republikanischen Ethik vorzugehen. Man arbeite für die Bewohner der armen Vorstädte und nicht gegen sie, so Sarkozy wörtlich. Der Minister hatte die Krawalle in der Vergangenheit weiter angeheizt, indem er die Jugendlichen in den Trabantenstädten als "Gesindel" bezeichnete.
"Schwarzes Wochenende" in FrankreichAm Wochenende hatten die sozialen Unruhen in Frankreich dramatische Ausmaße erreicht. In der zehnten Nacht griffen die Krawalle erstmals auch auf das Zentrum von Paris über. Autos wurden in Brand gesetzt. Nach Angaben eines hochrangigen Vertreters aus dem Justizministerium wurden seit Beginn der Unruhen 160 Personen vor Gericht gestellt. Rund 20 seien zu Gefängnisstrafen verurteilt, weitere 30 auf Kaution wieder freigelassen worden. Zudem seien 50 Minderjährige vor Jugendgerichte gebracht worden. Grafik: Die Polizei setzt auf eine Politik der Stärke]
[Bildunterschrift: In einem Vorort von Paris steht ein LKW in Flammen]
Die Unruhen sorgen zunehmend auch im Ausland für Beunruhigung. Russland und die USA warnten ihre Bürger, sich in Pariser Vororte zu begeben. Auch Australien veröffentlichte eine Reisewarnung für Frankreich. Auslöser der Gewaltwelle war der Tod zweier Jugendlicher am 27. Oktober. Sie waren auf der Flucht vor der Polizei in ein Transformatorgebäude eingedrungen und durch einen Stromschlag ums Leben gekommen. |