Magazin | Nr. 2024 (3) KONZERNE„Mir ist das alles oft zu kleines Karo“ Teilen 230 Kommentare E-Mail Teilen Mehr SZ-Summit Wirtschaft nachhaltig denken, 2021 picture alliance / SZ Photo Joe Kaeser, Aufsichtsratschef von Siemens Energy FOCUS-Magazin-Redakteur Matthias Jauch FOCUS-Magazin-Chefautor Thomas Tuma Mittwoch, 17.01.2024, 11:30 Siemens Energy schreibt tiefrote Zahlen – ausgerechnet in der Windkraft-Sparte. Zeit für eine Abrechnung von Aufsichtsratschef Joe Kaeser – mit internen Problemen, aber auch der Ampel.
Die mit einem Symbol oder Unterstreichung gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Kommt darüber ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision - ohne Mehrkosten für Sie! Mehr Infos Himmel und Hölle liegen bei Siemens Energy nah beieinander. Einerseits häuft die Windenergie-Sparte derzeit Milliardenverluste an. Andererseits verdient man mit Gasturbinen weltweit viel Geld. Vielleicht also besser, dass man Aufsichtsratschef Joe Kaeser in Berlin trifft, in einem Büro direkt neben seiner Turbinenproduktion. Auf hohe Drehzahlen kommt der 66-Jährige dann ohnehin schnell.
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Herr Kaeser, Sie sind einer der erfahrensten Manager im Land. Wie erleben Sie Ampel-Politik und Stimmung der Wirtschaft?
Joe Kaeser: Beides korreliert miteinander und zeigt, dass eine Drei-Parteien-Koalition nicht nur ein Novum in der deutschen Geschichte ist, sondern auch eine echte Herausforderung für alle Beteiligten. Entsprechend reserviert erlebe ich die Stimmung im Land, zumal eine Krise die nächste jagt.
Anzeige Was macht den Bundesbürgern vor allem Sorge?
Kaeser: Ich denke, das ist der drohende Wohlstandsverlust. Den erleben einige längst. Andere spüren, dass da Finanzmittel umgeschichtet werden und man nicht so recht weiß, welchen Sinn das alles hat. Andererseits sollte man sich hüten, Deutschland schon wieder den „kranken Mann Europas“ zu nennen.
Immerhin schrumpfte die hiesige Wirtschaft 2023, während alle anderen Industriestaaten wuchsen.
Kaeser: Die Schrumpfung betrifft aber nur das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt und bewegt sich im Nullkomma-irgendwas-Bereich. Der Deutsche Aktienindex Dax hat zuletzt ein Rekordhoch erreicht. Das spricht für die Leistungsfähigkeit der global agierenden Unternehmen. Die erzielen Rekordgewinne und bieten den kleineren und mittleren Zulieferern ebenfalls Chancen.
Wie viel Ampel steckt in der Rezession?
Kaeser: Da geht’s nicht nur um Politik. Ich würde mir eine Wirtschaft wünschen, die mutig Perspektiven aufzeigt, getreu dem alten Spruch: Kurz vor der Morgendämmerung ist die Nacht am dunkelsten.
Ist die Stimmung schlechter als die Lage?
Kaeser: So plakativ will ich es nicht formulieren. Aber es gibt doch viele Unternehmen, die den binnenwirtschaftlichen Herausforderungen durchaus trotzen. Wir sind ein Exportland. Der Fokus auf unseren Heimatmarkt lenkt von anderen drängenden Fragen ab.
Welche wären das?
Kaeser: Wie sichern wir unseren Wohlstand? Was machen wir mit und in Ländern, die aktuell sechs, sieben Prozent jährlich wachsen? Wie können wir von deren Boom profitieren? Was fällt uns etwa zum gesamten afrikanischen Kontinent ein, wo deutsche Unternehmen bislang nur marginal vertreten sind? Oder: Was können wir auf anderen gesättigten Märkten wie etwa Korea oder Japan noch ausrichten?
Das betrifft alles die Welt jenseits unserer Landesgrenzen.
Kaeser: Uns hilft keine Selbstbespiegelung, sondern nur der Blick über den Tellerrand. Denn dort wartet unser künftiger Wohlstand. Und dorthin müssen gerade die großen Unternehmen die Türen öffnen für jenen Mittelstand, der zwar kleiner, aber voller Innovationskraft ist. Er ist eher hier zu Hause, aber nach wie vor ein wichtiges Fundament der deutschen Wirtschaft.
Die Skepsis der Investoren wächst, was den Standort Deutschland angeht. Was werden Sie zu hören bekommen, wenn Sie zum World Economic Forum nach Davos reisen?
Kaeser: Meine Kollegen sehen die Welt meist ganzheitlich und damit global. Da geht es weniger um die deutschen Malaisen, sondern etwa darum, wie eine expansiv ausgerichtete Wirtschaftspolitik der Chinesen die Welt beeinflusst oder verändert. Und ebenso geht es um die ökologische Transformation, die bislang keinen Weg gefunden hat, sich ökonomisch überzeugend darzustellen.
Sie meinen: Letztlich wird auch die schönste Energiewende nicht von Staatshilfen getragen, sondern von funktionierenden Geschäftsmodellen?
Kaeser: Genau darum geht’s. Wo ist das mittel- bis langfristige Geschäftsmodell für eine Energiewende auf breiter Front? Es gibt derzeit keines, wäre die ehrliche Antwort. Damit zusammenhängend fehlt auch der Wille, sich in einem energiepolitischen Dreieck einzuordnen, dem man nicht entkommen kann.
Was genau meinen Sie damit?
Kaeser: Wir bewegen uns in der Energiewelt zwischen drei Punkten: Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit. Man sollte zumindest definieren, wo die Priorität liegt. Aber auch da gibt es keinerlei klare Entscheidung. Erst recht nicht in einer Drei-Parteien-Regierung mit zum Teil sehr unterschiedlichen Präferenzen.
Was bedeutet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts für den Klimatransformationsfonds und die Energiewende?
Kaeser: Das Unternehmen Bundesrepublik muss mit seinem Vorstand, in dem Fall der Regierung, nun circa drei Prozent vom Budget einsparen. Ja und? Wenn ich Aufsichtsratschef eines Unternehmens wäre, wo mir der Vorstand erklärt, dass er seine Kosten keine drei Prozent reduzieren kann – also dann würde ich echt meine Schlüsse ziehen.
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Wo würden Sie selbst auf keinen Fall sparen?
Kaeser: Überall dort, wo dann die Zukunft unseres Landes gefährdet wäre. Ganz vorn: Bildung, Bildung und noch mal Bildung. Danach kommt gleich das Thema Innovation, das es ohne gute Bildung eh nicht geben kann …
… womit wir bei den Zukunftsfeldern sind.
Kaeser: Das kann das Thema Energie sein, künstliche Intelligenz, Mobilität, Gesundheit, Automatisierung… Ohne Mikroelektronik geht das übrigens alles nicht, weshalb ich es auch völlig richtig finde, dass der Bund mit hohen Beträgen neue Chip-Fabriken hier fördern will.
Eine durchaus umstrittene Subvention.
Kaeser: Ich habe einen Großteil meines Berufslebens mit der Halbleiterindustrie verbracht und weiß: Die Wertschöpfung des eingesetzten Kapitals liegt dort bei Faktoren von sieben bis zehn. Da lohnt sich jeder Euro. Und jeder Job schafft viele weitere. Insofern ist es richtig, so eine Schlüsseltechnologie im Land zu halten oder auszubauen …
… wozu es auch Fachkräfte braucht.
Kaeser: Deshalb ist mein dritter unabdingbarer Investitionspunkt neben Bildung und Innovation der Faktor Arbeit – qualitativ wie quantitativ. Es geht um Rekrutierung und damit auch um Zuwanderung. Wissen Sie, wie viel Prozent Energiekosten ein durchschnittliches deutsches Industrieunternehmen hat?
15?
Kaeser: Nur zehn. Aber 16 Prozent der Kosten verschlingt der Faktor Arbeit, der damit um 60 Prozent bedeutender ist als die Energie.
Wir können rechnerisch noch folgen. Aber bei einer Stahlhütte oder einem Chemiebetrieb ist der Energieanteil viel höher.
Kaeser: Stimmt. Wenn wir das Land allerdings als Ganzes betrachten, müssten wir der Politik raten: Kümmert euch noch mehr um den Fachkräftemangel als um die Energiepreise! Mir ist das alles oft zu kleines Karo. Die Energiekosten sind eine ernst zu nehmende Herausforderung und für bestimmte Branchen überlebenswichtig. Aber es gibt eben auch noch andere.
Sie meinen, es gibt keinen großen Plan für Energie- und Klimawende?
Kaeser: Leider gibt es diesen großen Plan wirklich nicht, obwohl er gar nicht so schwer aufzuschreiben wäre. Es ist derzeit noch alles Stückwerk, und nichts davon passt wirklich zusammen.
Woran liegt’s?
Politiker denken oft in Legislaturperioden. Das hilft aber den Unternehmen nicht, die viel mehr zu verlieren haben als eine Wahl. Ein vernünftiger Energieplan müsste mindestens zehn Jahre umfassen, am besten mehrere Dekaden umspannen. Es geht um Rahmenbedingungen und Ziele, nicht um Mikro-Management. Und es wäre dringend nötig, diesen Plan endlich zu entwickeln, der das Wünschenswerte und das Machbare langfristig zusammenbringt. Das ist das große Dilemma der deutschen Energiepolitik.
(Anzeige) Heizkosten in Deutschland Zahlen Sie zu viel fürs Heizen? Sie meinen etwa das Chaos ums Gebäudeenergiegesetz?
Kaeser: Nicht nur. Mal gibt es eine Gaspreisbremse, dann wird sie wieder aufgehoben. Die Debatte um einen Industriestrompreis verwirrt alle. Wir schließen letzte, völlig intakte Atomkraftwerke und setzen nun auf teures flüssiges Gas. Und wenn es nicht reicht, wieder auf Kohle. Mal werden E-Autos mit viel Geld gefördert, jüngst wurde die Hilfe abrupt gestoppt. Wir brauchen auch keine gigantischen Offshore-Windanlagen, wenn noch nicht mal die Leitungen genehmigt sind, die den Strom dann zu den Nutzern im Land bringen könnten. So kann man eine Industrienation wie unsere einfach mittelfristig nicht führen.
Bis 2030 sollen 30 bis 50 neue Gaskraftwerke ans Netz gehen, um die Grundlast sicherzustellen. Kann der Plan noch aufgehen?
Kaeser: Wenn wir das wollten, sollten wir jetzt wirklich anfangen. Dann ist es eine Minute vor zwölf.
Marktführer Siemens Energy hat noch nicht mal Bestellungen?
Kaeser: Die Frage ist ja: Wie passen solche Gaskraftwerke in eine langfristige Energie-Infrastruktur? Wie lange sollen sie laufen, damit sich die Investitionen wirtschaftlich rechnen? Wie lange dürfen sie maximal laufen, damit die Pläne zur angestrebten CO₂-Neutralität umsetzbar werden? Ich habe da bislang keine Antworten erhalten. Eine „Energie-Agenda 2035“ wäre die wichtigste gemeinsame Aufgabe von Politik und Wirtschaft. Dieser Dialog findet aktuell nicht statt …
… sagt der Aufsichtsratschef des Unternehmens, das gerade Staatsgarantien bekommt.
Kaeser: Schön, dass Sie das Thema ansprechen! Denn diese Verhandlungen haben meinen Umgang mit Regierungsstellen zuletzt wirklich nachhaltig beeinflusst, um nicht zu sagen: erschüttert.
Inwiefern?
Kaeser: Es gibt da zwei Welten: Wenn ich mit dem Kanzleramt oder Ministern spreche, stoße ich auf viel Verständnis, Aufmerksamkeit, Respekt und Konstruktivität. Nur leider findet sich das in der Umsetzung darunter oft nicht wieder. Offenbar gibt es dort eigene Vorstellungen, was gut und richtig ist.
Was hatte das mit Ihren Staatsgarantien zu tun?
Kaeser: Da ging viel durcheinander. Siemens Energy hat einen Auftragsbestand von 112 Milliarden Euro. Da muss man bei jedem Vertragsabschluss eine Bürgschaft hinterlegen, dass der Auftrag auch ordentlich ausgeführt wird. Einerseits sind unsere Zahlen natürlich ein großer Erfolg. Andererseits sind die Garantien auf diese Weise enorm gewachsen. Das können irgendwann zwischen 20 und 30 Milliarden sein. Je stärker wir wachsen und je länger die Projekte dauern, je höher also die benötigten Garantien. Für die Banken wird das irgendwann schwierig, weil deren Aufsicht eine Risiko-Streuung vorschreibt.
Also gingen Sie zur Regierung …
Kaeser: … wo das verstanden wurde. In die Öffentlichkeit wurde dann aber gespielt, wir bräuchten Staatshilfen. Es wurde suggeriert, wir bräuchten eine Finanzspritze, was Quatsch ist. Der Witz dabei: Das Paket umfasst insgesamt bis zu 15 Milliarden Euro Garantien. Die Banken geben Garantien in Höhe von 11 Milliarden, der Staat stellt Rückgarantien in Höhe von 7,5 Milliarden bereit. Und der Bund verlangt dafür an Gebühren das Dreifache dessen, was die Banken bislang von uns verlangt haben. Mittlerweile bin sogar ich der Auffassung, dass es sich um Staatshilfen handelt. Aber nicht der Staat hilft uns, sondern wir dem Staat mit bis zu 400 bis 700 Millionen Euro Gebühren. Das ist Fakt. Und da muss man sich als Bundesregierung nicht wundern, wenn Unternehmen ihre Schlüsse daraus ziehen.
Fakt ist aber auch: Dieses Jahr schreibt Siemens Energy einen Rekordverlust von rund 4,5 Milliarden Euro. Haben Sie schon mal überlegt, Ihren eigenen Job zur Verfügung zu stellen?
Kaeser: Wenn es dem Unternehmen hilft, wäre ich der Letzte, der das nicht machen würde. Die Integration der Fusion mit Gamesa ist anfangs gescheitert. Die Bauausführung war also schlecht. Der Bauplan bleibt aber der richtige. Die westliche Windenergiebranche wird generell auf keinen grünen Zweig kommen, wenn die Konsolidierung nicht voranschreitet. Entweder gehen manche Pleite oder fusionieren. Beides ist nicht schön.
Wie viel Prozent des Siemens-Energy-Ärgers ist hausgemacht?
Kaeser: Mindestens die Hälfte. Der Vorstand hat die Fehler immerhin erkannt. Jetzt geht es an die Aufarbeitung und Lösung der Probleme.
Auch Ihre Konkurrenten schreiben Verluste. Dabei müsste das Geschäft in Zeiten der Energiewende doch boomen. Woran liegt’s?
Für die Verluste gibt es drei Gründe. Erstens: Die Inflation hat uns alle voll erwischt. Vor fünf Jahren sind die Verträge für neue Windparks viel günstiger gewesen. Seither liefen uns allen aber die Kosten davon, und es gab keine Preisanpassungsklauseln. Zweitens: Wir sind alle zu schnell gewachsen, was bei uns leider bei manchen Produkten zu enormen Qualitätsproblemen geführt hat. Drittens: Erneuerbare Energien werden für die Verbraucher zwar immer günstiger, aber nicht unbedingt in der Produktion. Dieser Unterschied muss irgendwo kompensiert werden, und da haben die Hersteller gegenüber den Kunden oft das Nachsehen.
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Wo bleibt das „grüne Wirtschaftswunder“, das uns der Kanzler versprochen hat?
Kaeser: Ich bin schon froh, wenn wir kein blaues Wunder erleben (lacht). Nein, im Ernst: Wir brauchen den langfristigen Energieplan. Sonst wird das nichts.
Gleichzeitig stützt auch China seine Unternehmen mit viel Geld. Hochsubventionierte Windkraftanbieter verscherbeln ihre Produkte zu Billigpreisen. Das Wind-Debakel erinnert an den Absturz der deutschen Solarindustrie, die vor gut zehn Jahren auch an der Konkurrenz aus China zugrunde ging, oder?
„Wir brauchen einen langfristigen Energieplan. Sonst wird das nichts“, Joe Kaeser
Kaeser: Bei Solar haben wir einen anderen Fehler gemacht: Gefördert wurde nicht die Innovation, sondern der Konsum. Es gab damit gar keine Motivation für Anbieter, besser zu werden. Der Solarstrompreis war festgelegt. Das rächte sich.
Was könnten wir vielleicht von den USA lernen?
Kaeser: Energiepolitisch kann man von den USA lernen, wie man mit Maß und Ziel Machbarkeiten diskutiert und dann zu gemeinsamen Lösungen kommt. Texas zum Beispiel war bislang ja das Land der Ölbarone. Es verfügt aber auch über viel Wind und Sonne. Die Förderungen durch den Inflation Reduction Act (IRA) haben einen Riesenvorteil: Man muss keine Regalreihen voller Anträge stellen wie in der EU, wo die Fördertöpfe eigentlich größer sind. Sondern man macht erst mal und zieht das später von der Steuer ab.
Die Amerikaner gehen entspannter mit der Energiewende um?
Kaeser: Ja, und sie kommen mit ihrem Pragmatismus entsprechend effizienter zu Ergebnissen. Statt IRA bräuchten wir in Europa dringend einen BRA.
Bitte?
Kaeser: Einen Bureaucracy Reduction Act. Da wird viel zu viel reguliert und verzögert.
Unterm Strich: Ist der Klimaschutz der deutschen Bevölkerung aktuell noch vermittelbar?
Kaeser: Tja … wenn es bislang dem Land gut ging, hatten die Grünen bei Wahlen immer einen hohen Zulauf. Diese bürgerliche Mitte, die auf Basis eines gesicherten Lebensstandards ein ökologisches Gewissen entwickelt hat, kommt der Partei gerade etwas abhanden. Das hat man bei den letzten Landtagswahlen gesehen. Und das ist immer so: Sobald die Basis des eigenen Lebens angegriffen wird, bleiben viele gute Missionen von gestern auf der Strecke. Und dann passierten halt auch noch etliche handwerkliche Fehler, die die Menschen verärgert haben – nicht nur rund ums Gebäudeenergiegesetz.
Trägt die Bundesregierung eine Mitverantwortung für den AfD-Boom?
Kaeser: Zumindest wird die AfD von einer wachsenden Zahl von Menschen gewählt, die mit den anderen Parteien schlicht unzufrieden sind. Ich hoffe, dass Sahra Wagenknechts neue Partei der AfD etwas von ihrer vermeintlichen Größe nimmt bei den nächsten Landtagswahlen. Wünschenswert wäre natürlich ein Erstarken der demokratischen Kräfte der Mitte.
Vor drei Jahren haben Sie der Klimaaktivistin Luisa Neubauer einen Beraterjob im Umfeld des Aufsichtsrats von Siemens Energy angeboten. Sie lehnte ab. Würden Sie’s noch mal versuchen?
Kaeser: Nein. Ich finde es gut, dass sich junge Menschen wie Luisa politisch einbringen. Aber statt nur gebetsmühlenartig die immer gleiche und vermeintlich alternativlose Diagnose zu wiederholen, würde ich mir von den Aktivisten wünschen, dass sie sich an der Suche nach Therapien und dann auch an der Anwendung beteiligen. Nur das brächte ja Verbesserung. Irgendwann habe ich verstanden: Das Geschäftsmodell Aktivistin lässt Therapie gar nicht zu.
Sie duzen Frau Neubauer. Haben Sie noch Kontakt?
Kaeser: Ja, ab und an treffen wir uns auf einen Kaffee und diskutieren. Immerhin eint uns der Respekt vor der Meinung des anderen. Im Gegensatz zu Greta Thunberg hat sich Luisa Neubauer längst weiterentwickelt.
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