von Reuters/hahn | 09.12.2010 | 22:16
"Die Kupfer-Hausse ist kein Werk böser Spekulanten"
Auf den ersten Blick eine einfache Geschichte: Die "bösen Spekulanten" scheinen den Kupfer-Markt gekapert zu haben. Der Preis eilt von Rekord zu Rekord, die Londoner Metallbörse LME gibt bekannt, ein Marktteilnehmer kontrolliere 50 bis 80 Prozent der dort eingelagerten Kupfer-Bestände. Viele fühlen sich an die legendären Silber-Spekulationen der Gebrüder Hunt vor mehr als 30 Jahren erinnert. Doch so einfach ist die Sache nicht.
"Große Positionen sind an der LME nicht ungewöhnlich", betont Rohstoff-Analyst Sven Streitmayer von der LBBW. "Bemerkenswert ist, dass diesmal ein Name durchgesickert ist." Einem Bericht der britischen Zeitung "Telegraph" zufolge hält JPMorgan diese großen Kupfer-Positionen. Brisanz erhält diese Information dadurch, dass der Rohstoff-Handel des US-Institutes von Blythe Masters geleitet wird. Sie gilt als Erfinderin der berüchtigten Kreditausfall-Versicherungen Credit Default Swaps (CDS), die eine zentrale Rolle bei der aktuellen Finanzkrise spielen.
JP Morgan sitzt im Ring
Ein auf Rohstoffe spezialisierter Fondsmanager weist darauf hin, dass JP Morgan zum exklusiven Zirkel der sogenannten "Ring Trader" gehört. Über dieses Dutzend Händler der Kategorie 1 auf dem kreisförmigen LME-Parket läuft ein Großteil des Geschäfts. "Es könnte sich um die Summe vieler kleiner Positionen handeln", fügt der Börsianer hinzu.
Auch einen Zusammenhang mit der geplanten Einführung mit Kupfer hinterlegter börsennotierter Fonds (ETFs) durch JPMorgan und andere Banken können Experten nicht erkennen. "Es wäre ungewöhnlich, Kapital derart zu binden", sagt ein Händler. "Schließlich kann die Genehmigung bis zu sechs Monaten dauern." Auch gebe es keine Garantie, dass die Behörden grünes Licht gäben.
Ein weiterer Punkt: Die in den LME-Lagerhäusern liegende Kupfer-Menge von insgesamt etwa 350.000 Tonnen ist nur ein Bruchteil des für 2010 auf 19 Millionen Tonnen geschätzten weltweiten Bedarfs.
Kupfer-Hausse von Fundamentals getrieben
Börsianer sehen als Haupt-Triebfeder der aktuellen Kupfer-Hausse, die den Preis bislang auf knapp 9100 Dollar je Tonne getrieben hat, vor allem die hohe Nachfrage. Die Förderung werde auf Jahre hinaus dem Bedarf hinterherhinken, betont LBBW-Experte Streitmayer. So benötigt etwa die boomende Automobil-Industrie große Mengen dieses Metalls für Strom- und Datenleitungen in den Fahrzeugen.
Zu den Profiteuren dieser Entwicklung gehört unter anderem Aurubis. Die Aktien von Europas größter Kupferhütte haben sich seit Jahresbeginn um rund 40 Prozent verteuert und kletterten zeitweise auf ein Rekordhoch. Die europäischen Minenwerte haben in den vergangenen Monaten kräftig zugelegt.
Als Parade-Beispiel für den Versuch, einen Markt zu "cornern", gelten die Spekulationen von Bunker und Herbert Hunt in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Sie kauften große Mengen an Silber auf und trieben den Preis binnen weniger Jahre von knapp zwei auf bis zu 53,50 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). 1980 setzte die US-Terminbörse Comex den Silber-Handel aus und löste damit einen Kurssturz aus. Die Gebrüder Hunt, auf deren Geschichte die Kinokomödie "Die Glücksritter" mit Eddie Murphy und Dan Aykroyd basiert, blieben am Ende auf Milliardenverlusten sitzen.
http://www.wirtschaftsblatt.at/home/boerse/...x.do&_vl_pos=7.2.DT -----------
Greeny