HANDELSBLATT, Montag, 19. Mai 2003 Aufschwung ins Stocken geraten
Bei Windkraftaktien herrscht Flaute
Von LUTZ BEUKERT
Knapper gewordene Flächen und bürokratische Hemmnisse bremsen das Wachstum der Branche.
HAMBURG. Nach turbulenten Boomjahren leidet die Windkraftbranche unter einem akuten „Strömungsabriss“. Die Nachfragekrise betrifft Windparkprojektierer und Turbinenhersteller mit wenigen Ausnahmen gleichermaßen.
In diesem und im nächsten Jahr zieht ein Zwischentief auf dem Windenergiemarkt auf, meint Analyst Frank Skodzik von West-LB Panmure. Der Grund: Die Verlängerung der Steuergutschriften in den USA (ProductionTax Credits-PTC) wird sich bis spät in den Sommer hinziehen. Damit dürften in den USA in diesem Jahr Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von höchstens 1 500 Megawatt (MW) und im Jahr 2004 von nicht mehr als 700 MW installiert werden.
Nach der Übernahme des Turbinenherstellers Enron Wind durch den General-Electric-Konzern, kann das in GE Wind umbenannte Unternehmen dank seiner US-Mutter dieses Volumen leicht selbst bewältigen. Damit entfallen US-Aufträge für den dänischen Weltmarktführer Vestas. Vestas muss sich daher noch mehr um die europäischen Märkte kümmern und verstärkt so den hier bereits herrschenden Margendruck.
In Deutschland ist der Aufschwung des Windenergiemarktes in diesem Jahr ohnehin ins Stocken geraten. Die besten Standorte sind vergeben. Und das Repowering, also der Ersatz von kleinen, alten Windkraftanlagen durch weniger, aber leistungsfähigere Anlagen, spielt noch keine große Rolle. Zudem ist der Bau von Windparks in Nord- und Ostsee („Offshore-Windparks“) im großen Stil nicht vor 2005 oder 2006 zu erwarten.
Zwar wird nach Einschätzung der West-LB der Ausbau der Windkraft in Deutschland auf hohem Niveau verbleiben dank dem Bau neuer Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3 000 MW in diesem Jahr (nach 3 247 MW im Vorjahr) und 2 700 MW im nächsten Jahr. Auch in Spanien soll mit je 1 250 Megawatt Neuleistung in den beiden kommenden Jahren die Windenergieproduktion aufgestockt werden. Doch das restliche Europa wird nur noch für langsames Wachstum sorgen. Erst ab dem Jahr 2005 dürfte daher der Markt wieder stark wachsen.
Angesichts der knapper gewordenen Flächen für neue Standorte und bürokratischer Hemmnisse zum Beispiel in Spanien bewertet Nils Machemehl, Analyst beim Hamburger Bankhaus M.M. Warburg, die Windparkprojektierer nach der Qualität der Produkte, die sie noch in der „Pipeline“ haben. Beispiel: Plambeck Neue Energien AG, Cuxhaven. Das Unternehmen hat noch Anlagen für die Produktion von 1 500 MW in der Projektpipeline, dies garantiert stabile Erlöse bis zum Ende des Jahrzehnts. Weitaus weniger ermutigend wird dagegen die Planung des Offshore-Windparks Borkum Riffgrund bewertet. Hier übersteigen die Kosten für den Bau des Windparks mit 666 Mill. Euro die erwarteten Umsätze von 534 Mill. Euro. Fazit für Analyst Machemehl: Plambeck wird von „kaufen“ auf „halten“ herabgestuft.
Auch beim Bremer Projektierer Energiekontor stehen die Zeichen der Analysten auf „halten“. Machemehl begründet dies einerseits mit den guten Offshore-Chancen beim küstennahen Windpark Nordergründe. Andererseits habe Energiekontor im Windpark-Geschäft in Südeuropa eine eher schwächliche Position.
Ganz verscherzt hat sich P&T Technologies AG die Aufmerksamkeit der Analysten. Der Jahresfehlbetrag für das Jahr 2002 musste zuletzt von 44,8 auf 45,3 Mill. Euro korrigiert werden. Mit einem Kurs von nur noch 33 Cent fristet die P&T-Aktie ein Dasein als Penny-Stock.
Sorgenkind unter den Turbinenbauern ist die Nordex AG aus Norderstedt. Das Ergebnis brach im Jahr 2002 ein, mehrere Vorstandsmitglieder wurden gefeuert, Mitarbeiter entlassen. Der überraschend schwache Auftragseingang im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2002/03 von nur 3 Mill. Euro hat Analysten alarmiert. Frank Skodzik hat Nordex von „Neutral“ auf „Underperform“ abgewertet. Stefan Gäde von der Hamburgischen Landesbank hegt Zweifel, ob es Nordex noch alleine schaffen kann. Wenn erst das Geld knapp wird, droht der Anschluss auch bei der Entwicklung verloren zu gehen, befürchtet Gäde. Mit dem Makel „Underperformer“ müssen auch die dänischen Produzenten Vestas und Neg Micon leben. Beide verdanken dies ihrem schlechten US-Geschäft.
Den einzigen Lichtblick bietet derzeit die Hamburger Repower Systems. Als einziges Unternehmen der Branche hat Repower die Prognosen nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen. Auch in diesem Jahr liegt das von Fritz Vahrenholt geführte Unternehmen auf Wachstumskurs. Im kommenden Frühjahr baut Repower in Brunsbüttel die erste Windkraftanlage mit einer Leistung von 5 MW und positioniert sich damit für den Wettbewerb um die Offshore-Parks. Die unveränderte Bewertung mit „neutral“ begründet Henrik Lier von der West-LB damit, dass das Unternehmen noch beweisen müsse, dass die in diesem Jahr angepeilte Internationalisierung gelingt.
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