Ein Gamma Squeeze ist ein starker, technisch getriebener Kursanstieg einer Aktie, ausgelöst durch massenhaften Kauf von Call-Optionen. Market Maker müssen stetig Aktien zu Absicherungszwecken kaufen, was die Nachfrage und somit den Kurs mit oft explosiven Folgen zusätzlich antreibt.
Ein "Gamma Squeeze" ist ein technisch getriebener, oft rasanter Kursanstieg bei Aktien, der sich aus der Dynamik des Optionsmarktes und hier insbesondere aus dem Verhalten der sogenannten Market Maker ergibt. Um dieses Phänomen zu verstehen, muss man einige Grundlagen aus dem Optionshandel kennen: Bei einer Option handelt es sich um das Recht, eine Aktie zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put), nicht aber um eine Pflicht. Zentral sind hier die beiden Kennzahlen Delta und Gamma. Delta misst, um wie viel sich der Preis einer Option verändert, wenn der Kurs der zugrunde liegenden Aktie sich um einen Dollar bewegt; Gamma wiederum drückt aus, wie stark sich das Delta verändert, wenn der Kurs des Basiswerts steigt oder fällt. Gamma ist also so etwas wie die "Beschleunigung" der Sensitivität zwischen Option und Aktie. Market Maker spielen bei einem Gamma Squeeze eine Schlüsselrolle: Sie stellen Liquidität zur Verfügung, indem sie Optionen auch dann verkaufen, wenn es wenige natürliche Verkäufer gibt und sie müssen sich konsequent gegen ihr Risiko aus diesen Positionen absichern. Wenn nun viele Anleger, oft spekulativ, kurzfristige Call-Optionen auf eine Aktie kaufen, sind die Market Maker diejenigen, die diese Calls verkaufen. Damit sind sie einem Risiko ausgesetzt, sollte die Aktie stark steigen. Um dieses Risiko zu begrenzen, kaufen sie Aktien der zugrundeliegenden Firma, und zwar in einer Menge, die sich aus dem sogenannten Delta ergibt: Hat der Market Maker beispielsweise 100 Call-Optionen verkauft, jede mit einem Delta von 0,5, muss er 50 Aktien kaufen, um "delta-neutral" zu sein. Die Dynamik setzt ein, wenn der Kurs der Aktie steigt. Nun erhöht sich nicht nur der Wert der Option, sondern das Delta jeder einzelnen Option steigt ebenfalls an. Und das Gamma bestimmt, wie schnell das geschieht. Gerade bei kurzfristigen Optionen, also solchen mit naher Fälligkeit, ist das Gamma besonders hoch: Selbst schon geringe Kursanstiege lassen das Delta der Calls sprunghaft auf Werte nahe 1 steigen. Für die Market Maker heißt das, dass sie entsprechend mehr Aktien kaufen müssen und zwar immer mehr, je weiter der Kurs steigt. Hier kommt die Rückkopplungsschleife ins Spiel: Wenn viele Calls im Markt sind und der Kurs anzieht, müssen Market Maker zugleich dafür sorgen, dass ihre Hedging-Positionen dem neuen (höheren) Delta entsprechen. Dazu kaufen sie zunehmend Aktien dazu, was die Aktie weiter hochtreibt, was wiederum das Delta erneut steigen lässt. Diese Kettenreaktion kann zu enormen Kursanstiegen führen, die weit über das hinausgehen, was das Unternehmen nach fundamentalen Kriterien wert wäre. Ein Zahlenbeispiel veranschaulicht die Dynamik: Eine Aktie steht bei 100 USD; plötzlich werden zahlreiche Kaufoptionen mit einem Strike bei 105 USD gekauft. Zu Beginn liegt das Delta dieser Calls bei vielleicht 0,4, bei einem Kursanstieg auf 105 steigt das Delta auf etwa 0,6, was weiteren Aktienkauf erfordert. Geht der Kurs weiter auf 110, ist das Delta vielleicht schon bei 0,85, und immer mehr Aktien müssen zur Absicherung gekauft werden. Die Folge: Ein enormer Nachfrageüberhang im Markt, der die Aktie teils irrational nach oben schießen lässt. Solche Gamma Squeezes führen oft zu auffällig hohen Handelsvolumina und starker Volatilität. Besonders betroffen sind Aktien mit geringem Free Float, da hier schon vergleichsweise kleine Hedging-Käufe den Preis kräftig verschieben können. Ein weiteres Verstärkungselement ist, dass sich Social-Media-Communities gezielt absprechen, massenhaft Calls kaufen und damit den Squeeze absichtlich auslösen (bekannt geworden etwa bei GameStop oder AMC 2021). Abzugrenzen ist der Gamma Squeeze vom bekannten "Short Squeeze": Während letzterer entsteht, weil Leerverkäufer bei steigenden Kursen ihre Aktien zurückkaufen müssen, wird der Gamma Squeeze durch das Zwangs-Hedging der Market Maker im Optionsmarkt getrieben. Beide Effekte können sich sogar überlagern, was extreme Kursausschläge mit sich bringt. Nach dem Squeeze folgt oft ein scharfer Rücksetzer: Wenn der Kaufdruck nachlässt, bauen Market Maker ihre Hedging-Position ab, indem sie die gekauften Aktien wieder verkaufen. Dadurch kann der Aktienkurs genauso schnell wieder fallen.
Quelle: Explosiver Kursanstieg: So funktioniert ein Gamma Squeeze an der Börse | stock3
|