DJ: INTERVIEW/Photon sieht ungebremstes Wachstum der Solarbranche Von Andreas Heitker DOW JONES NEWSWIRES
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die derzeitige Finanzkrise wird nach Einschätzung des Solarexperten Michael Rogol nichts am explosionsartigen Wachstum in der internationalen Photovoltaik-Industrie ändern. "Die fundamentalen Daten in dem Sektor sind weiter intakt. Die Preise bleiben weit über den Kosten, und am Wachstumspfad der Branche wird sich nichts wesentliches ändern", sagte Rogol in einem Interview mit Dow Jones Newswires.
Der US-Analyst Rogol ist Managing Director des in Boston ansässigen Beratungsunternehmens Photon Consulting LLC und gilt als einer der profiliertesten Kenner der weltweiten Solarbranche. Er ist zudem Mitautor der im vergangenen Monat erschienenen Photon-Studie "Solar Annual 2008".
In dem Interview verwies Rogol darauf, dass Photon wegen der Finanzkrise die Erwartungen für einzelne Unternehmen zwar nach unten revidiert habe. "Für den gesamten Sektor haben wir seit Beginn der Krise aber unsere Prognosen weiter angehoben." Photon gehe davon aus, dass sich die Produktionskapazitäten in der Solarbranche sowohl 2009 als auch 2010 jeweils verdoppeln würden. Rogol erwartet eine weltweite Produktionskapazität von 7,1 Gigawatt (GW) in diesem Jahr, 14,7 GW im nächsten Jahr und 28,8 GW im Jahr 2010.
Erst ab 2011 wird sich die Entwicklung nach Einschätzung des Analysten abschwächen - aber auch dann sind wohl immer noch hohe zweistellige Wachstumsraten zu erwarten. Photon habe in ihrer neuesten Studie die Produktionserwartungen für den Solarsektor für die Zeit bis 2012 deutlich angehoben. "Aber auch diese neuen Prognosen sind noch sehr konservativ gerechnet. Wir machen in unseren Schätzungen bereits deutliche Abstriche von den Wachstumsplänen, die von den Unternehmen veröffentlicht werden."
Rogol geht davon aus, dass die operativen Gewinnmargen in der Solarbranche bis 2012 insgesamt bei über 30% pro Jahr liegen werden. "Die meisten Unternehmen werden auch in Zukunft eine hohe Profitabilität behalten", so der Analyst. "Es mag kurze Perioden geben - Wochen, vielleicht Monate -, in denen die Modulpreise schwanken und die Margen gedrückt werden. Die Preise, Kosten oder das Produktionsvolumen werden eventuell ein wenig höher oder niedriger ausfallen als bisher erwartet. Aber am grundsätzlichen Wachstumskurs der Unternehmen wird sich nichts ändern."
Dies gilt nach Einschätzung von Rogol vor allem für die führenden Konzerne der Branche, zu denen Photon die beiden deutschen Unternehmen Q-Cells und SolarWorld, die beiden US-Wettbewerber First Solar und Sunpower sowie die norwegische REC und die chinesische Suntech zählt. Eine größere Konsolidierungswelle wird es nach den Worten von Rogol in den nächsten fünf Jahren nicht geben. "M&A wird in der Branche bis 2012 noch keine sehr große Rolle spielen", betonte er. Die ganz überwiegende Zahl der Unternehmen, die heute profitabel arbeiten, wird es auch in fünf Jahren noch als unabhängige Unternehmen geben."
Die Robustheit des Solarsektors in dem derzeit schwierigen konjunkturellen Umfeld begründet Rogol unter anderem mit der sehr stabilen Nachfrage. 75% der Bestellungen beträfen kleinere Systeme, die zum Beispiel von privaten Haushalten geordert würden, sagte er. "Viele der kleinen Nachfrager sehen den Kauf einer Solaranlage als eine grundsolide Geldanlage an. Viele Endkunden haben uns in Gesprächen erzählt, dass sie den Erwerb einer Solaranlage als ein noch sichereres Investment empfinden als den Kauf von Staatsanleihen." Die Finanzkrise könne den Kauf der renditesicheren Anlagen sogar noch attraktiver als bisher machen.
Der Photon-Experte verwies darauf, dass in zahlreichen US-Staaten Endkunden beim Kauf einer Photovoltaik-Anlage ab 2009 mit einer Internal Rate of Return (IRR) von über 10% rechnen könnten. Ähnliche Renditen würden auch in vielen anderen Ländern erreicht. Es sei zwar nicht so, dass die Nachfrage in allen Kundensegmenten und in allen Regionen stark bleibe. Grundsätzlich profitierten Endkunden aber von sehr attraktiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Trotz der 2009 sinkenden Fördersätze bleibt Deutschland auch in den kommenden Jahren der mit Abstand größte und wichtigste Solarmarkt, wie Rogol noch einmal bekräftigte. Photon geht von neu installierten Kapazitäten von 2,37 GW in diesem Jahr, 5,95 GW im nächsten Jahr und 10,93 GW im Jahr 2010 aus.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz werde wohl bis 2012 bestehen bleiben, heißt es in der neuen Studie. Gründe hierfür seien die steigenden Öl- und Strompreise, die vielen Arbeitsplätzen in der deutschen Solarindustrie und die Steuerzahlungen der profitablen Konzerne. Hinzu kämen Sorgen um den Klimawandel und Angst vor neuen Abhängigkeiten: "Gazprom ist jede Woche auf den Titelseiten der deutschen Zeitungen."
Neben Deutschland wird auch die USA künftig "einer der wichtigsten Märkte der internationalen Solarbranche werden", wie Rogol weiter ausführte. Der US-Kongress habe ja bereits das größte Solarförderprogramm in Nordamerika verabschiedet. "Durch den künftigen Präsidenten Barack Obama und seine Administration sind noch einige zusätzliche Stimulierungen für den Renewables-Sektor und speziell für die Solarindustrie zu erwarten." Ein Großteil der neuen Förderungen starte aber ohnehin schon am 1. Januar.
Webseite: http://www.photon-consulting.com -Von Andreas Heitker, Dow Jones Newswires, +49 (0)211 13872 14, andreas.heitker@dowjones.com DJG/hei/jhe
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November 26, 2008 07:45 ET (12:45 GMT) Dow Jones & Company, Inc.2008 |