"Was ich z.B. nicht in dem 2. Video verstehe: Bei 7:55 diffuses Licht (wie am Morgen), keine Sonneneinstrahlung an den Hauswänden, keine Schattenbildung."
Ganz eindeutig Sonnenuntergang. Ab Minute 7:40 siehst du, dass der Balkon nach Westen geht, weil rechts neben den Sat-Schüsseln kannst du links an den Wänden sonnenuntergangsrotes Licht erkennen. Minute 7:48 würd ich sagen, dass die Streifen von Licht daher rühren, dass in der Häuserschlucht nur noch dort Licht eindringen kann, wo die Häuser nicht zu nah nebeneinander gebaut wurden. Stünde die Sonne hoch, also wäre es nicht Spätnachmittag, könnten die Häuser nicht die ganze Straße verdunkeln.
Bei Minute (8:14) kannst du zuerst sehen, wie der Kampfjet von unten mit rötlichem Licht (Sonnenuntergang) beleuchtet wird, weil die Sonne schon kurz davor steht, am Horizont zu verschwinden. Dann neigt sich der Jet nach unten und das Licht verschwindet, weil die Sonne nicht mehr von unten kommt.
"Der Kampfjet fliegt am Himmel, der nicht besonders hell erscheint (Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang). Er lässt eine Bombe fallen. Bei 8:19, dem Schwenk zur Explosion hin, sind mehrere absolut schwarze Frames (min. 3 Einzelbilder). Warum?"
Ab Minute 7:36 hat er mehrere Jet-Szenen zusammengeschnitten. Er steht auf einem Balkon, der vermutlich nach Norden geht, vielleicht auch Nord-Osten. Der Jet aus Minute 8:14 fliegt gen Osten, oder Südosten, d.h. er verliert diesen aus dem Blickfeld und kann diesen deshalb nicht weiterverfolgen. Aber da sie so häufig vorbeifliegen, reicht es auch, wenn er ab Minute 8:16 das nächste Flugzeug filmt. Die rötliche Untergangssonne trifft diesmal auf die linke Seite des Jets. Das ist der zweite Jet, der die Bombe abwirft, die vermutlich zufällig das Nachbarhaus trifft. Ich denke, er hat das gezeigt, weil es eben so ein Zufall war, dass er selbst dabei gefilmt wurde, was belegt, dass er tatsächlich vor Ort war. Ich halte die Bilder für glaubwürdig. Von Minute 8:16 bis 8:23 sieht man, dass die Kamera Schwierigkeiten mit dem Licht hat. Vermutlich weil er gegen den Sonnenuntergang filmt, da der Sonnenuntergang teilsweise aufflackert und teilweise verschwindet, weil die Kamera mit dem Helligkeitssausgleich kämpft. Mehr wird seine Kamera nicht hergeben. Er wird kein ultrateures Teil haben, erstens weils viel kostet und zweitens weil das Ding jederzeit kaputt gehen kann und unwirtschaftlich wäre. Der Typ ist ja kein Profikameramann und wird mit der Automatikeinstellung filmen. Beim Abwurf der Bombe kann er den Fokus nur schwer auf die Bombe halten. Ich denke aber, dass er sie dennoch erwischt hat, weil er ja die Explosion drauf hat. Ich kenn mich nicht damit aus, aber mir erscheint das echt zu sein. Außerdem hat er den Film nicht geschnitten. Sein Filmmaterial wurde ja nur mitverwendet und genau diese Szene wirkt eben amateurhaft.
"Dann, in ca. 100 Meter Luftlinie, explodiert etwas in der Nähe (8:21)."
Nächste Szene: Sonnenlicht wirft Schatten in den Straßen. Es scheint später zu sein als bei dem Angriff.
Bei 8:29 fällt ein Schuss (die fliehende Frau erschrickt kurz), dabei ist das kein Gebiet, in dem die gegnerischen Truppen unterwegs sind. Wozu dann ein Pistolenschuss? Das Kamerateam befindet sich also bereits auf der Straße, hin zum Ort des Einschlags. (100 Meter Luftlinie)."
Das hat mich auch zuerst irritiert. Ich schätze mal, dass sie versucht haben, so etwas wie eine Dramaturgie in den Film zu bekommen. Man kann aber auch sagen, sie hätten versucht zu manipulieren. Das ist natürlich nicht so klasse, aber ich finde diese kleine zeitliche Umstrukturierung nicht so dramatisch. Andererseits werden Emotionen geweckt. Aber wie willst du im Krieg alles chronologisch aufzeichnen, wenn du das Drehbuch nicht kennst? Woher willst du wissen, wann sich wo, was ereignet? Kommentiert haben sie nur die Szene mit dem Wohnhaus.
Ich denke, sie dachten, es wäre blöd zuerst die Flüchtenden zu zeigen und dann so eine relativ langweilige Szene vom Balkon aus, wo die Rebellen recht passiv erscheinen, kurz vor Sonnenuntergang. Da war er auch noch nicht so aktiv wie später im Film, d.h. er nahm noch die Beobachterrolle ein.
Die Frau hat Angst, wegen dem Schuss, das stimmt. Vermutlich weiß man auch nie, wer gerade wo schießt. Das kann auch beweisen, dass die Szene eben nicht gestellt ist.
Das Licht ab 8:29 ist anders, es ist viel heller, mitten am Tag. Auch sind die Gassen viel enger, kurzum es hat nichts mit dem Haus des Einschlags zu tun, sondern ist schlichtweg eine andere Gegend, ein anderer Stadtteil. Diese Szene mit den Balkonen findet wieder eher in der Gegend statt, wo sie sich zuerst aufhielten. Die Häuser dort waren mehrstöckig, während jene Häuser um das flüchtende Paar niederer sind.
"Wieder eine Jet-Szene, in der etwas abgeworfen wird (Rotfärbung durch Licht am Jet). Wo etwas einschlägt, sieht man auch hier nicht. Dann kurze Szene mit Qualm (wieder diffuses Morgenlicht, keine Sonne), Aufnahme von der Straße aus."
"Nächste Szene (8:39), Sonnenstrahlen, Schattenbildung. Während die Szene läuft, hört man noch in der Ferne den Kampfjet fliegen."
Zugegeben, es ist nicht chronologisch und wirkt etwas verwirrend, aber vielleicht wollten sie nur Distanz und Nähe verbinden und das ging halt nur so, weil sie zu Fuß unterwegs waren, mitten im Kampfgebiet und vielleicht mussten sie noch eine größere Strecke zurücklegen, um von a nach b zu kommen. Kurz vor Sonnenuntergang geht es oft sehr schnell, dass die Sonne ihre Strahlkraft verändert. Kann man ja auch hier in unseren Breitengraden beobachten, im Sommer zwischen 18:00 und 20:00 Uhr.
"Eine ganze Gruppe aus Dutzenden Leuten läuft gemeinsam zum Ort. Kein Qualm an der Stelle. Obwohl kein Opfer zu finden ist, findet man sofort einen Ausweis dort, der ein Opfer des Angriffes darstellen soll."
Das stimmt, das ist komisch. Aber auch hier kann es mehrere Stellen geben. Einmal ist da eine Betonplatte, und eine Szene zuvor war da noch ein Trümmerfeld, ohne größere Teile. Mir fällt auf, dass die Menschen sich extrem nach dem Kameramann, oder dem Team umdrehen und skeptisch schauen, fast mürrisch. Das wiederum könnte auch ein Zeichen sein, dass sie es nicht gut finden, dass diese Szenen gedreht werden. Ich kann mir vorstellen, dass der Filmer vor Ort erst einmal die Kamera beiseite legte, um bei der Suche nach Überlebenden mitzuhelfen, weil er eben mit Gefühl dabei ist und nicht zuerst mit dem Verstand.
"Ein Familienvater hat gerade erst seine Frau und sein Baby verloren, und erzäht, ohne Trauerschmerz, direkt davon, dass Bashir selbst diesen Angriff befohlen haben soll."
Der Typ wirkt unter Schock. Nicht jeder kann direkt losheulen. Vermutlich hat er das noch nicht richtig realisiert. Ich weiß es nicht. Der Mann wirkt noch jung. Nicht jeder Mann traut sich loszuheulen. Das sieht man auch in den Videos mit den Giftgasopfern, .. dort wird nicht groß herumgejammert, sondern sie finden sich schnell mit den Tatsachen ab und begießen die noch Lebenden mit Wasser, auch wenn ihnen der Tod ins Gesicht geschrieben steht. Die Menschen hier würden ganz anders reagieren. Die Leute dort sehen jeden Tag Tote, das verändert möglicherweise den Umgang mit dem Sterben.
"Woher weiß er das? Warum sitzt er nicht vollkommen desorientiert und unter Schock irgendwo und muss nicht versorgt werden? Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht einmal ein Bagger dort (dieser wird erst nach dem nächsten Schnitt gezeigt). Wieso gibt der Kerl ein Interview, während die Leute dort nach seiner Familie suchen?"
Der Ausweis gehört einer Frau, die vermutlich unter den Trümmern gefunden wurde. Weil die Männer wissen wollten, wie sie heißt, haben sie den Ausweis gesucht und eer ist schmutzig, weil alle im Dreck gewühlt haben, um nach Überlebenden zu suchen. So würde ich das erklären. 9:19 Der Bagger ist schon da, als der Mann von seiner Familie redet. 9:36 Der Mann sitzt am Straßenrand und weint.
"In 9:35 sieht man einen Mann, der schon eher einen Schock durchlebt." Stimmt.
"Sind diese Bilder nicht etwas konfus? Irgendwie sieht es aus, als habe man etwas passend geschnitten." Diese Bilder sind nicht ganz chronologisch. Aber der Hauptdarsteller hat seine Videos nur zur Verfügung gestellt, vielleicht stammen die Bilder zu diesen Szenen auch von mehreren Filmern. Der Mann mit der Kamera hat aber nicht das Video zusammengeschnitten. Vielleicht wusste der Typ, der die Reportage gemacht hat, nicht einmal, wann welche Aufnahmen gemacht wurden, weil das ganze schon auf einer CD zusammengestückelt war und es sowieso keinen zeitlichen Zusammenhang gab, außer dass sich alles in der gleichen Stadt am gleichen Tag ereignet hat. Der Mann, der seine Familie verloren hat, der Bäcker, hat die Familie ja nicht am gleichen Tag verloren, sondern an einem anderen, würde ich sagen. Es ging grundsätzlich darum zu zeigen, wie die Menschen dort denken. Das Video handelt ja vor allem davon, wie sich der ehemalige Student, der ehemals westlich orientiert war und Lehrer werden wollte, mit der Zeit den "Gläubigen" zuwandte, weil er sich vom Westen im Stich gelassen fühlte. Das Video ist natürlich nicht pro Assad. In der Reportage wird auch erwähnt, dass sie die Aussagen nicht überprüfen können, ab Minute 18:45, weil sie als Team (also auch mit Kamera) hauptsächlich mit den Rebellen unterwegs waren und deshalb bei den regierungstreuen Truppen auf Misstrauen stoßen. |