Schering-Übernahme: Weiter pokern?
Bereits in einer Woche endet die Angebotsfrist, in der
Schering-Aktionäre ihre Papiere an Bayer abtreten können.
Mindestens 75 Prozent aller Anteile will Bayer bis dahin
in seinen Besitz bringen.
Bisher ist man erst bei 39,77 Prozent, wie Bayer am Mittwoch
mitteilte. Die Zeit wird also wieder knapp. Der Leverkusener
Pharma-Riese musste bereits einmal die Frist verlängern.
*Verlockende Kursziele
Den freien Aktionären wird von verschiedenen Hedge-Fonds
der Mund wässrig gemacht. Die britische Investmentbank
Cazenove geht beispielsweise in einer Studie von einem fairen
Wert der Aktie von weiter über 100 Euro aus. Bis zu 128 Euro
seien drin heißt es da, abhängig davon, welche Wachstumsraten
man zu Grunde lege.
Aktuell notiert das Papier auf 85,81 Euro, also ziemlich exakt auf
dem gebotenen Preis von 86 Euro. Die 128 Euro würden immerhin
einen weiteren Aufschlag von knapp 50 Prozent bedeuten.
*Kursziele sind manipulierbar
Lohnt es sich als zu pokern? Sollen die freien Schering-Aktionäre
über den Tisch gezogen werden? Meiner Ansicht nach lautet
die Antwort auf diese Fragen zweimal "nein"!
Mit Hilfe der so genannten Discounted Cash Flow-Berechnung,
die Analysten zur Ermittlung eines Kurszieles gerne einsetzen,
ist es ein leichtes, die Kursziele so hinzudrehen, wie man sie
gerade haben möchte.
Bereits kleine Veränderungen bei den angenommenen Wachstums-
raten oder dem ebenfalls benötigten risikolosen Zinssatz führen
gegebenenfalls zu dramatischen Differenzen beim Ergebnis,
sprich: beim Kursziel! So überrascht es wenig, dass auch eine
Studie mit einem Kursziel von 128 Euro plausibel klingen kann.
*Das jetzige Angebot ist großzügig
Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass die Schering-Aktie
vor dem Übernahmeangebot trotz eines sehr freundlichen
Gesamtmarktes bereits seit über einem Jahr lustlos im Bereich
zwischen 50 und 60 Euro herumdümpelte.
Bayer zahlt also bereits einen satten Aufschlag von deutlich über
50 Prozent auf den Marktpreis und hat damit das erste Angebot
für Schering von Konkurrent Merck bereits überboten.
Gestandene deutsche Pharma-Analysten bezeichnen die Offerte
von Bayer durchweg als sehr großzügig. Schering-Großaktionär
Allianz hat das Angebot bereits angenommen.
*Hochmut kommt vor dem Fall
Ich warne daher: Hochmut kommt vor dem Fall! Die Lage an
den Aktienmärkten hat sich seit dem Beginn des Übernahmepokers
nicht gerade verbessert. Ein noch höheres Angebot ist für Bayer aus
wirtschaftlicher Sicht kaum vertretbar.
Nach den Kursverlusten in den letzten Tagen ist der Börsenwert von
Bayer unter 25 Milliarden Euro gesunken und nähert sich damit dem
von Schering (wird aktuell unverändert mit 16,6 Milliarden Euro bewertet)
immer mehr an. Das macht die Finanzierung schwieriger.
Sollte Bayer bis zum 14.Juni nicht die geplante Dreiviertelmehrheit
der Aktien im Besitz haben, kann es gut sein, dass es der
Führungsriege um den Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning zu
bunt und die Übernahme einfach abgeblasen wird. Dann könnte
es ein böses Erwachen für die Schering-Aktionäre geben.
• Schering
• WKN 717200
• Börsenwert 16,7 Mrd. Euro
• KGV 07e 21,4
• Div.Rendite 07e 1,7%
• Akt. Kurs 86,25 EUR
MEIN FAZIT:
Schering-Aktionäre sollten das Angebot schnell annehmen!
Quelle:
www.geldanlage-report.de