http://www.nzz.ch/wirtschaft/...erzeit-nicht-in-den-himmel-1.18293404
"Twitter kann mit Facebook nicht mithalten
Bäume wachsen nicht in den Himmel
Christiane Hanna Henkel, New York Heute, 30. April 2014, 04:33
Twitter: Der Aktienkurs befindet sich auf einem Tiefstand.
Die Twitter-Geschäftszahlen für das erste Quartal geben weniger Grund zum Jubeln, als es die sehr optimistische Börsenbewertung hätte erwarten lassen. Offenbar ist es schwieriger als gedacht, auf mobilen Plattformen Werbeeinnahmen zu generieren.
Fast vier Fünftel der 255 Mio. Menschen, die Twitter pro Monat nutzen, greifen über Smartphone oder ein anderes mobiles Endgerät auf den Kommunikationsdienst zu – Tendenz steigend. Doch wie vermarktet man den kleinen Bildschirm als effiziente Werbefläche? Während Facebook hier in den letzten zwei Quartalen erstaunliches Geschick gezeigt hat, tut sich Twitter deutlich schwerer: Das Unternehmen mit dem blauen Vogel im Firmenlogo konnte zwar im ersten Quartal pro Nutzer – oder genauer gesagt: pro 1000 Betrachtungen der Timeline – fast doppelt so viele Werbeeinnahmen generieren als im Vorjahr, nämlich $1,44; die Zahl lag aber unter jener des direkten Vorquartals ($1,49).
Enttäuschte Hoffnungen
Das ist auf den ersten Blick nicht dramatisch, aber für ein Unternehmen, dessen derzeitiger Börsenwert (25 Mrd. $) auf grossen Hoffnungen basiert, ist das ein herber Schlag. Viele Aktionäre jedenfalls trennten sich am Dienstagabend nach Bekanntgabe der Quartalszahlen von der Twitter-Aktie; die Valoren sacken im nachbörslichen Handel um 11% ab und erreichten den tiefsten Kurs seit dem Börsengang im November. Die Aktien hatten in den letzten Wochen ohnehin schon stark gelitten unter dem generellen, seit einiger Zeit auf Technologie-Aktien lastenden Verkaufsdruck.
Auch ein Blick auf weitere am Dienstag nach Börsenschluss veröffentlichte Quartalszahlen zeigen ein Unternehmen, das zwar wächst, aber keineswegs nach vorne stürmt. So erwirtschaftete Twitter im ersten Quartal einen Umsatz von 251 Mio. $; das sind 114% mehr als im Vorjahreszeitraum aber nur 3% mehr als im direkten Vorquartal. Für das gesamte Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen aus San Francisco einen Umsatz von rund 1,2 Mrd. $, was in etwa dem Doppelten des Umsatzes von 2013 entspräche. Für das zweite Quartal werden 270 Mio. $ erwartet. Der Markt für mobile Werbung hatte im vergangenen Jahr laut eMarketer ein Volumen von 32 Mrd. $ erreicht; Twitter dürfte laut Schätzungen des Informationsdienstes in diesem Jahr einen Marktanteil von 2,7% erreichen, Facebook 22% und Google rund 47%.
Hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung, aber auch ein starker Anstieg der Marketingkosten führten bei Twitter im ersten Quartal abermals zu einem kräftigen Verlust: Das Minus stellte sich auf 132 Mio. $, dies nach 27 Mio. $ im Vorjahr und 512 Mio. $ im direkten Vorquartal. Mittlerweile greifen pro Monat rund 255 Mio. Menschen auf die Plattform zu; das sind 25% mehr als im Vorjahr, aber nur 6% mehr als im direkten Vorquartal.
Warten auf neue Produkte
Noch ist es zu früh, aus der nachlassenden Wachstumsquote einen Trend ausmachen zu können; möglicherweise handelt es sich um eine Art Plateau, von dem aus das Unternehmen danach mit neuem Know how, neuen Dienstleistungen und Produkten steil nach oben startet. Von letzteren war im jüngsten Quartalsbericht aber noch nicht viel zu sehen. Twitter versucht derzeit, sich nicht nur als Kommunikationsplattform für Kurznachrichten weiter zu etablieren, sondern auch, sich als Plattform für den Austausch von Bildern und Filmen zu positionieren. Hinter dieser strategischen Stossrichtung steht die Hoffnung, die Nutzer länger und intensiver an die Plattform zu binden, und diese somit als Werbeträger bei der werbenden Wirtschaft interessanter zu machen."
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