Frankfurt (Reuters) - Nach teilweise massiven Kurseinbrüchen an der Börse in New York haben die deutschen Aktienwerte am Mittwoch branchenübergreifende Verluste verzeichnet. Spekulationen über unsaubere Bilanzierungspraktiken bei US-Unternehmen und Bedenken über mögliche Insolvenzen führten nach Händlerangaben zu deutlichen Kursrückschlägen vor allem bei den Finanzwerten in Frankfurt und New York. Die Aktien der Deutschen Bank büßten zeitweilig mehr als vier Prozent ein, die Papiere der amerikanischen Finanzinstitute hatten teilweise um bis zu sieben Prozent verloren. Auch die Aktien der Deutschen Telekom setzten ihre schwache Tendenz fort. Am Neuen Markt zogen die Titel von Ixos Software nach Vorlage von Bilanzdaten indes das Anlegerinteresse auf sich.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) verzeichnete gegen Mittag ein Minus von 1,8 Prozent auf 4995 Zähler, nachdem er bereits am Vortag 1,4 Prozent eingebüßt hatte. Am Neuen Markt gab der Blue-Chip-Index Nemax50 um mehr zwei Prozent auf 1119 Punkte nach. Der MDax für die mittelschweren Werte notierte 0,5 Prozent schwächer bei 4381 Zählern. An den übrigen Märkten in Europa kam es nach dem schwachen Verlauf der Börsen in den USA ebenfalls vermehrt zu Abgaben. In London verzeichnete der FTSE-Index ein Minus von 1,4 Prozent, in Paris büßte der CAC-40 knapp zwei Prozent ein.
In den USA hatten am Vortag überwiegend Sorgen um mögliche Bilanz-Unregelmäßigkeiten amerikanischer Unternehmen vor allem die Standardwerte belastet und auf den tiefsten Stand seit Mitte November 2001 gedrückt. Der Dow-Jones-Index schloss 2,51 Prozent schwächer auf 9618 Punkten, der Nasdaq-Index verlor 2,62 Prozent auf 1892 Zähler. Nach dem Debakel um den zahlungsunfähigen US-Energiehändler Enron hatten Spekulationen über unsaubere Bilanzierungspraktiken die Aktien des US-Industriekonglomerats Tyco um knapp 20 Prozent einbrechen lassen. Marktgerüchte über eine mögliche Kreditabstufung hatten zudem die Papiere von Worldcom auf den tiefsten Stand seit siebeneinhalb Jahren gedrückt. Vor diesem Hintergrund hatten auch die Finanzwerte in den USA deutlich nachgegeben. JP Morgan verloren knapp sieben Prozent, Citibank gaben um mehr als fünf Prozent nach.
"Die Anleger sind nervös, dass es noch weitere Insolvenzen geben könnte", sagte David Scully, Head of Equity Sales bei JP Morgan, in Frankfurt mit Blick auf die Kursverluste. Investoren gingen davon aus, dass mögliche Unternehmenspleiten in den USA auch die deutschen Finanzinstitute treffen würden, da sie ebenfalls mit Krediten engagiert seien, fügte der Experte hinzu. Commerzbank gaben um 3,7 Prozent auf 18,90 Euro nach, Deutsche Bank büßten 3,3 Prozent auf 70,75 Euro ein und die Aktien der HypoVereinsbank fielen um 2,4 Prozent auf 34,85 Euro.
Kursabschläge verzeichneten auch die Aktien der Deutschen Telekom, die nach ihren Vortagesverlusten von mehr als drei Prozent erneut um 3,4 Prozent auf 16,12 Euro fielen. Hier belaste die Angst, dass Unternehmen mit einer großen Schuldenlast wie Telekom und Tyco ihre Verbindlichkeiten nicht mehr so einfach reduzieren könnten, sagte Jason Forde, Fondsmanager bei Maintrust.
Schwächer präsentierten sich auch die Technologiewerte. Siemens gaben um 1,9 Prozent auf 68 Euro nach, Infineon verloren 1,1 Prozent auf 22,92 Euro und Epcos gaben um 2,9 Prozent auf 45,55 Euro nach.
Am Neuen Markt zogen die Aktien von Ixos Software um knapp sieben Prozent auf 7,16 Euro an, nachdem das Unternehmen Geschäftszahlen präsentiert hatte.
Händlern zufolge hatte die Rede zur Lage der Nation des US-Präsidenten Bush keine Auswirkungen auf das Marktgeschehen. "Die Rede ist nicht an die Finanzmärkte gerichtet, sondern zielt auf das Volk ab", sagte Fondsmanager Forde. Auch von dem für Mittwochabend erwarteten Zinsentscheid der US-Notenbank Fed erhofften sich Marktteilnehmer keine Impulse. "Die Fed wird nichts machen und das erwartet der Markt auch", sagte ein Börsianer.
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