"... Viele offene Fragen
Die KPMG-Prüfer konnten und wollten Wirecard nach monatelanger Prüfung nämlich an entscheidenden Stellen weder in Summe Unbedenklichkeit bescheinigen, noch attestierten sie rundweg Fehlverhalten. Viele Fragen blieben für sie nach eigener Darstellung offen: Wie steht es um die Existenz und Höhe der Umsätze aus dem großen Drittpartnergeschäft, über das Wirecard Geschäfte in Ländern ohne eigene Lizenz abwickelt? Warum gibt es für rund eine Milliarde Euro von Drittpartnern auf Treuhandkonten gezahlte Beträge keine ausreichenden Kontoauszüge? Wer ist der Begünstigte eines Unternehmenszukaufs in Indien? Das große "Untersuchungshemmnis" lag für KPMG zwar darin, dass die Drittpartner zu wenig Daten preisgeben wollten. Die Prüfer monierten aber auch die "verzögerte Lieferung von Unterlagen" durch Wirecard selbst. Einzelne vereinbarte Interview-Termine mit wesentlichen Wirecard-internen Ansprechpartnern seien zudem mehrfach verschoben worden.
Zuletzt reichte es auch der deutschen Finanzaufsicht BaFin - und zwar wegen Ad-hoc-Mitteilungen, die Wirecard im März und April zum Thema Sonderprüfung verschickt hatte. Die Behörde, die Anfang 2019 sogar ein zweimonatiges Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien erlassen hatte und dem Dax-Konzern damit nach kritischen Berichten der "Financial Times" eher zur Seite gesprungen war, erstattete Anzeige gegen mehrere Vorstandsmitglieder. Anfang Juni durchsuchte die Staatsanwaltschaft die Geschäftsräume des Unternehmens. Es bestehe der Verdacht, "dass die Verantwortlichen der Wirecard durch die Ad-hoc-Mitteilungen vom 12.03.20 und vom 22.04.20 irreführende Signale für den Börsenpreis der Aktien der Wirecard AG gegeben haben könnten", teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I mit. Stein des Anstoßes ist, dass Wirecard vor der Veröffentlichung des Sonderprüfungsberichts ausdrücklich betont hatte, dass sich keine Belege für eine Bilanzmanipulation ergeben hätten. ..."
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