Geiseldrama beendet

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neuester Beitrag: 26.10.02 20:22
eröffnet am: 26.10.02 07:11 von: klecks1 Anzahl Beiträge: 19
neuester Beitrag: 26.10.02 20:22 von: Schnorrer Leser gesamt: 2692
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26.10.02 07:26

8554 Postings, 8477 Tage klecks1Der Spuk ist vorbei

Geiselnehmer wurden zuerst mit Gas betäubt.

Samstag, 26. Oktober 2002
Geiselnahme in Moskau beendet
Viele Tote und Verletzte  

Die Geiselnahme in Moskau ist beendet. Russische Einsatztruppen hatten am frühen Morgen das Musical-Theater in der Hauptstadt gestürmt. Dabei wurden bis zu zehn der rund 700 Festgehaltenen getötet. 36 Kidnapper seien getötet worden, unklar ist, ob einige von ihnen fliehen konnten.

Die befreiten Geiseln wurden in bereit stehende Busse gebracht. Viele stehen unter Schock. Sie mussten von Helfern aus dem Theater getragen werden, sagte ein Mitarbeiter des Krisenstabes. Unter den Geiseln waren auch Deutsche, Briten, Amerikaner, Niederländer, Österreicher und Australier.

Auch der Anführer der tschetschenischen Terroristen, Mowsar Barajew, sei getötet worden, teilte der Krisenstab am Tatort mit. Dutzenden Geiseln war die Flucht aus dem Musical-Theater gelungen. Das Gebäude sei unter Kontrolle der Polizei. Die Sprengsätze im Inneren wurden entschärft.

Einige Terroristen wurden nach einer Meldung der Agentur Interfax von einem Sondereinsatzkommando festgenommen. Zunächst blieb unklar, ob es einen verdeckten Sturm der Polizei auf das Gebäude gab. Die tschetschenischen Geiselnehmer hatten in der Nacht damit begonnen, erste Geiseln zu erschießen. Zwei Männer starben.

Am Mittwochabend hatte eine Gruppe von etwa 50 schwer bewaffneten tschetschenischen Terroristen das Musical-Theater während einer Aufführung gestürmt und Hunderte von Menschen in ihre Gewalt gebracht. Die Geiselnehmer, nach eigenen Angaben ein Selbstmord-Kommando, forderten von der russischen Staatsführung, den Krieg in der abtrünnigen Kaukasusrepublik Tschetschenien zu beenden.  

26.10.02 07:49

59073 Postings, 8543 Tage zombi17Es sollen bis zu130 Menschen getötet worden sein!

Da ist wohl ne Menge schief gegangen.

 

26.10.02 08:13

5092 Postings, 8070 Tage dreameagleGuten Morgen von der Insel

hoffe Ihr habt nicht so ein Sauwetter wie wir!



 

26.10.02 08:16

5092 Postings, 8070 Tage dreameagleBin richtig froh,

dass es in Moskau nicht zur absoluten Katastrophe gekommen ist!!
Aber sie waren gezwungen zu handeln....
Stellt euch nur vo die hätten das ganze Theater in die Luft gesprengt!!!




 

26.10.02 08:18

5092 Postings, 8070 Tage dreameaglelaut CNN

konnten aber einige Geiselnehmer fliehen!! Wie bitte schön ist das denn möglich,wenn das ganze Gebäude umstellt worden war?



 

26.10.02 08:29
1

95441 Postings, 8503 Tage Happy End"Es riecht nach Gas"

Russische Sicherheitskräfte haben kurz vor Sonnenaufgang das von Tschetschenen besetzte Theater gestürmt und die Geiseln befreit. Die meisten Rebellen sprengten sich in die Luft oder wurden erschossen, so auch der Anführer Mowsar Barajev. Noch ist unklar, wie viele Geiseln ums Leben kamen. Die Moskauer Polizei hat ihren Zugriff offenbar mit Schlafgas vorbereitet.


Zu allem bereit: Eine Terroristen mit umgeschnalltem Bombenpaket
 
Moskau - Schüsse, Explosionen, Sirenengeheul: Kurz vor Sonnenaufgang eskalierte die Lage am Moskauer Musical-Theater, in dessen Inneren mehrere dutzend todesbereite Tschetschenen rund 700 Geiseln festhielten.

Nach Angaben der Behörden haben die Besetzer begonnen, ihre Drohung wahr zu machen und Geiseln zu erschießen."Sie (die Rebellen) haben zwei Personen erschossen. Darauf haben die Geiseln versucht zu fliehen. Spezialeinheiten haben die Schüsse gehört und daraufhin das Gebäude gestürmt", sagte ein Sprecher des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB am Samstagmorgen.

Etwa eine Stunde lang lieferten sich die Truppen einen erbitterten Kampf mit den Rebellen. Dutzende von Geiseln flohen aus dem Gebäude. Krankenwagen rasten heran, Sanitäter trugen Verletzte und Tote aus dem Gebäude.

"Die Terroristen, inklusive der Frauen, die sich Sprengsätze um den Körper gebunden hatten, sind nicht mehr am Leben", sagte der stellvertretende russische Innenminister Wladimir Wasiljew am Samstag dem russischen Fernsehsender NTV. Auch der Chef der Geiselnehmer, Mowsar Barajew, sei getötet worden. "Barajew ist tot, das ist sicher." Zwischen 30 und 36 Rebellen seien getötet worden. Derzeit würden die Sprengsätze entschärft, die im Theater angebracht worden waren. Wie viele Geiseln bei der Stürmung des Theaters ums Leben kamen war zunächst nicht bekannt.

Der Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow befürchtet nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax, dass sich die Zahl der Todesopfer auf bis zu 30 belaufen wird. Die Moskauer ARD-Korrespondentin Anja Bröker berichtete, Krankenhäuser hätten den Tod von etwa zehn Geiseln gemeldet.

"Der Sturm war nicht geplant, sondern durch die Situation erzwungen", sagte Wassiljew. Auch unter den Einsatzkräften habe es Opfer gegeben. Einige der Tschetschenen hätten möglicherweise fliehen können. Er rief die Moskauer auf, ihnen nicht zu helfen. Mit der Stürmung des Gebäudes sei ein größeres Blutbad verhindert worden, sagte Wassiljew. "Wir konnten verhindern, dass das Gebäude des Kulturzentrums in die Luft gesprengt wurde."

Augenzeugen berichten von Dutzenden Leichen, die aus dem Gebäude abtransportiert wurden. Die Überlebenden wurden in bereit stehende Busse gebracht. Unter den Geiseln waren auch Deutsche, Briten, Amerikaner, Niederländer, Österreicher und Australier. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes gibt es zum Schicksal der beiden deutschen Geiseln noch keinerlei Anhaltspunkte.

"Es riecht nach Gas"

Die russischen Spezialeinheiten haben ihren Zugriff offenbar mit Betäubungsgas vorbereitet. Viele Geiseln wie auch ein Teil der Terroristen seien eingeschlafen, heißt es in bisher unbestätigten Berichten. Demnach soll eine Geisel aus dem Konzertsaal per Handy bei Freunden angerufen haben und dabei gesagt haben: "Es riecht nach Gas". Den Berichten zufolge sei das Eindringen der Sondereinheiten in das Theater zunächst nicht bemerkt worden. Außerdem soll mindestens eine Geisel das Gas gespürt und sich daraufhin mit Tuch vor dem Mund selbst aus dem Gebäude gerettet haben.

Erste Fernsehbilder des Senders NTW zeigten, dass befreite Gefangene aus dem Musical-Theater getragen werden mussten oder wie betäubt am Arm von Polizisten gingen.

Aus der städtischen Klinik Nr. 13 berichtete der Sender "Echo Moskwy", dass viele der 100 dorthin gebrachten Geiseln nicht selbstständig laufen könnten. Von offizieller Seite wird dies vor allem auf den Schock nach der dreitägigen Geiselhaft zurückgeführt. "Sie kommen nicht zur Besinnung", sagte ein Mitarbeiter des Krisenstabes am Samstagmorgen nach Angaben der Agentur Interfax.

Mehrere Explosionen

Beobachter zählten gegen 5.45 Ortszeit wenigstens drei Explosionen am Theater. Sie wurden offenbar zum Teil von Panzerabwehrgranaten ausgelöst, mit denen die Besetzer aus dem Gebäude schossen. Bereits eine Stunde früher hatte es eine Explosion und Schüsse in dem Gebäude gegeben. Es war die dritte Nacht der Besetzung, die Situation für die Geiseln war immer verzweifelter geworden.

Im großen Saal des Theaters hielten 15 Rebellen mit Sprengsätzen am Körper ständig Wache. Sie beobachteten aufmerksam alle Gänge, Bühnengerüste und Keller. Ein Erstürmungsversuch sollte zur Explosion des Gebäudes führen.

Ein Redakteur der Nachrichtenagentur Reuters hatte noch kurz vor der Erstürmung am Samstagmorgen mit einem der Rebellen gesprochen. Der Mann habe mitgeteilt, so Reuters, dass seine Gruppe nun keine weiteren Geiseln mehr freilassen wolle. Der Ausgang der Geiselnahme hänge einzig davon ab, ob Russland dem geforderten Truppenabzug aus Tschetschenien zustimme.

"Allah sei Dank"

"Wir haben alle freigelassen, die wir freilassen konnten", sagte der Anrufer, der seinen Namen nicht nennen wollte. "Allah sei Dank, wir haben die Briten und Aserbaidschaner freigelassen. Wir haben nichts gegen Ausländer." Weiter sagte der erkennbar junge Mann, der ruhig, schnell und Russisch sprach: "Was nun geschieht, hängt von der russischen Führung ab, davon, worauf sie sich mit unseren führenden Vertretern einigen kann."


Harte Haltung: Der Anführer der Geiselnehmer, Mowsar Barajew, posiert für russische Kameras
 
"Die Lage ist sehr gespannt", hatten zuvor Geiseln per Handy aus dem Theater berichtet, "alle Geiseln sind im Saal. Sie haben weder zu essen noch zu trinken. Die Notdurft müssen sie im Orchestergraben verrichten. Im Zentrum des Zuschauersaals ist ein großer Sprengsatz gelegt. Die Bühne und die Zuschauergänge sind vermint."

Die Besetzer hatten angedroht, ab dem Morgengrauen Geiseln zu ermorden, falls ihre Forderung nach einer Beendigung des Krieges in ihrer Heimatrepublik nicht erfüllt wird. Die russischen Behörden ließen daraufhin an dem Theater mehrere Dutzend Busse auffahren, die für einen Abtransport der Geiseln bestimmt schienen. Die Polizei sperrte das Gelände weiträumiger als vorher ab und drängte dabei auch Journalisten von dem Gebäude fort.


Gefängnis für 700 Menschen: Das Theater in Moskau
 
Ein Vertreter des untergetauchten tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow hatte die Geiselnehmer von Moskau zur Vernunft aufgerufen. Auch der irakische Staatschef Saddam Hussein hatte an die tschetschenischen Geiselnehmer appelliert, ihre Gefangenen freizulassen. "Feinde des Islams sind der Zionismus und Amerika, nicht Russland", erklärte er am Abend. Der langjährige Verbündete Moskaus warnte die Tschetschenen, mit ihrem religiösen Fundamentalismus würden sie die Sympathien der Welt verscherzen. "Der Sinn des Islam liegt im Humanismus, nicht im Fanatismus."

Die tschetschenischen Rebellen hatten bis zum Freitagmittag 15 der rund 700 Geiseln in dem Moskauer Theater freigelassen. Gegen 20 Uhr kamen dann vier weitere Geiseln, eine Frau und drei Männer aus Aserbeidschan, frei. Bei einem Fluchtversuch am Donnerstag war eine Frau getötet worden.

In der ARD berichtete eine schon am Abend frei gelassene Familie von ihrer Geiselhaft. Angst habe sie nicht gehabt, sagte Maria Schkolnikowa, nachdem ihr Sohn als erster freigekommen sei. Die Ärztin hatte am Vortag vor laufenden Kameras einen Appell der Geiseln an die Behörden verlesen, von einer Erstürmung abzusehen. Am Donnerstag kam sie frei. "Das Schlimmste ist, dass immer noch Menschen da sind." Ihr Sohn Maxim erzählte: "Das war einfach Horror."  

26.10.02 09:08

95441 Postings, 8503 Tage Happy EndSollte das Gebäude angeblich nicht "komplett"

vermint sein?
 

26.10.02 11:55

8554 Postings, 8477 Tage klecks1Vieles wird zur Nebensache, wenn man das sieht...

26.10.02 16:18

51345 Postings, 8703 Tage eckivorhin im ZDF: Eine Geisel: Es gab keine Erschießu

ngen vor der Befreiungsaktion. Es war ein plötzlicher Angriff. Offizielle Stellen behaupten dagegen, es gab 2 Erschießungen. Wer wird das schon so genau nehmen.

Und Schlafgas würde ich das Zeugs wohl auch nennen, dass 67 von den Geiseln zu entgültigen Schläfern gemacht hat. Giftgas wäre ja so ein hässliches Wort und das bleibt für Bestien wie Hussein vorbehalten.

Und endlich hat Putin wieder freie Hand nochmal so 20 000 Zivilisten in Tschetschenien zu metzeln? Läuft doch wieder mal alles super.

Grüße
ecki  

26.10.02 16:24

179550 Postings, 8235 Tage GrinchDer "Vergeltungsschlag" is schon angelaufen, oder?

Ich finde komisch das bei der ganzen berichterstattung nie gefragt wurde was menschen soweit bringt! Wie viel haben die gesehen bis sie sich dazu entschlossen haben?  

26.10.02 16:31

51345 Postings, 8703 Tage eckiRecht zum Widerstand ja, aber Geiselnehmen ist vol

l Scheiße. Was gibt es für eine Lösung in Tschetschenien? Keine. Jetzt reden wir wieder ein paar Tage drüber, dann wird es wieder vergessen obwohl dort weitergemetzelt wird. Und beim nächsten Sabotageakt, Bombenanschlag oder Flugzeugentführung kommen wieder die Zusammenfassungsberichte, was schon so alles war. Zum Kotzen ist das.

Können wir was dagegen tun? Nein, denn Putin ist treu in der Antiterrorfront, der problemlos auch Staatsterroristen angehören können. Und da brauchen wir ihn.

Grüße
ecki  

26.10.02 17:46

Clubmitglied, 50029 Postings, 8621 Tage vega2000Der Krieg in Tschetschenien & die Gründe

Der russische Krieg in Tschetschenien ist mehr als eine hysterische Reaktion auf islamistische Gewalt. Es geht auch um handfeste materielle Interessen Moskaus in der Region
An den Schlagbäumen stauen sich die Flüchtlinge, in der Ferne hört man Artillerie, die Medien berichten von Erfolgen gegen die Banditen. Aber was wirklich in Tschetschenien geschieht, lässt sich außerhalb des Landes nur befürchten. Vielleicht stimmt ja die amtliche Version: Die "Banditen" werden bekämpft, die Bevölkerung wird geschont. Optimistische Vermutungen sind möglich, aber unrealistisch.

In einigen Punkten hat die russische Seite Recht. Vor dem russischen Angriff war Tschetschenien als Staat kaum funktionsfähig. Mit ihrem Einfall nach Dagestan demonstrieren die islamistischen Gruppen, dass sie notfalls den gesamten Kaukasus in ein Blutbad verwandeln werden. Gewiss können diese Gruppen auch auf die Hilfe international agierender Terroristen rechnen. Wie sollte schließlich Moskau mit einer Regierung verhandeln, die offenkundig ohnmächtig war?

Mit welchen Methoden aber die russische Armee Ordnung schaffen und ihrem Herrschaftsanspruch Geltung verschaffen wollte, sah man schon in Dagestan. Sie feuerte aus allen Rohren und ohne Rücksicht auf die Bevölkerung. Wo die Russen vorher ungeliebt waren, aber - verglichen mit den religiösen Fanatikern - als kleineres Übel hätten gelten können, sind sie nun nur noch verhasst.

In Tschetschenien wird diese Taktik fortgeführt: Die Armee verlässt sich auf ihre überlegene Feuerkraft; die Soldaten dringen erst vor, nachdem die Gegenseite stillgebombt ist. Dies ist die russische Strategie: Erst wird die Bevölkerung vertrieben, dann werden die verbliebenen Bewaffneten mit überlegener Vernichtungstechnik "liquidiert". Eine gesamte Bevölkerung kann man aber nur in die Flucht jagen, wenn man ihr Angst und Schrecken einjagt; und das erreicht man durch Terror.

Die amtliche russische Behauptung, die Bevölkerung werde geschont, erstaunt noch in anderer Hinsicht. Nicht einmal mit der eigenen Bevölkerung geht man, so die russische Tradition, sonderlich behutsam um. Bei summarischen Aktionen gegen die Kaukasier aber kann man in Russland allgemeinen Applaus erwarten. Der pauschale Verdacht der Wirtschaftskriminalität, des Rauschgifthandels oder der Bandenbildung war in den 90er-Jahren auch von Regierungsseite genährt worden; längst waren die Kaukasier in Russland das Objekt bürokratischer Schikanen geworden.

Die antikaukasischen Stimmungen erreichten einen Höhepunkt mit den terroristischen Sprengungen großer Wohnblöcke im Herbst. Weder der Presse noch dem Publikum musste bewiesen werden, dass die Täter muslimische Kaukasier waren. Der Krieg verschaffte daher Politikern wie Putin Popularität, und die Machtverhältnisse, die ins Rutschen geraten waren, stabilisierten sich wieder. Putins Aussichten bei den nächsten Präsidentschaftswahlen sind damit enorm gestiegen.

Überdies gibt es handfeste Interessen: die Sicherung der Pipeline, die das Kaspische Meer mit dem Mittelmeer verbindet, das Erdöl im Boden Tschetscheniens, die Verhinderung einer Destabilisierung der gesamten Region. Auch wenn der militärische Angriff unmoralisch sein sollte, irrational ist er nicht.

Diese Beobachtungen könnten in eine glatte Verschwörungstheorie hineinführen, die wie üblich plausible und unplausible Aussagen miteinander mischt. Sollte etwa der FSB, die Nachfolgeorganisation des KGB, die Wohnblocks in die Luft gesprengt haben? Aber es gibt auch Gegengründe. Sicherlich ist der FSB skrupellos. Aber wäre er auch töricht genug? Denn mittelfristig ließe sich ein solches Verbrechen wahrscheinlich doch nicht vertuschen. Umgekehrt sollte man bei den gewalttätigen muslimischen Gruppen nicht viel Menschenfreundlichkeit vermuten. Aber das muss wiederum nicht heißen, dass sie diese Terrorakte begangen haben.

Eine plausiblere Erklärung können die Mechanismen des Guerilla- oder Partisanenkrieges liefern, wenn man keine der beiden Seiten idealisiert. Guerillaarmeen kämpfen typischerweise gegen einen militärisch haushoch überlegenen Gegner. Eine Chance haben sie in dieser Konstallation nur, wenn sie sich in der Bevölkerung bewegen können wie der berühmte Fisch im Wasser.

Deshalb schüchtern sie in der Regel auch die eigene Bevölkerung ein: Gegner werden als Verräter behandelt; die Verurteilungen sind entsprechend rigide. Nach dem Sieg wird diese unheilvolle Praxis üblicherweise beibehalten. Befreite Gebiete sind in der Regel keine, in denen die Bevölkerung in Freiheit lebt.

Erfolgreiche Guerillaarmeen können darüber hinaus auf die ungewollte Hilfe durch ihre Gegner rechnen. Je weniger die regulären Streitkräfte die Guerilleros von der Bevölkerung unterscheiden können, desto stärker bekämpfen sie die Bevölkerung selbst. Diese befindet sich spätestens dann auf Seiten der Guerillaarmee. Das wiederum verstärkt die Unfähigkeit der regulären Armee, die ihren wirklichen Feind immer weniger trennscharf ausfindig machen kann.

Ist dieser Mechanismus einmal in Gang gebracht, kann er kaum noch angehalten werden. Ein Lehrbuchbeispiel dafür ist das Vorgehen der türkischen Armee in den kurdischen Siedlungsgebieten; die russische Führung ist nicht klüger.

Natürlich kann eine Guerillaorganisation mit diesem Mechanismus kalkulieren. Denn wenn sie die massenhaften Repressionen herbeiführt, wird sie mittelfristig stärker. Am Ende kann die reguläre Armee nur noch gewinnen, wenn sie die Bevölkerung insgesamt vertreibt, umbringt oder in solche Not bringt, dass sie keiner Guerrilla mehr helfen kann.

In der modernen Welt sind derartige Konflikte ohne die beobachtenden Medien kaum noch denkbar. In ihrem Lichte hat die reguläre Armee entweder gegen "Terroristen" Recht oder gegen "Freiheitskämpfer" Unrecht. Jede Armee verliert aber ihre Legitimation, wenn öffentlich berichtet wird, dass sie die Bevölkerung angreift.

So geschah es der amerikanischen Armee im Vietnamkrieg. Auch wenn sie noch mehr militärtechnische Reserven gehabt hätte - der Krieg untergrub längst die Autorität der Regierung daheim. Entscheidenden Anteil an dieser Delegitimierung hatten Presse und Fernsehen. Das war den Serben im Kosovo klar, es ist den Russen in Tschetschenien klar.

Der Kosovokrieg ist in den öffentlichen Stellungnahmen russischer Militärs immer wieder präsent. Die russischen Medien und die russische Bevölkerung hatten die Angriffe der Nato durchgängig abgelehnt - teils aus slawisch-orthodoxen Sympathien, teils weil sie das hilflose serbische Volk einem gnadenlosen Völkermord ausgeliefert sahen. Die Regierung hatte vielleicht noch einen Hintergedanken: Ein souveräner Staat soll auf seinem Territorium machen dürfen, was er will.

Umso bemerkenswerter war, dass die russische Armee nun ausdrücklich nachmacht, was sie als Vorgehen der Nato getadelt hatte: die systematische Bombardierung von Städten und Dörfern. Das Vorbild Kosovokrieg kann jedoch auch in die Irre führen. Wäre die Nato tatsächlich so vorgegangen, wie es die russischen Medien unterstellten, sähen Belgrad oder Novi Sad heute aus wie Warschau 1945. Wahrscheinlich aber ist, dass Grosny und Gudermes so aussehen.

Man kann den russischen Militärs vorwerfen, dass sie nichts aus den Niederlagen in Afghanistan und im ersten Tschetschenienkrieg gelernt hätten. Aber dies ist müßig - der Guerillamechanismus ist ohnehin stärker. Und die Bedeutung der öffentlichen Berichterstattung haben sie erkannt: Tschetschenien ist abgeriegelt, die Journalisten schauen in den Nebel.

Die russische Armee könnte gewinnen. Aber ihre Fixierung auf einen Sieg, der die erlittenen Niederlagen wettmacht, der das Land symbolisch wieder stärkt und an den Triumph im Großen Vaterländischen Krieg gegen Deutschland anknüpft, hat eine bittere Folge: Denn die russische Kriegführung entspricht eben weniger jener der Nato-Staaten gegen Serbien als jener der deutschen Wehrmacht in den Partisanenkämpfen in der Ukraine, in Weißrussland und in Polen.
Ruhm lässt sich so nicht gewinnen. Und die Kosten sind auf jeden Fall verheerend.

Tageszeitung

ariva.de  

26.10.02 18:34

108 Postings, 8211 Tage winnnerBravo! Russland!! o. T.

Kein Staat solte sich von Moslems erpressen lassen!
Es gibt nur eine Antwort auf diese Extremisten, den Tod.
Vieleicht begreift der Westen in ein paar Jahren auch das die Moslems keine Friedlichen, Rückständigen Bauern sind, sondern gefährliche Terroristen die man vernichten muss.  

26.10.02 18:41

51345 Postings, 8703 Tage eckiFrieden durch massakrieren von Zivilisten?

Der Weg eines winners?

Die nächste Generation von Terroristen wird schon wieder erzeugt. Recht auf Widerstand steht bei uns in der Verfassung, den Tschetschenen wird sogar das Recht auf eine Verfassung bisher verwehrt. Und wenn sie aufmucken, wird es mal bombardiert und sonst nichts.

Bravo Russland. Weiter so.

Grüße
ecki  

26.10.02 18:59

4690 Postings, 8616 Tage proxicomi@ecki

hast du eine ahnung wie groß russland ist?
naja geographie, war ja schon in meinen anti-osterweiterungs-thread nicht deine stärke:)
spanier sind auch gute osteuropäer....
aber lassen wir die kleinlichkeiten.

kennst du die russische mentalität, dort spielt ein menschenleben keine rolle.

ebenso geht es hier um handfeste interessen im kaukasus, der weichen südwestseite des russischen riesenreiches.

diese lösung ist eine typisch rusische lösung.

gruß
proxi  

26.10.02 19:56

2728 Postings, 8449 Tage soulsurfertotal daneben gegangen würde ich sagen


erschreckend wie wenig ein Menschenleben wert ist, es sieht so aus, als ob die Russen das Risiko nicht gescheut haben, dass die Terroristen das Theater in die Luft jagen. Dann  wären wohl alle drauf gegangen. Bin eigentlich sprachlos..



 

26.10.02 20:06

51345 Postings, 8703 Tage eckiGerade im ZDF: Ein russischer Arzt: In unserem

Krankenhaus liegen zur Zeit 350 Verletzte, davon die Hälfte kritisch bis lebensgefährlich..... Und er wusste immer noch nicht, gegen welches Mittel konkret behandelt werden sollte, weil auch die Ärzte keine Infos kriegen. Typisch russisch eben.

Bei 100 toten Geiseln wird es nicht haltmachen, und die Überlebenden werden teilweise lebenslänglich schwer geschädigt sein.

@proxi:
Bezüglich Geographie bin ich doch ziemlich sattelfest, weil es eines meiner Lieblingsbeschäftigungen war im Atlanten zu schmökern. Wenn du Spanien nach Osteuropa tust, ist das nicht mein Problem. Und Island zur EU. Überleg mal wer da Nachhilfe nötig hat.

Klar ist Russland groß. Gibt ihnen das jedes Recht ihre Minderheiten zu unterdrücken? Vor 15 Jahren wären die Tschetschenen CIA-finanziert aufmarschiert und die Amis hätten gesagt, dass das ein legitimer Unabhängigkeitskampf gegen die unmenschliche Moskauer Dikatatur ist. Und wenn die Tschetschenischen Rebellen jetzt von Moslemextremisten gefördert werden, liegt das wohl einfach daran, das verzweifelte immer für den empfänglich sind, der ihnen hilft.

Denkt ihr etwa, dass der fortgesetzte Russenterror in Grosny und anderswo friedensstiftend ist?

Grüße
ecki  

26.10.02 20:22

6537 Postings, 8138 Tage Schnorrerschnorrer-Analyse:

der sog. "Erfolg" der russischen Alpha-Truppen wird sich ins Gegenteil verkehren.

Wie groß muß die Verzweiflung sein, daß sich 50 (FÜNFZIG !!!) junge Menschen bedingungslos in den Tod begeben?

Die Aktion war groß, ist mißlungen: ergo: es müssen größere folgen.

Das ist die Logik des Terrorismus.

Die russische Regierung hat versagt.

Der Preis wird höher sein.  

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