Novartis will Morphosys schlucken - Zugriff auf Hoffnungsträger Der Pharmakonzern Novartis greift nach dem Biotech-Unternehmen Morphosys (MorphoSys Aktie) aus Planegg bei München. Die Schweizer sind vor allem am großem Hoffnungsträger Pelabresib interessiert, denn das Krebsmittel der Bayern könnte womöglich ein Kassenschlager werden. Novartis lässt sich die Übernahme deshalb 2,7 Milliarden Euro kosten und bietet den Morphosys-Aktionären damit eine satte Prämie. Auch Vorstand und Aufsichtsrat von Morphosys unterstützen das Angebot. Die Morphosys-Aktie näherte sich am Dienstagmorgen mit einem Kurssprung der Offerte. Kurz nach dem Handelsbeginn ging es für das im SDax notierte Papier um fast ein Fünftel bis auf 66,58 Euro hoch, soviel hatte die Aktie seit Juli 2021 nicht mehr gekostet.
Novartis bietet für eine Morphosys-Aktie 68 Euro, wie beide Unternehmen am Vorabend mitteilten. Dies entspricht den Angaben zufolge einem Aufschlag von 94 Prozent auf den volumengewichteten Durchschnittskurs des letzten Monats vor dem 25. Januar 2024. Zu diesem Datum kamen die ersten Übernahme-Spekulationen auf. Erste Analysehäuser passten ihre Kursziele bereits entsprechend dem Angebotspreis an - so auch die Experten der Citigroup (Citigroup Aktie), die zudem am Dienstag ihr bisheriges Verkaufsvotum strichen.
Laut dem Marktexperten Andreas Lipkow findet zurzeit im Onkologiebereich "eine wahre Jagd nach aussichtsreichen kleinen und mittelgroßen Unternehmen" statt. Nach der Übernahmeofferte von Pfizer an die Seagen-Aktionäre Anfang des vergangenen Jahres sei zusätzliche Dynamik in den Sektor gekommen.
Über das Novartis-Gebot für das SDax-Unternehmen Morphosys hatte am Montagnachmittag bereits die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Interesse an einem Kauf des bayerischen Antikörper- und Krebsspezialisten hatte demnach auch Morphosys' bisheriger Vertriebspartner, das US-amerikanische Pharmaunternehmen Incyte.
Novartis hat den Vollzug des Angebots abseits der üblichen kartellrechtlichen Genehmigungen an eine Mindestannahme durch 65 Prozent des Aktienkapitals von Morphosys geknüpft. Der Konzern geht davon aus, das Geschäft in der ersten Hälfte des Jahres abschließen zu können. Nach dem Vollzug des Übernahmegebots soll Morphosys von der Börse genommen werden.
Die Schweizer haben im vergangenen Jahr ihre Generikatochter Sandoz abgespalten und fokussieren sich nunmehr auf neuartige Arzneimittel. Mit der Übernahme von Morphosys wollen sie sich auf diesem Wege das Krebsmittel Pelabresib sichern. Die Arznei wird im Kampf gegen Myelofibrose eingesetzt, einen seltenen Blutkrebs, der seinen Ursprung im Knochenmark hat, und für den es bislang kaum Therapiemöglichkeiten gibt. Novartis verfüge über umfangreiche Ressourcen, um "das Potenzial von Pelabresib auf globaler Ebene voll zu entfalten und auszubauen", hieß es von beiden Unternehmen.
JPMorgan-Analyst James Gordon weist unterdessen darauf hin, dass für die aktuelle Standardtherapie bei Myelofibrose - Jakafi - Incyte die US-Rechte besitze und Novartis jene für die Märkte außerhalb der USA. Deshalb sei eine Morphosys-Übernahme wohl nur im logischen Interesse der größeren Konzerne. Auch könne das Potenzial eines Unternehmens mit der Möglichkeit einer weltweiten Kommerzialisierung nun "maximiert" werden, so der Experte.
Dazu dürfte Morphosys allein wohl nicht in der Lage sein, heißt es von Branchenkennern. Das Unternehmen hatte die Rechte an Pelabresib selbst durch eine teure Übernahme erworben: Dazu kauften die Bayern mit finanzieller Unterstützung des US-Konzern Royalty Pharma im Jahr 2021 für 1,7 Milliarden Dollar (Dollarkurs) den Krebsspezialisten Constellation Pharmaceuticals. Die teure Forschung an dem Mittel trieb Morphosy jedoch in die roten Zahlen und zwang die Unternehmensführung, einige andere Forschungsprojekte zu beenden und am Stammsitz in Planegg bei München Stellen abzubauen. Morphoys traut Pelabresib einen Milliardenumsatz zu. Der Zulassungsantrag soll bisherigen Angaben Mitte des Jahres bei den Behörden in den USA und Europa eingereicht werden. Im vergangenen November waren zunächst am Markt jedoch Zweifel an der Zulassungsfähigkeit des Mittels aufgekommen, da es zwar die wichtigsten Ziele der Studie erreichte, jedoch in einigen Teilbereichen keinen statistisch bedeutsamen Nutzen zeigte.
Innerhalb von nur acht Handelstagen halbierte sich damals in der Folge der Aktienkurs von Morphosys. Im Dezember dann sorgten detaillierte Pelabresib-Studiendaten auf der Jahreskonferenz der US-Hämatologen für neuen Auftrieb. Anleger setzten seither wieder darauf, dass das Mittel die US-Zulassung gegen die Blutkrebserkrankung erhält und weiter ein Kassenschlager werden kann.
Wie es in der Mitteilung vom Vorabend nun weiter hieß, wird Morphosys sich im Zuge des Deals vom Blutkrebsmedikament Tafasitamab trennen. Das Mittel mit dem Handelsname Monjuvi ist bisher das einzige eigene Medikament des Unternehmens mit einer Marktzulassung. Morphosys wird nun alle weltweiten Rechte an Tafasitamab an den US-Partner Incyte übertragen. Derzeit arbeiten beide Unternehmen noch gemeinsam an der Entwicklung und Vermarktung von Tafasitamab. In den USA teilten sich die Bayern mit Incyte bisher die Einnahmen an dem Mittel, für das aktuell noch weit fortgeschrittene Studien für weitere Indikationen laufen.
Quelle: dpa-AFX
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