Der Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) hat die Deutsche Post vor dem Landgericht Berlin wegen angeblich überhöhter Portopreise verklagt. Andere Unternehmen könnten nachziehen.
Dies teilte BGA-Hauptgeschäftsführer Gerhard Handke am Dienstag in Berlin mit. "Die Post AG verlangt ein überhöhtes Briefporto, das von der zuständigen Behörde nicht genehmigt wurde und damit gesetzwidrig ist", begründete Handke den juristischen Schritt, mit dem der BGA erreichen will, dass die Post rund 21.000 Euro an den Verband zurückzahlt. Der eher kleine Betrag könnte allerdings deutlich größer werden, wenn die Klage durchkommen würde. Denn nach einem Klageerfolg hält es Handke für wahrscheinlich, dass auch andere Unternehmen Teile ihrer bereits bezahlten Porti zurückfordern könnten. Der BGA rechnet in vier bis fünf Monaten mit einem Urteil.
Der Hintergrund der BGA-Klage ist eine bürokratische Posse: Die derzeit geltenden Briefpreise waren ursprünglich nur bis zum 31. August 2000 genehmigt. Bereits vor Ablauf dieser Frist ließ der damalige Chef der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP), Klaus-Dieter Scheurle, durchblicken, dass er das Standardporto senken wolle. Die gewinnmindernde Maßnahme stieß im Vorfeld des Post-Börsengangs auf wenig Begeisterung beim Eigentümer Bund. Kurzerhand intervenierte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, überstimmte den zuständigen Chefregulierer und wies ihn an, das Porto unverändert zu belassen.
Weisung oder Genehmigung
Die RegTP habe der Post ausdrücklich keine Genehmigung für die aktuellen Portopreise erteilt, sondern lediglich auf die Weisung des Ministeriums verwiesen, argumentiert der BGA-Hauptgeschäftsführer. Die Wettbewerbshüter hätten zudem nicht wie vorgeschrieben geprüft, ob die Porti angemessen seien. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte: "Die allgemeine Weisung ist auf gesetzlicher Grundlage erfolgt und daher rechtmäßig."
Auch die Post wies die Vorwürfe des BGA am Dienstag entschieden zurück. Beim Thema Porto verstehen die Zusteller keinen Spaß: Immerhin verdient der Konzern, der im Jahr 2000 rund 33 Mrd. Euro umgesetzt hat, rund drei Viertel seines Gewinns von zuletzt 2,4 Mrd. Euro mit dem Briefgeschäft. "Der Verband betreibt mit seiner Klage Polemik auf Kosten des Unternehmens", so ein Sprecher des Bonner Briefmonopolisten. Das Porto in Deutschland sei von der RegTP noch bis Ende 2002 genehmigt.
Neue Portorunde in Sicht
Tatsächlich laufen die Vorbereitungen für die neue Portorunde bei der RegTP bereits auf Hochtouren. Während Postchef Klaus Zumwinkel im Jahr 2000 eine Absenkung noch erspart blieb, scheint sie Anfang 2003 so gut wie unausweichlich. Bereits Ende Juli vergangenen Jahres sagte der Vizepräsident der RegTP, Gerhard Harms, im Gespräch mit der FTD: "Ich glaube nicht, dass Herr Zumwinkel ernsthaft erwartet, dass die Portohöhe konstant bleibt." Er vertritt diese Meinung schon deshalb, "weil die Post in den vergangenen Jahren sicherlich spürbar rationalisiert hat". Selbst Wirtschaftsminister Müller stellte 2001 in einem Interview fest: "Insgesamt wird die Nutzung von Postdienstleistungen wohl billiger."
Ob dies allerdings dazu führen wird, dass der Preis für einen Standardbrief von 0,56 Euro sinken wird, ist fraglich. "Künftig werden wir Gesamtpreise für Körbe von Postprodukten vorgeben. Dann liegt es in der unternehmerischen Freiheit von Herrn Zumwinkel, wie er seine Briefpreise gestaltet, um unsere Vorgaben zu erreichen", erklärte FDP-Mitglied Harms. "Die Preissenkung kann auch über andere Produkte, etwa die Postkarte oder den Maxi-Brief, erfolgen." Die konkreten Details über dieses neue Verfahren zur Preisfindung stehen bislang noch nicht fest.
"Die großen Preise für die kleinen Briefe sind für die 135.000 Unternehmen im Groß- und Außenhandel eine ständige Belastung", sagte am Dienstag BGA-Geschäftsführer Handke. "Gemeinsam mit den Italienern zahlen deutsche Postkunden im Vergleich der wichtigsten Industrienationen mit Abstand die höchsten Preise für ihre Briefmarken." Die Post hält dagegen: "Das deutsche Briefporto ist keineswegs überhöht."
Die Anleger nahmen von den Rangeleien wenig Notiz. Die Aktie Gelb legte im Tagesverlauf um 2,5 Prozent zu und notierte am Abend bei 15,58 Euro. Die Post habe vom guten Ausblick ihres US-Konkurrenten FedEx profitiert, begründeten Analysten. |