Geheime E-Bombe eingesetzt?

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eröffnet am: 28.10.02 16:55 von: Slater Anzahl Beiträge: 1
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44542 Postings, 8551 Tage SlaterGeheime E-Bombe eingesetzt?

Nach langem Schweigen haben die Moskauer Gesundheitsbehörden es am Sonntagabend eingestanden: Bis auf zwei der 118 Todesopfer unter den Geiseln starben alle an dem eingesetzten Betäubungsgas. Nach Angaben der Zeitung "Le Parisien" wurde bei dem Sturm zusätzlich eine so genannte Mikrowellen-Waffe eingesetzt, die die Zünder an den Bomben ausschaltete. Die Unterhändlerin der Tschetschenen, die Journalistin Anna Politkowskaja, erhob indes schwere Vorwürfe gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Da bei dem Einsatz zur Beendigung des Geiseldramas keiner der mit Sprengstoff-Gürteln ausgerüsteten Geiselnehmer seine tödliche Ladung zündete, vermutet der "Parisien", die russischen Spezialeinheiten hätten beim Sturm des Theaters zusätzlich zu dem mysteriösen Gas eine geheime (E-)Waffe mit Hyperfrequenz eingesetzt. Damit seien die Zünder an den Bomben der Selbstmord-Attentäter ausgeschaltet worden. Das eingesetzte Gas allein habe offenkundig weder alle Geiselnehmer noch alle Geiseln außer Gefecht gesetzt, erinnerte das Blatt.

Die so genannte Mikrowellen-Waffe wurde nach Informationen des "New Scientist" von den USA entwickelt, um möglicherweise beim Angriff auf Irak zum Einsatz zu kommen. "Le Parisien" betonte, sie zerstöre nicht nur alle elektrischen, elektronischen und Funk-Geräte, sondern heize auch die Wassermeleküle im menschlichen Körper auf. Die Amerikaner hätten die Entwicklung einer handlicheren Form der E-Bombe namens Flux Compression Generators (FCG) offiziell mit dem Hinweis aufgegeben, in den Händen von Terroristen könne diese Waffe verheerende Wirkung haben.

Rätselraten um Gas

Auch über das Gas, das die Spezialeinheiten bei der Rettungsaktion verwandten, herrscht weiterhin Unklarheit. Die russischen Behörden hüllen sich in Schweigen. Es seien "besondere Mittel" eingesetzt worden, hieß es lediglich. Diese hätten es ermöglicht, auch jene Täter auszuschalten, die Bombenpakete am Körper getragen hätten.

Kein medizinisches Betäubungsmittel, kein Nervengas

Einig sind sich die Experten weitgehend, dass es sich nicht um ein klassisches Anästhesie-Gas gehandelt hat. Dr. Peter Hutton von der britischen Anästhesie-Vereinigung sagte, er kenne kein Anästhesie-Gas, dass in der in Moskau eingesetzten Art und Weise wirke. "Es handelt sich mit Sicherheit um etwas, dass nur vom Militär entwickelt, besessen und angewandt werden kann", sagte der Mediziner. Aber auch ein Nervengas wird es nach Expertenmeinung nicht gewesen sein. Solche Substanzen ließen sich später noch im Körper nachweisen, erläutert der Münchener Toxikologe Prof. Thomas Zilker, der die beiden deutschen Opfer betreut. Dieses sei bei den Geiseln nicht der Fall.

Zilker und viele andere Fachleute glauben deshalb, dass ein Narkose- oder Betäubungsgas zum Einsatz kam, dass vor allem durch die hohe Konzentration und den sehr schlechten Gesundheitszustand vieler Geiseln vielfach tödlich wirkte.

Militär-Chemie-Experten der Moskauer Staatlichen Universität sind sich nach Informationen der Moskauer Zeitung "Gaseta" sicher, dass im Theater das Gas Trimetilfentanil versprüht wurde. Dieses Gas, das wie ein Opiat wirke, würde tatsächlich für Narkose verwendet. Es versetze den Patienten in eine weitgehende Bewusstlosigkeit und eine vollständige Bewegungsunfähigkeit nach dem ersten Einatmen. Auf kranke und geschwächte Menschen wirke Trimetilfentanil schon in kleinsten Dosierungen tödlich. 24 Stunden vor dem Sturm hatten Krankenhäuser laut Zeitung Anweisungen erhalten, ihre Vorräte an Naloxon und Nalorfin zu erhöhen. Diese Mittel werden zur Behandlung bei einer Überdosis Heroin angewendet und neutralisieren die Wirkung von Opiaten.

Geheimdienste vermuten neuartiges Gas

Amerikanische Toxikologen mutmaßten, dass das Gas große Mengen Valium enthielt. "Es betäubt, und hinterher kann man sich nicht mehr gut an das erinnern, was passiert ist", sagte Christopher Holstege von der Universität Virginia. Möglicherweise habe es sich aber auch um höhere Dosen eines Quinuclidinyl-Benzilats (BZ) gehandelt, mit dem früher auch die US-Armee experimentiert habe. BZ mache ebenfalls schläfrig und führe zu Verwirrung und Halluzinationen, sagte Holstege.

Westliche Geheimdienste haben indes eine schlimme Vermutung: Die russischen Sicherheitskräfte haben "wahrscheinlich ein völlig neuartiges Gas eingesetzt, das in Sekundenschnelle wirkt und nicht wirklich nachzuweisen ist", erfuhr die Nachrichtenagentur ddp aus westlichen Geheimdienstquellen.

Der Hamburger Chemie- und Biowaffenexperte Jan Van Aken forderte schnelle Informationen über das in Moskau eingesetzte Gas. Die Ärzte müssten so schnell wie möglich erfahren, welches Gas verwendet worden sei, sagte van Aken im ZDF. Nach Angaben van Aken ist es schwierig, die Substanz aus der Ferne genau zu definieren. Viele dieser Stoffe seien illegal und verstießen gegen die Chemiewaffen-Konvention.

"Putins Generäle hatten schon entschieden"

Die rennomierte Journalistin Politkowskaja erhob inzwischen schwere Vorwürfe gegen Putin. Die mindestens 115 bei dem Einsatz gestorbenen Geiseln seien "absichtlich vergast worden", sagte die renommierte russische Journalistin der Zeitung "Le Parisien". Putin hätte mit Sicherheit versucht, mehr Menschen durch Verhandlungen zu retten, wenn sich eine seiner Töchter in dem besetzten Musical-Theater befunden hätte.

Die Journalistin, die für ihre Reportagen aus Tschetschenien jüngst in den USA eine Auszeichnung erhalten hatte, betonte, sie habe Freitagabend anderthalb Stunden lang mit den tschetschenischen Geiselnehmern gesprochen. Zu jenem Zeitpunkt habe es eine "echte Chance" gegeben, die Krise friedlich beizulegen, zumal die von den Tschetschenen gestellten Bedingungen leicht hätten realisiert werden können. "Aber Putins Generäle hatten schon entschieden, den Sturm anzuordnen."

 

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