Ukraine blockiert russischen Gastransit - Gazprom spricht von "höherer Gewalt" (Zusammenfassung) 21:12 | 13/ 01/ 2009
MOSKAU, 13. Januar (RIA Novosti). Die Ukraine hat den am Dienstagmorgen wiederaufgenommenen russischen Gastransit nach Europa blockiert.
Wenige Stunden nach der Wiederaufnahme der Lieferungen gab der ukrainische Versorger Naftogaz zu, dass die Ventile an Messstationen an der russisch-ukrainischen Grenze abgedreht seien. Abnehmer in Europa, vor allem in den am stärksten betroffenen Balkan-Ländern und in der Slowakei, bleiben seit über einer Woche ohne Gas.
Ukraine hat Gastransit gar nicht geplant Vertreter des russischen Gaskonzerns Gazprom sprechen bereits von "höherer Gewalt". "Wir haben Gasabnehmer in Europa bereits über das Eintreten von Umständen höherer Gewalt in der Ukraine informiert", sagte Gazprom-Vizevorstandschef Alexander Medwedew am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Moskau. Nach seinen Woren hatte die Ukraine bereits zum 1. Januar beschlossen, russisches Gas nicht weiter nach Westen durchzuleiten. "(Kiew) hat nach einem Plan gehandelt ... und das ukrainische Gastransportsystem auf die Belieferung des eigenen Binnenmarktes umorientiert. Man hatte gar keine Absicht mehr, russisches Exportgas zu transitieren", sagte Medwedew.
Dabei berief sich der Gazprom-Vize auf ein Schreiben von Andrej Dazjuk, Experte des ukrainischen Versorgers Naftogaz. In dem Papier hieß es, dass das "Gastransportsystem der Ukraine ab dem 1. Januar im autonomen Regime zur Versorgung der ukrainischen Abnehmer mit Erdgas funktionieren wird".
Kein Gas für Ukraine ohne Gasvertrag Die von der Ukraine vorgeschlagenen Transitpunkte sind Medwedew zufolge nicht für den Gasexport bestimmt. Zuvor hatte sich die Ukraine geweigert, russisches Transitgas durch die Messstation Sudscha an der russisch-ukrainischen Grenze weiterzuleiten, und andere Punkte vorgeschlagen, darunter Walujki und Pissarewka.
"Diese Transitpunkte sind nicht für Exportlieferungen, sondern ausschließlich für die Versorgung des ukrainischen Marktes geeignet. Wir haben aber nicht die Absicht, unser Gas an die Ukraine ohne gültigen Gasvertrag zu liefern", betonte der Gazprom-Vizevorstand.
Ukraine stiehlt russisches Transitgas Nach Worten von Gazprom-Sprecher Sergej Kuprijanow wurde russisches Gas aus der Exportpipeline von der Ukraine gestohlen. "Die Behauptung, dass das Gas 36 Stunden brauche, um bei den europäischen Verbrauchern anzukommen, bedeutet nur, dass unser Gas aus den Transitpipelines in der Ukraine abgeleitet wurde."
Obwohl Russland am Dienstagmorgen den Gashahn aufgedreht hat, ist das Gas bislang nicht in Europa angekommen. Der ukrainische Gasversorger Naftogaz gestand unterdessen ein, den Gastransit blockiert zu haben. Grund dafür seien "von Gazprom gestellte nicht hinnehmbare Transit-Bedingungen ", sagte ein Sprecher des staatlichen ukrainischen Versorgers ohne nähere Angaben. Naftogaz hatte bereits am Vortag angekündigt, russisches Gas zu "technischen Zwecken" abzapfen zu wollen.
Nach Worten von Vize-Vorstand Medwedew hat Russland keine vollständigen Angaben über die von der Ukraine aus der Exportpipeline entnommenen Gasmengen. "Die genaue Zahl wird bekannt, nachdem die Kontrolleure ihren Einsatz beendet haben. Und das wird nur möglich sein, wenn das Gas fließt", fügte Gazprom-Sprecher Sergej Kuprijanow hinzu. Allein aus der in die Balkan-Region führende Leitung habe die Ukraine schätzungsweise rund 140 Millionen Kubikmeter Gas abgezapft, sagte er.
Alternative Lieferwege tun not Gazprom-Vize Medwedew sprach sich in diesem Zusammenhang für die schnellstmögliche Schaffung alternativer Lieferwege für russisches Gas aus. "Die gegenwärtige Gaskrise zeugt davon, dass Russland mit unberechenbaren Risiken konfrontiert ist ... Die jüngste Entwicklung führt vor Augen, dass eine Diversifizierung der Transitwege notwendig ist und das Risiko in Transitländern minimiert werden soll." "Je schneller solche Projekte wie Nord Stream und South Stream realisiert werden, desto weniger Risiken werden wir in Zukunft haben", betonte der Gazprom-Vize.
Gazprom will nach seinen Worten die durch den Gasstreit bedingten Lieferengpässe in Europa mit erhöhten Liefermengen ausgleichen. Die Lieferungen wären aber nur dann möglich, nachdem der Konflikt um den Gastransit durch die Ukraine beigelegt worden sei, sagte Medwedew. "Zumindest im Sommer könnten wir mehr liefern."
Rechtsmittel gegen Ukraine geplant Zugleich wolle Gazprom gemeinsam mit den europäischen Gasverbrauchern von der Ukraine auf dem Gerichtsweg eine Entschädigung für die Blockade des Gastransits fordern, fuhr medwedew fort. Mit ihrem unbesonnenen Handeln habe das Nachbarland sich selber in Misskredit gebracht. Russland habe weder die Absicht noch die Zeit, die Ukraine - auf welche Art auch immer - zu diskreditieren.
In einer Stellungnahme zur jüngsten Erklärung Kiews, Gazprom versuche, die Ukraine in Misskredit zu bringen, indem Transitgas absichtlich in Leitungen gepumpt werde, über die der Export unmöglich sei, sagte der Gazprom-Vizevorstand: "Wir hatten einen Plan zur Wiederherstellung des Gastransits unter Berücksichtigung aller vorhandenen technischen Parameter erstellt. Das Ziel bestand darin, die Gasversorgung (Europas) so schnell wie möglich wiederaufzunehmen." Das betreffe in erster Linie die Balkan-Region, die wegen der ukrainischen Gasblockade am stärksten betroffen sei. |