"Wirtschaftsforum in Wladiwostok Keine Verluste, Betrug beim Getreide-Deal, neue Souveränität: Putin-Rede im Faktencheck
„Die Nachfrage auf den Weltmärkten ist so groß, dass wir keine Probleme haben werden, sie (Rohstoffe) zu verkaufen.“ Wladimir Putin beim 7. Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok
Fast die Hälfte der Staatseinnahmen, nämlich 45 Prozent, machen die Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor aus. Das vom Westen verhängte Embargo gegen russisches Öl – es betrifft bislang 75 Prozent der russischen Ölimporte in die EU und 100 Prozent in die USA – galt zunächst als „schärfstes Schwert“ im Wirtschaftskrieg. Doch im Juli exportierte Russland laut Bloomberg noch immer 7,4 Millionen Barrel Öl pro Tag – vor allem Dank erhöhter Ausfuhren nach Indien und China. Nach Schätzungen der Firma Kpler, die den Energiemarkt beobachtet, erhöhte China seine Seeimporte russischen Öls bis Juli um 40 Prozent, Indien sogar um mehr als 1700 Prozent. Doch dieser Effekt ist bereits ausgeschöpft. Chinas Wachstumsziel von 5,5 Prozent für 2022 wurde zuletzt dramatisch nach unten korrigiert.
Immer höhere Rabatte für China?
„Russisches Gas für China sei das billigste in der Welt, hieß es in Schlagzeilen. Und der Tiefpunkt ist vielleicht noch gar nicht erreicht. Die chinesischen Unternehmen sehen ja, in welcher Lage Russland ist. Glauben Sie mir, China wird pragmatisch sein und unsere Rohstofflieferanten wie eine Zitrone ausquetschen, bis sie immer mehr Rabatte bekommen“, so Wladimir Milow, einst stellvertretender Energieminister Russlands, im Juli im Deutschlandfunk. China kann nicht mehr russisches Öl kaufen, weil die heimische Nachfrage nachlässt, sagt Houmayoun Falakshali von Kpler. Und höhere Rabatte, als Russland diesen Staaten bereits einräumt, wird sich Moskau nicht leisten können. Langfristig hat sich Russland durch die politische Instrumentarisierung seiner Rohstoffexporte – das Land hat kaum andere Einnahmequellen – seiner wirtschaftlichen Zukunft beraubt. Dass es Probleme gibt, Gas und Öl zu verkaufen, davon zeugen neben enormen Preisnachlässen, die Moskau Kaufwilligen gewährt, die Gasflammen, die von Finnlands Grenzen aus am Horizont zu sehen sind: Russland fackelt riesige Mengen an Erdgas ab.
„Bei Bedarf, bitteschön, werden wir Nord Stream 2 einschalten.“ Wladimir Putin beim 7. Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok
Tiefpunkt im Verwirrspiel um Gasexporte: Laut Putin ist jetzt die falsche Pipeline (Nord Stream 1) die Ursache für den Gasstopp – würde Berlin den umstrittenen Pipelineneubau Nord Stream 2 freigeben, käme wieder Gas an. Pure Heuchelei: Er will die Bundesregierung zur Aufgabe ihrer bisherigen Position bewegen. Natürlich würde er nach Gutdünken auch den Gasfluss durch Nord Stream 2 stoppen, sobald ihm das ins Spiel passt.
Zuletzt hatte der Kreml behauptet, russisches Erdgas fließe erst wieder nach Westeuropa, wenn die Sanktionen beendet seien. „Die Probleme mit der Gasversorgung sind durch die Sanktionen entstanden, die westliche Staaten, darunter Deutschland und Großbritannien, gegen unser Land verhängt haben“, hatte Kremlsprecher Dimitr Peskow noch am Montag gesagt.
Und davor waren angeblich kaputte Turbinen oder ausbleibende Wartungen schuld. Deutlich wird: Putin setzt angesichts des militärischen und wirtschaftlichen Desasters große Hoffnungen in die kommende, kalte Jahreszeit und die Mobilisierung der europäischen Bevölkerung gegen die Sanktionen. Er wird alles tun, um die Unzufriedenheit der Europäerinnen und Europäer mit Strom- und Gaspreisen zu forcieren, um so ein Ende der Sanktionen herbeizuführen." https://www.rnd.de/politik/...eltbild-SCQOSM2INWJNO65GQWGYJ6WVCI.html |