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Fusionen im Bankenbereich
Seite 1 von 1
neuester Beitrag: 20.02.04 08:52
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eröffnet am: | 19.02.04 21:00 von: | Seb2910 | Anzahl Beiträge: | 5 |
neuester Beitrag: | 20.02.04 08:52 von: | Seb2910 | Leser gesamt: | 2894 |
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Erfolgsaussichten und Reaktionen an den Kapitalmärkten
français
Anfang der 90er Jahre wurden in der Schweiz jährlich bis zu rund 400 M&A-Transaktionen gezählt, was einem historischen Höchststand entsprach. In der Folge reduzierte sich die Zahl der Unternehmenszusammenschlüsse bis 1995 kontinuierlich. Mit der Bekanntgabe der Novartis-Fusion erhielt die M&A-Euphorie in der Schweiz eine neue Dimension. Gegenstand dieses Artikels bildet die Analyse der Auswirkungen von Fusionen und fusionsähnlichen Unternehmenszusammenschlüssen auf den Erfolg der betroffenen Gesellschaften sowie eine empirische Auswertung der Reaktionen an den Aktienmärkten.
1. Systematisierung des Fusionsbegriffs
In der Theorie und Praxis lassen sich folgende Definitionsgruppen des Fusionsbegriffs bilden (vgl. Abbildung 1).
Der Fusionsbegriff im weitesten Sinne rechtfertigt sich, da eine Übernahme durch Barabgeltung aus wirtschaftlicher Sicht weitgehend die gleichen Wirkungen hat wie die Fusion im weiteren Sinne. Von einer Vereinigung zu einer wirtschaftlichen Einheit wird gesprochen, wenn ein Unternehmen unter - zumindest teilweiser - Aufgabe seiner Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse in eine dauernde und sichtbare Abhängigkeit eines anderen Unternehmens gerät. In der angelsächsischen Literatur[1] ist die Bezeichnung "Mergers & Acquisitions" meist als verbundenes Begriffspaar ohne präzise Abgrenzung anzutreffen. M.E. erscheint es allerdings zweckmässig, an der Unterscheidung zwischen Übernahme durch Barabgeltung und Fusion im weiteren Sinne festzuhalten. Im folgenden wird die klassische Übernahme mit Barentschädigung vollständig ausgeklammert.
Das finanzwirtschaftlich entscheidende Merkmal einer Fusion im weiteren Sinne ist die überwiegende Abfindung der Aktionäre der aufzunehmenden Gesellschaft in Aktien (bzw. Partizipationsscheinen)[2]. Innerhalb der Fusion im weiteren Sinne wird grundsätzlich zwischen der betriebswirtschaftlichen und der - weniger weit gefassten - echten (handelsrechtlichen) Fusion unterschieden.
Unter einem fusionsähnlichen Unternehmenszusammenschluss wird eine zumindest partielle finanzielle Verflechtung des Eigenkapitals von zwei oder mehreren Unternehmen zu einer neuen wirtschaftlichen Einheit verstanden. Im Gegensatz zur wirtschaftlichen Selbständigkeit bleibt die rechtliche Autonomie erhalten. Die Abgeltung erfolgt durch die erwähnten Beteiligungspapiere oder in teilweise monetärer Form.
In der juristischen Lehre hat sich eine Einengung des Fusionsbegriffs auf den Tatbestand der Fusion im engeren Sinne weitgehend durchgesetzt[3]. Als echte Fusion wird die Vereinigung von zwei oder mehreren Unternehmen zu einer wirtschaftlichen und rechtlichen Einheit bezeichnet. Bei dieser Verschmelzung ohne Liquidation tritt die übernehmende Gesellschaft durch Universalsukzession in die Rechte und Pflichten der übernommenen Gesellschaft ein. Letztere verliert ihre wirtschaftliche Selbständigkeit und verschwindet als Rechtssubjekt.
2. Empirische Untersuchungen
2.1 Analyseinstrumente
Für Kontinentaleuropa und insbesondere für die Schweiz liegen nur wenige empirische Untersuchungen zum Erfolg von Unternehmenszusammenschlüssen vor. Sie lassen sich in die nachfolgenden drei Kategorien unterteilen:
Jahresabschlussorientierte Untersuchungen beziehen sich auf Änderungen der durch die Rechnungslegung ermittelbaren Situation. Sie analysieren die Wirkungen von Zusammenschlüssen auf Unternehmensebene. Grundlagen dafür sind extern verfügbare Daten, die der Rechnungslegung entnommen werden. Als Analysemethode kommen sowohl die Vorher-Nachher-Analyse als auch die komparative Objektanalyse in Frage. Bei letzterer wird versucht, Unternehmen zu finden, die ähnliche Bilanzstrukturen und Tätigkeitsbereiche aufweisen.
Befragungen analysieren die unternehmensinterne Beurteilung eines Zusammenschlusses und die Wirkungen, welche durch extern verfügbare Daten nicht erkennbar sind.
Kapitalmarktorientierte Untersuchungen befassen sich mit den Reaktionen des Aktien- und Obligationenmarktes auf Unternehmenszusammenschlüsse.
Verschiedene empirische Untersuchungen, die den Erfolg einer Fusion oder eines fusionsähnlichen Zusammenschlusses analysieren, zeigen ein recht heterogenes Bild. Dieses beruht darauf, dass die Untersuchungszeiträume, -gebiete und -methoden teilweise divergieren. Eine allgemeingültige Aussage über den Erfolg scheint somit praktisch nicht möglich zu sein: "There are undoubtedly good mergers and bad mergers but economists find it hard to agree as to whether mergers are on balance beneficial."[4]
Nachfolgend wird mittels der zweiten und insbesondere der dritten Kategorie gearbeitet.
2.2 Erfolgsuntersuchungen durch Befragungen
Mangels eines vollständig objektiven Instrumentes zur Beurteilung von Unternehmenszusammenschlüssen stützt sich die nachfolgende Auswertung auf die - teilweise sicherlich subjektiv geprägten - Angaben der Befragten.
Im Zusammenhang mit derartigen Befragungen bedarf es der Erläuterung der Begriffe Validität und Reliabilität.
Die Validität kann in eine interne und eine externe unterteilt werden. Mit ersterer ist die Gültigkeit des Untersuchungsergebnisses für die analysierten Teilaspekte angesprochen. Andere Faktoren, die nicht separat erfragt werden, können derart günstige Auswirkungen haben, dass ein Zusammenschluss trotz eines vermeintlichen Misserfolgs positiv ist. Im Gegensatz dazu betrifft die externe Validität die Allgemeingültigkeit von Stichprobenergebnissen. Für Analysen von Zusammenschlüssen besteht dabei die Gefahr einer Verzerrung, wenn über nicht erfolgreiche Vereinigungen keine Auskunft erteilt wird.
Die Reliabilität, d.h. die Zuverlässigkeit der Reproduzierbarkeit von Ergebnissen bei wiederholten Befragungen, ist bei Erfolgsanalysen von Fusionen und fusionsähnlichen Zusammen- schlüssen in zweifacher Hinsicht problematisch. Zum einen beurteilen die verschiedenen Interviewpartner den Erfolg von Unternehmensverbindungen meist unterschiedlich, zum andern besteht die Gefahr, dass dieselbe Person die Situation zu verschiedenen Zeitpunkten ungleich beurteilt.
Trotz dieser Unzulänglichkeiten wurde 1993 eine Befragung bei ausgewählten Schweizer Unternehmen durchgeführt[5]. Je nach Zielgruppe wurden zwei unterschiedliche Fragebogen versandt. Fragebogen A richtete sich an Finanzchefs von Unternehmen, die eine Fusion bzw. einen fusionsähnlichen Unternehmenszusammenschluss durchgeführt haben. Fragebogen B wandte sich demgegenüber an M&A-Fachleute in (Investment-) Banken, Treuhandgesellschaften und spezialisierten Beratungsunternehmen.
Die erste Zeile der Abbildung 2 zeigt das Ergebnis aller befragten Unternehmen, wobei sämtliche Nichtantworten als Misserfolg gewertet wurden (Auswertung A1). Die zweite Zeile widerspiegelt das Bild der effektiv antwortenden Unternehmen (Auswertung A2), und die dritte Zeile zeigt die Erfahrungen der Beratungsinstitute (Auswertung B).
92% der antwortenden Schweizer Unternehmen haben die mittelfristig gesetzten Erwartungen der Fusion bzw. des fusionsähnlichen Zusammenschlusses erreicht oder übertroffen (Auswertung A2). Nur gerade 3% taxierten den Zusammenschluss als Misserfolg. Diese Erfolgsquote von 92% ist aufgrund von Nichtantworten und psychologischen Momenten im Vergleich zu ausländischen Untersuchungen hoch. Das Bewerten der Nichtantworten als Misserfolg (Auswertung A1) dient dazu, eine Art untere Auffanglinie (worst case) zu ermitteln. Einige der Unternehmen, die den Fragebogen nicht zurückgesandt haben, befanden sich zur Zeit der Umfrage in der Tat in einer wenig erfolgreichen Situation. Die Ähnlichkeit dieses Resultates mit dem Durchschnitt der fünf ausgewählten Erhebungen anderer Autoren[6] - auch bei diesen wurden die Nichtantworten teilweise als Misserfolg gewertet - ist beeindruckend (Auswertung Autoren). Die Realität für den Erfolg der untersuchten Zusammenschlüsse des Schweizer Marktes dürfte somit in einer Bandbreite zwischen 51% und 92% liegen. In dieser Grössenordnung wird sie auch seitens der M&A-Institute geschätzt (64%).
Der Erfolg der finanziellen Integration (voller Erfolg = 64%) wurde von den Unternehmen leicht besser bewertet als jener der organisatorischen Eingliederung (voller Erfolg = 57%). Beide Fragen wurden von den M&A-Beratungsinstituten deutlich weniger positiv beurteilt.
Die Gründe für das Misslingen bzw. das partielle Gelingen einer Fusion oder eines fusionsähnlichen Unternehmenszusammenschlusses sind mannigfaltig. Während die zusammengeschlossenen Gesellschaften nebst der fehlenden Akzeptanz beim Personal häufig keine Schwierigkeiten antreffen, konstatieren die M&A-Berater fast ausnahmslos nicht bzw. nur unvollständig erfüllte Synergieerreichungsgrade. Die bisweilen auftretenden Widerstände beim Personal sind zu einem grossen Teil für das Scheitern von Unternehmenszusammenschlüssen mitverantwortlich. 74% der befragten Institute glauben an einen direkten Zusammenhang zwischen Widerstand und Misserfolg.
2.3 Reaktionen der Aktienmärkte
2.3.1 Theoretische Grundlagen
Bevor auf die empirische Untersuchung einer Stichprobe von Fusionen und fusionsähnlichen Unternehmenszusammenschlüssen eingegangen wird, bedarf es der Erläuterung einiger relevanter Grundlagen, die sich in vier Schritte unterteilen lassen:
1. Definition des Untersuchungszeitraumes
Die Aktienkurse reagieren in einem vollständig effizienten Kapitalmarkt lediglich auf neue, unerwartete Ereignisse, so dass vor allem die Ankündigungsperiode interessant ist. Der Tag der Ankündigung des Zusammenschlusses wird jeweils mit Tag 0 definiert. Die Länge der gewählten Beobachtungsperioden variiert je nach Autor[7]. In den nachfolgenden Be- rechnungen wird für jede Aktiengattung der betroffenen Unternehmen der Zeitraum von 30 Börsentagen vor bis 30 Börsentagen nach Bekanntgabe der Fusion bzw. des fusionsähnlichen Zusammenschlusses untersucht. Die zur Erhebung der normalen sowie der abnormalen Renditen relevanten Zeitabschnitte sind in Abbildung 3 visualisiert.
2. Ermittlung der normalen Rendite
Die normale Rendite widerspiegelt die erwartete Rendite seitens der Investoren, wenn kein Zusammenschluss stattgefunden hätte.
Das Marktmodell - es wird bei der Analyse von Unternehmenszusammenschlüssen am häufigsten zur Berechnung der normalen (und abnormalen) Renditen verwendet - bereinigt die Aktienrenditen um die Markteinflüsse. Dabei wird von einem linearen Zusammenhang zwischen der Rendite Rj einer Aktie j und der Rendite des gesamten Aktienmarktes Rm ausgegangen. Die entsprechende Gleichung lautet:
Rjt=aj+bj3Rmt+ejt (1)
Legende:
j = Laufindex für Aktie j
Rjt = tatsächliche Rendite der Aktie j im Zeitraum t
Rmt = tatsächliche Rendite eines Marktindexes (z.B. Swiss Performance Index) im Zeitraum t
aj = Schätzparameter einer linearen Regression, der den Anteil der Rendite von Aktie j erklärt, der unabhängig vom Markteinfluss ist
bj = Schätzparameter einer linearen Regression, der die Sensitivität der Aktie im Marktvergleich widerspiegelt[8]
ejt = Abstände der einzelnen Punkte zur Regressionsgeraden, wobei die Summe der Quadrate zu minimieren ist:
-31 S e2jt=Min! t=-230
Zur Berechnung der normalen Rendite sind zunächst die Parameter aj und bj zu ermitteln. Basis für diese Regressionsanalyse[9] sind Vergangenheitswerte der Renditeentwicklungen für die einzelnen Aktien j und für den Gesamtmarkt m. Die Schätzung bezieht sich auf eine Zeitperiode, die in der Regel vor der Ankündigung eines Zusammenschlusses liegt. Die aus der Regression von Beziehung (1) resultierenden Werte werden mit
a^j und b^j
bezeichnet und in Gleichung
R^jt=a^j+b^j3Rmt (2)
eingesetzt.
Legende: R^jt= normale Rendite der Aktie j im Zeitraum t
3. Ermittlung der abnormalen Rendite
Der dritte Schritt beinhaltet die Berechnung der abnormalen Rendite, die es für jede Aktiengattung sowie für jeden einzelnen Tag zu ermitteln gilt[10]. Die abnormale Rendite errechnet sich aus der Differenz der effektiv erzielten und der normalen Rendite:
rjt=Rjt-R^jt (3)
Legende: R^jt = normale Rendite der Aktie j im Zeitraum t
Rjt = tatsächliche Rendite der Aktie j im Zeitraum t
rjt = abnormale Rendite der Aktie j im Zeitraum t
Die tatsächliche Rendite Rjt wird in eine systematische und eine unsystematische Komponente aufgespalten. Die systematische Komponente bj3Rmt berücksichtigt Risikoeinflüsse, die durch den gesamten Markt verursacht werden und die Rendite aller Unternehmen tangieren. Die Kennziffer bj ist ein Mass für die Sensitivität in bezug auf die Einflüsse des Marktes. Bei aj + rjt handelt es sich um die unsystematische Rendite, die nicht durch das Verhalten des Marktes erklärt werden kann. Sie setzt sich aus der normalen aktienspezifischen Rendite aj und der abnormalen Rendite rjt zusammen, wobei letztere durch unerwartete Ereignisse, die ausserhalb der normalen Geschäftstätigkeit liegen, erzielt wird.
Die im Untersuchungszeitraum errechneten Residuen rjt haben den Charakter von Vorhersagefehlern und können durch ein bestimmtes Ereignis - z.B. durch die Ankündigung eines Unternehmenszusammenschlusses - verursacht werden. Es handelt sich somit um die nicht erwartete Rendite. Zur Glättung der aktienspezifischen Fehler wird für den Zeitraum t ein auf möglichst viele Titel (insgesamt N Aktien) abgestützter Durchschnitt der abnormalen Renditen ermittelt:
N Srjt (4)
r-t=j=1N
4. Ermittlung der kumulierten abnormalen Rendite
Die kumulierte abnormale Rendite für den Zeitraum T verkörpert den durchschnittlichen Gesamteffekt der Fusionen und fusionsähnlichen Zusammenschlüsse aller untersuchten Gesellschaften und errechnet sich aus der Addition der in (4) dargestellten abnormalen Renditen vom Beginn des Beobachtungszeitraumes bis zu dessen Ende. Die zeitliche Kumulierung dieser Reihe geht vom Wert 0 zu Beginn des Beobachtungszeitpunktes (t = -30) aus:
T
rT, kum=Sr-t (5)
t=-30
Voraussetzung für eine derartige Analyse ist die Kotierung der entsprechenden Valoren an einer Börse sowie eine zumindest in mittelstrenger Form existierende Effizienz des Kapitalmarktes. Diese beinhaltet, dass sämtliche öffentlich zugänglichen Informationen bereits im Aktienkurs eskomptiert sind.
5. Interpretationen
Die Anwendung von Marktmodellen zur Beurteilung von Unternehmenszusammenschlüssen hat teilweise zu Kritik geführt. Mit der Wahl der Periode zur Ermittlung der Schätzparameter einer linearen Regression[11] sowie des Zeitabschnitts zur Analyse der abnormalen Rendite wird unterstellt, dass in diesen Zeiträumen keine anderen ausserordentlichen Ereignisse als die Bekanntgabe des Zusammenschlusses auftreten. Die intertemporale Veränderung des systematischen Risikos b im Modell bleibt unberücksichtigt. Wie Untersuchungen zur Entwicklung dieses systematischen Risikos jedoch ergeben haben, kann es in der zu analysierenden Periode variieren. Das Postulat des Nicht-Auftretens von Vorkommnissen, welche eine Verfälschung der normalen bzw. der abnormalen Rendite verursachen, ist in der Praxis kaum in jedem Fall erfüllt. Eine gewisse - wenn auch i.d.R. tolerierbare - Verzerrung der Ergebnisse kann somit nicht ausgeschlossen werden.
2.3.2 Empirische Auswertung
Die Bildung der Stichprobe für die nachfolgende empirische Untersuchung erfolgt durch Zusammentragen von Daten über Fusionen und fusionsähnliche Zusammenschlüsse, die sich im Zeitraum 1986-1996[12] am Schweizer Kapitalmarkt abspielten. Die Untersuchungen beruhen dabei auf der modellmässigen Annahme der Markteffizienz, wonach die Aktienkurse sämtliche am Markt verfügbaren (öffentlichen) Informationen widerspiegeln.
Eine Analyse der absoluten Kursentwicklung der Aktien fusionierender Gesellschaften ist nicht adäquat, da die Markteinflüsse mitberücksichtigt werden müssen. Zur Eliminierung dieser Störeffekte bedarf es deshalb einer Bereinigung um die Marktkomponente. Die entsprechende Ermittlung der relativen Kursentwicklung erfolgt mittels des bereits diskutierten Marktmodells und basiert auf den nachstehenden Annahmen:
- Die Marktrendite errechnet sich aus dem dividendenbereinigten Swiss Performance Index (SPI)[13].
- Sämtliche Aktienkurse, welche zur Analyse herangezogen werden, sind adjustiert. Allfällige Kursverzerrungen aufgrund von Eigenkapitaltransaktionen sind somit berichtigt.
- Der Zeitraum von 200 Tagen zur Ermittlung der normalen Rendite resp. von je 30 Tagen vor und nach Bekanntgabe des Zusammenschlusses zur Analyse der abnormalen Rendite bezieht sich auf effektive Börsentage.
- Sofern an einzelnen Tagen keine bezahlten Kurse zustande gekommen sind, wird der letztbezahlte Kurswert eingesetzt.
Die Darstellung des Gesamtergebnisses (vgl. Abbildung 4) widerspiegelt in der oberen Hälfte die abnormale Rendite des betrachteten Portfolios und in der unteren Hälfte die kumulierte abnormale Rendite. Sie reflektiert die Einschätzung der Investoren in eindrücklicher Weise. Man erkennt leicht, dass die Aktienkurse aufgrund der Ankündigung gesamthaft deutlich positiv reagieren. Wie die Auswertungen zeigen, sind bisweilen bereits vor der offiziellen Ankündigung eines Zusammenschlussvorhabens Kursreaktionen zu beobachten.
Ein Quervergleich zeigt, dass ein Anstieg der kumulierten abnormalen Rendite nach der Ankündigung einer Unternehmensverbindung üblich ist[14]. Wie aus Abbildung 4 zu entnehmen ist, oszilliert die abnormale Rendite mit Ausnahme des Zeitraumes um die Ankündigung innerhalb einer Bandbreite von rund 1,5%-Punkten um die 0%-Achse. Die zeitliche Verschiebung des Kurssprungs auf den Tag nach Bekanntgabe des Zusammenschlusses ist plausibel, wird doch der Handel der entsprechenden Valoren am Tag 0 i.d.R. sistiert. Die erzielbare kumulierte abnormale Rendite liegt bei ca. 12%.
2.3.3 Interpretationen
Die Ergebnisse der Untersuchung verdeutlichen, dass die Aktien im Durchschnitt eine signifikante Höherbewertung erfahren. Der abnormale Gewinn beschränkt sich auf wenige Tage. Am grössten ist er einen Tag nach der Ankündigung. Allerdings steigt der Kurs wie erwähnt bisweilen bereits vor diesem Zeitpunkt markant an, was Fragen betreffend der Insiderproblematik aufwirft. Ausgelöst werden diese Steigerungen durch erwartete positive Synergieeffekte sowie im Falle der Quasi-Fusionen durch teilweise weit über dem Börsenkurs liegende Umtauschangebote. Das Management der übernehmenden Gesellschaften bewertet im letzteren Falle den künftigen Nutzen aus dem zu integrierenden Unternehmen deutlich höher, als es dem aktuellen Börsenkurs entspräche. In erster Linie profitieren daher bei dieser Art des Zusammenschlusses die Aktionäre der übernommenen Gesellschaften von den überdurchschnittlichen abnormalen Renditen[15].
2.4 Reaktionen der Obligationenmärkte
Bezüglich der Entwicklung im Segment des Fremdkapitals können folgende drei Hypothesen[16] unterschieden werden:
Die Co-Insurance-Hypothese besagt eine Risikoreduktion der Insolvenz, wodurch der Marktwert des Fremdkapitals zuungunsten des Eigenkapitals steigt.
Gemäss der Redistribution-Hypothese steigt das Risiko nach dem Zusammenschluss, was infolge reduzierter Obligationenkurse auf Kosten der Gläubiger geschieht. Für die Aktien wird eine positive abnormale Rendite postuliert.
Die Value-Sharing-Hypothese schliesslich bringt sowohl für die Fremd- als auch für die Eigenkapitalgeber mindestens eine neutrale, bestenfalls gar eine positive abnormale Rendite mit sich.
Auf eine empirische Analyse der abnormalen Rendite des Fremdkapitals muss aufgrund der schmalen Datenbasis[17] verzichtet werden, und eine Analyse der absoluten Renditeentwicklung der Anleihen ist nicht adäquat, da sie durch allgemeine Markteinflüsse verzerrt wird. Die als Hilfsgrösse zu ermittelnde relative Entwicklung der Anleihensrenditen von Unternehmen, die sich mittels einer Fusion oder einer fusionsähnlichen Verbindungsform zusammengeschlossen haben, errechnet sich aus der effektiven Rendite abzüglich der durchschnittlichen Rendite der am Schweizer Kapitalmarkt ausstehenden Anleihen. Ein Vergleich des Zeitraumes von 30 Börsentagen nach der Ankündigung mit demselben Zeitabschnitt zuvor zeigt, dass vom Markt im Durchschnitt eine höhere Rendite gefordert wird[18].
3. Zusammenfassung und Fazit
Eine eindeutige und allgemeingültige Aussage zum Erfolg von Fusionen und fusionsähnlichen Unternehmenszusammenschlüssen - gestützt auf die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen - ist schwierig. Immerhin zeigen aber sowohl die Einschätzungen der Unternehmensleitungen selbst, wie auch die Erfahrung der M&A-Berater, dass sich Unternehmensverbindungen tendenziell positiv auswirken. Diese Meinungen decken sich im übrigen auch - zumindest im Grundsatz - mit jenen der Investoren, sind diese doch bereit, nach Bekanntgabe einer Fusion bzw. eines fusionsähnlichen Zusammenschlusses deutlich mehr für eine Aktie zu bezahlen als vorher.
Anmerkungen
1 Vgl. z.B. Rock, M. L. (Hrsg.): The Mergers and Acquisitions Handbook, Mac Graw-Hill, New York, St. Louis, San Francisco et al. 1987.
2 Eine Abgeltung in Stammanteilen oder Equity-Linked Anleihen ist ebenfalls möglich.
3 Einzelne Autoren vertreten die Auffassung, Art. 748 Ziff. 8 OR sei weit auszulegen und die Abgeltung der Aktionäre mit einem beliebigen Zahlungsmittel, d.h. auch in bar, sei zulässig.
4 Brealey, R. A./Myers, S. C.: Principles of Corporate Finance, 3. Auflage, McGraw-Hill, New York, St. Louis, San Francisco et al. 1988, S. 818.
5 54% der insgesamt 100 versandten Fragebogen fanden Eingang in die Auswertung. Vgl. Fragebogen in: Neumann, A.: Fusionen und fusionsähnliche Unternehmenszusammenschlüsse unter besonderer Berücksichtigung finanzieller Aspekte, Bank- und finanzwirtschaftliche Forschungen, Band 187, Haupt, Bern, Stuttgart und Wien 1994, S. 367ff.
6 Bei diesen Werten handelt es sich um einen Durchschnitt der Untersuchungen von Drucker, P.F. (Land: n.a.; Jahr: n.a.), Kitching, J. (USA, 1967), Kitching, J. (Europa, 1974), Möller, W.-P. (BRD, 1983) und einer Harvard Studie (USA, 1985). Vgl. dazu Barth, H.: Prognos-Forum: Zukunftssicherung durch Konzentration?, in: FuW Nr. 85 vom 1. November 1989, S. 25; Behrens, R./Merkel, R.: Mergers & Acquisitions, C. E. Poeschel, Stuttgart 1990, S. 96; Bühner, R.: Unternehmenszusammenschlüsse, C. E. Poeschel, Stuttgart 1990, S. 99.
7 Vgl. Bühner, R.: Bestimmungsfaktoren und Wirkungen von Unternehmenszusammenschlüssen, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 4/1989, S. 161; Weston, J. F./Chung, K. S./ Hoag, S. E.: Mergers, restructuring, and corporate control, Prentice Hall, Englewood Cliffs/New Jersey 1990, S. 218.
8 Bei diesem ß handelt es sich um den Beta-Faktor, d.h. das Mass für die Sensibilität einer Aktie in bezug auf die Bewegungen des gesamten Aktienmarktes.
9 Die Regressionsanalyse ist eine Möglichkeit für die Bestimmung dieser Parameter.
10 Bisweilen werden in der Literatur anstelle der abnormalen Rendite auch die Begriffe Vorhersagefehler (prediction error) oder Restwert (residual) verwendet.
11 Da die Abhängigkeit der Rendite der Aktie von jener des Marktes keineswegs genau linear ist, bedarf es einer gewissen Relativierung der Aussagekraft. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich die Untersuchung - aufgrund der kleinen Anzahl Fusionen bzw. fusionsähnlicher Unternehmenszusammenschlüsse in der Schweiz - auf relativ wenige Transaktionen mit teilweise geringer Liquidität abstützen muss.
12 Die Auswertung umfasst 25 Titel von insgesamt 14 Gesellschaften: Fusionen: Adia SA (IA, PS), Autophon AG (NA, IA), Balair AG (NA, PS), Ciba Geigy (NA, IA), Compagnie de Transport Aérien (IA, PS), Neue Aargauer Bank (NA, IA), Sandoz (NA, IA); Quasi-Fusionen: Au Grand Passage SA (IA), CS Holding (NA, IA), Grands Magasins Innovation SA (IA), Grands Magasins Jelmoli SA (IA), Schweizerische Volksbank (Stammanteile, PS); Joint-venture mit fusionsähnlichem Charakter: BBC Brown Boveri AG (NA, IA); Zwillingsaktiengesellschaft: Saurer Gruppe Holding AG (NA, IA).
13 Für Transaktionen, die vor der Publikation dieses Index zur Durchführung gelangten, wird auf den nicht dividendenbereinigten Index des Schweizerischen Bankvereins abgestellt.
14 Vgl. z.B. Firth, M.: Share prices and mergers - A study of stock market efficiency, Saxon House, Farnborough/Hants 1976, S. 103ff.; Brealey, R. A./Myers, S. C.: a.a.O., S. 819.
15 Vgl. detaillierte Berechnungsergebnisse in Neumann, A.: a.a.O., S. 262ff.
16 Galai, D./Masulis, R. W.: The Option Pricing Model and the Risk Factor of Stock, in: Journal of Financial Economics, Vol. 3/1976, S. 66; Asquith, P./Kim, E. H.: The Impact of Merger Bids on the Participating Firms' Security Holders, in: The Journal of Finance, Vol. 37/1982, S. 1209f.; Dennis, D./Mc Connell, J. J.: Corporate Mergers and Security Returns, in: Journal of Financial Economics, Vol. 16/1986, S.180f.
17 Wie das Beispiel der Aktien gezeigt hat, ist für die Berechnung der normalen Rendite ein relativ langer Zeitraum von 200 Börsentagen erforderlich. Sofern hier dasselbe Verfahren zur Anwendung gelangen würde, müsste auf eine sehr kleine Stichprobe abgestellt werden.
18 Der Vergleich der Renditen dieser beiden Zeitabschnitte rechtfertigt sich insofern, als infolge des bei Schweizer Obligationenanleihen relativ illiquiden Handels ein Abstellen auf die Entwicklung an einzelnen Tagen aufgrund von Zufallskursen zu ungenau wäre. Die geringe Marktgängigkeit manifestiert sich auch in der zeitlichen Verzögerung der Kursreaktionen; vgl. detaillierte Berechnungsergebnisse in Neumann, A.: a.a.O., S.271ff.
Reicht das?
mfg