hier nochmal ein artikel aus dem stern (hoffe mal kann´s lesen...):
Big Brother im Internet
Durch die Fusion zweier Informationsriesen in den USA werden noch mehr Daten über Online-Nutzer gespeichert - und womöglich missbraucht. Es ist der Traum der Werbeindustrie: jedem Kunden die auf ihn persönlich zugeschnittene Anzeige zu servieren. Für den Feinschmecker die Rotweinwerbung, Windel-Reklame für die junge Mutter - und niemals eine Nussschokoladen-Offerte an den Allergiker.
Im Internet ist dieser Traum zum Teil schon wahr geworden: Mit ausgefeilter Technik und weitgehend unbemerkt forschen Online-Werbefirmen die Websurfer aus, verfolgen ihre Cyberreisen, ermitteln ihre Interessen und senden die passenden Anzeigen auf die Computermonitore. Die angekündigte Fusion zweier US-Firmen könnte die Trefferquote der Internet-Werbung bald dramatisch steigern - und treibt schon jetzt die Datenschützer auf die Barrikaden.
Zwei Giganten wollen sich da bis Ende September zusammentun: Abacus Direct mit Sitz in Broomfield (Colorado) ist die größte Datenbank von Katalogkunden der USA. Infos zu über 88 Millionen amerikanischen Haushalten lagern in ihren Archiven, zwei Milliarden Bestellungen aus über 1100 Katalogen sind erfasst, Namen und Adressen inklusive. Aus ihren Datenbergen gewinnt die Firma Kundenprofile, mit deren Hilfe Katalogversender gezielt Haushalte anschreiben können, die sich am ehesten für ihr Angebot interessieren.
Doubleclick Inc. mit Sitz in New York ist einer der führenden Vermarkter von Internet-Werbung. Das Unternehmen liefert für über 1500 Websites in aller Welt, darunter Altavista oder die Online-Ausgabe der "heute"-Nachrichten, die bunten Werbebanner und erreicht nach eigenen Angaben monatlich rund 80 Millionen Internet-Nutzer. Sobald ein Websurfer eine der Seiten im "Doubleclick-Network" aufruft, sendet sein Webbrowser Informationen an die Firma, aus denen Doubleclick etwa ablesen kann, aus welcher Region der Besucher stammt, welches Betriebssystem oder welchen Webbrowser er verwendet. Blitzschnell entscheiden dann die Doubleclick-Computer, welches Werbebanner der Surfer zu sehen bekommt und schicken es über das Internet an den Adressaten - Maßarbeit statt Massenware.
Nach der Fusion mit Abacus sollen die Internet-Surfer noch präziser ins Visier genommen werden. "Der Zusammenschluss verbessert unsere Fähigkeit, die richtige Werbebotschaft zur richtigen Zeit an den richtigen Kunden zu schicken", freut sich Doubleclick-Chef Kevin O'Connor. Für Datenschützer liegt aber genau hier das Problem. "Das könnte das Ende der Anonymität im Internet sein", warnt Jason Catlett, Chef der Verbraucherschutzorganisation Junkbusters. Für ihn ist die Fusion "ein Albtraum für die Privatsphäre".
Catletts Befürchtung: Abacus und Doubleclick könnten Websurfer in Zukunft persönlich identifizieren, wenn sie die Seiten von Doubleclick-Kunden besuchen. Schon heute sendet die Firma jedem, der erstmals eine Doubleclick-Network-Seite besucht, eine Datei (genannt "Cookie" - Keks) mit einer nur ihm zugeteilten Nummer, die auf der Festplatte des Computers gespeichert wird. Bei jeder weiteren Visite sendet der Rechner des Websurfers dieses Cookie zurück an Doubleclick - eine gute Möglichkeit, besuchte Websites und Surfgewohnheiten zu erfassen.
Aber auch persönliche Daten ließen sich so gewinnen, etwa wenn ein Internet-Surfer auf einer von Doubleclick betreuten Website seine Adresse angibt. Eine Anfrage nach dem Menschen hinter der Cookie-Nummer bei der Abacus-Datenbank liefert dann ein Kundenprofil, mit dessen Hilfe der Surfer die optimale Anzeige auf seinen Monitor bekommt. Zwar könnte es im Sinne des Kunden sein, nur Reklame zu erhalten, die ihn interessiert. Doch zumindest, so Datenschützer, müsste der Verbraucher Kontrolle über die gespeicherten Information haben.
Denn nicht nur die Werbeindustrie dürfte sich für die Profile der Konsumenten interessieren. Auch für Hacker, potenzielle Arbeitgeber und Staatsanwälte sind die Datenberge eine Fundgrube. "Wie lange wird es dauern, bis Politiker sich für die von ihnen besuchten Websites rechtfertigen müssen", fragte eine US- Zeitung und prophezeite einen Internet-Inquisitor nach dem Vorbild des legendären Senators McCarthy. "In meinen Händen halte ich eine Liste mit Leuten, die kommunistische Websites und die Websites von kommunistischen Sympathisanten besucht haben..." |