Die Stahlbranche galt lange Zeit als ein Relikt aus längst vergangenen Tagen. Vor allem während des Hightech-Booms wollte kaum ein Anleger diese Titel in seinem Depot haben. Immerhin war das Marktumfeld über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte – gelinde gesagt – „bescheiden“. Doch das hat sich mittlerweile gründliche geändert: 2006 gehörten die Anteilscheine der Stahl-Produzenten und –Händler zu den absoluten „Überfliegern“ an den internationalen Finanzmärkten. Und auch wenn einige Investoren angesichts der teilweise dreistelligen prozentualen Kurszuwächse langsam aber sicher „Höhenangst“ bekommen, dürfte der Boom noch längst nicht vorbei sein. Denn die fundamentalen Rahmenbedingungen sind nach wie vor erstklassig.
Weiter zunehmende Nachfrage Zumindest derzeit deutet in den wichtigen Wachstumsmärkten wie China und Indien noch nichts auf ein „Erlahmen“ der Nachfrage hin. Ganz im Gegenteil: Alle bedeutenden Stahlverarbeiter wie der Bau, der Maschinenbau und (regional) auch die Fahrzeugindustrie benötigen immer größere Mengen des universell einsetzbaren Werkstoffs. Konsequenterweise prognostiziert das Welt-Stahlinstitut für das laufende Jahr eine Zunahme des globalen Outputs um 6,5 Prozent. Und 2008 sollen es abermals mehr als fünf Prozent werden. Aber auch längerfristig stimmen die Aussichten: Wurden 2005 weltweit noch 1,132 Milliarden Tonnen Stahl erzeugt, könnten es nach einer Studie der Deutschen Bank im Jahr 2015 bereits fast 1,85 Milliarden Tonnen sein. Dies entspricht einem Wachstum von 63 Prozent oder gut sechs Prozent per anno. Trotz dieser beachtlichen Steigerungsraten wird es auf Grund des kontinuierlich steigenden Bedarfs sicherlich nicht zu Überkapazitäten kommen, die die Marktpreise unter Druck bringen.
„Gewinnsprünge“ dank höherer Preise Viel eher ist damit zu rechnen, dass die Produzenten in der Lage sein werden, dank der anhaltend guten Konjunktur höhere Verkaufspreise durchzusetzen. Wichtige „Player“ haben bereits angekündigt, in Kürze abermals an der „Preisschraube drehen“ zu wollen. Auf nennenswerten Widerstand bei den Abnehmern ist diese Ankündigung nicht gestoßen. Zwar muss man bedenken, dass ein Teil dieser Steigerungen durch die höheren Kosten für Eisenerz – dem Hauptrohstoff zur Stahl-Produktion – „aufgezehrt“ werden. Dennoch dürfte auch in den Kassen der Stahl-Erzeuger mit Sicherheit noch der eine oder andere Euro „hängenbleiben“. Somit wird die Branche wohl auch in den kommenden Jahren erneut „Gewinnsprünge“ verzeichnen können, wenngleich diese möglicherweise nicht ganz so groß ausfallen wie zuletzt. Da die meisten Aktien jedoch nach wie vor vergleichsweise moderat bewertet sein (einstellige oder knapp zweistellige Kurs/Gewinn-Verhältnisse sind keine Ausnahme sondern die Regel), sehen wir bei der Mehrzahl der betreffenden Titel durchaus weiteres Aufwärtspotenzial.
Fusionsfantasie als zusätzlicher „Kurstreiber“ Als zusätzlicher „Kurstreiber“ sollte sich die zudem die latente Fusionsfantasie entpuppen. Zugegeben: In den jüngeren Vergangenheit gab es in dem Sektor bereits einige „Elefanten-Hochzeiten“ wie beispielsweise der Zusammenschluss von Arcelor und Mittal. Dennoch ist der Konzentrationsgrad der Branche noch vergleichsweise gering: Die 15 wichtigsten Hersteller vereinen gerade einmal ein Drittel der globalen Stahl-Produktion auf sich. Ein erhöhter Nachholbedarf besteht als augenscheinlich, zumal die „Stahlkocher“ mit Fusionen den mächtigen Eisenerz-Erzeugern wie einer CVRD Paroli bieten und die Preise niedrig halten könnten. Immer wieder als Übernahmekandidaten im Gespräch sind unter andrem die beiden deutschen Unternehmen ThyssenKrupp und Salzgitter. Bislang wehrten der 25,1prozentige Anteil der Krupp-Halbach-Stiftung (Thyssen) sowie das 25,2-Prozent-Paket des Landes Niedersachsen (Salzgitter) feindliche Attacken ab. Wie schnell diesbezüglich allerdings der „Wind drehen“ kann, wissen wir spätestens seit den Vorkommnissen bei Volkswagen. Alles in allem dürfte es bei Stahl-Aktien weiterhin spannend bleiben! ( extern ) |