Volkswirte: Wirtschaft hat im dritten Quartal an Fahrt gewonnen VWD
FRANKFURT (Dow Jones)--Bankvolkswirte haben sich am Dienstag zuversichtlich über die weitere Entwicklung der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr geäußert. "Wir gehen davon aus, dass die Konjunktur im dritten Quartal etwas an Fahrt gewonnen hat, und diese positive Entwicklung dürfte sich auch im Winter fortsetzen", kommentierte Matthias Rubisch von der Commerzbank die überraschende Aufhellung des ifo-Geschäftsklimas im September. Jörg Lüschow von der WestLB sagte, die vom ifo Institut gemeldeten Daten würden auch zeigen, "dass die Binnennachfrage insgesamt etwas an Schwung gewinnt". Hieran hatte es lange in Deutschland gefehlt.
Zuvor hatte das Münchener ifo Institut für Wirtschaftsforschung einen Anstieg seines Geschäftsklimaindex auf 96,0 Punkte von zuvor 94,6 gemeldet. Es war der höchste Indexstand seit Januar. Dabei verbesserte sich den Angaben zufolge vor allem die Einschätzung der aktuellen Wirtschaftslage. Der entsprechende Teilindex stieg auf 96,4 (August: 93,8) Punkte, während der Index für die Erwartungen leicht auf 95,5 (95,4) Zähler zulegte. Das ifo Institut verwies darauf, dass eine Auswertung der vor und nach der Bundestagswahl eingegangenen Umfragebögen unterschiedliche Ergebnisse gezeigt habe. Dabei hätten die Unternehmen ihre Geschäftsaussichten nach der Wahl tendenziell ungünstiger bewertet.
Commerzbank-Ökonom Rubisch betonte, dass die Zahlen zum Geschäftsklima nun wieder besser zu den harten Konjunkturdaten wie Auftragseingang oder Produktion im Produzierenden Gewerbe passen würden. Allerdings sieht er noch keinen selbst tragenden Aufschwung in Deutschland. "Hierfür müsste auch der private Verbrauch spürbar zulegen, und dies ist weiterhin nicht zu erwarten", sagte Rubisch. Mit Blick auf die Bundestagswahl sagte der Volkswirt, zwar hätten die Unternehmen eine Regierungskoalition aus Union und FDP favorisiert, andererseits habe sich schon vor der Wahl abgezeichnet, dass eine solche Koalition verfehlt werden könnte. Insofern scheine sich der Einfluss politischer Entwicklungen in Grenzen gehalten zu haben.
WestLB-Volkswirt Lüschow verwies auf den geringen Effekt der Rohölpreise auf das Geschäftsklima. "Die stabilen Geschäftserwartungen sind angesichts des Preisschubs beim Rohöl höchst erfreulich", erklärte er. Das insgesamt positive Geschäftsklima begründete Lüschow aber auch mit der guten Verfassung der deutschen Unternehmen. In den vergangenen Jahren hätten sich Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit deutlich verbessert, die Lohnstückkosten seien gesunken. Das damit verbundene Gewinnwachstum sollte sich über kurz oder lang in einer verstärkten Investitionstätigkeit niederschlagen.
Mit Blick auf die Wachstumsentwicklung im dritten und vierten Quartal liegen die beiden Ökonomen mit ihren Prognosen deutlich auseinander. Während Commerzbank-Volkswirt Rubisch für dieses und kommendes Quartal mit einem Wirtschaftswachstum von 0,4% bzw 0,2% zum Vorquartal rechnet, sagt WestLB-Ökonom Lüschow Wachstumsraten von jeweils 0,5% voraus. Allerdings machen sich diese Prognoseunterschiede für das gesamte Jahr wenig bemerkbar. Beide erwarten hier eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von knapp 1%, nachdem im vergangenen Jahr noch ein Wachstum von 1,6% verzeichnet worden war. -Von Peter Trautmann, Dow Jones Newswires; +49 (0) 69 / 29 725-313, peter.trautmann@dowjones.com DJG/ptt/apo -0-
Quelle: VWD 27.09.2005 11:44:03
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