Die Q2 Zahlen werden offensichtlich Mist werden, wie man am Kursverlauf ablesen kann. Dabei regt mich weniger der Umstand auf, dass 2018 operativ ein weiteres schwieriges Jahr werden wird. Angesichts der Größe der Zukäufe könnte ich prinzipiell gut verstehen, dass die Integration Zeit und Kosten verursacht. Was mich allerdings zur Weißglut treibt ist:
(a) Der Umstand, dass die Aktie so extrem insiderverseucht ist. Hier wurden die schlechten Nachrichten wiederholt immer erst nachgeliefert, nachdem sie im Unternehmen offenbar bereits länger bekannt waren und manche Investoren scheinbar davon unter der Hand in Kenntnis gesetzt wurden. Diese haben die wiederkehrenden Kursabstürze vermieden--der normale Investor nicht. Das Verhalten der Führungsebene in Punkto Insiderinformationen ist hier absolut indiskutabel. Jetzt bahnt sich ein ähnliches Schauspiel bereits wieder an. Der Vorstand sollte sich schämen.
(b) Der Umstand, dass sowohl die IR als auch der CEO wiederholt Investoren mit informellen Falschaussagen bewusst in die Irre geführt haben. Das ist mittlerweile eine lange Liste an grotesken Lügen (sorry: mir fällt kein bessere Wort für sowas ein). Wie konnte man im letzten Jahr noch informell von Margen bis zu 20% für 2017 sprechen, wenn alle Pitches gewonnen werden? Wieso wurde auf der HV davon gesprochen, dass kein Kapitalbedarf bestünde, nur um sehr kurze Zeit später genau jene durchzuführen? Auch hier wiederum gilt: der Vorstand sollte sich schämen für diese Dreistigkeiten.
Mittlerweile ist SNP das verlustreichste Investment, das ich in 24 Jahren Aktienanlage getätigt habe. Das ist ok und es wird nicht das letzte Verlustinvestment sein. Kurios ist allerdings, dass es nicht ein Investment mit schlechter Kenntnis/Recherche war. Vielmehr kenne ich den M&A Markt gut, weil ich genau dort beruflich tätig bin. Mir war daher bewusst, dass die Projekte, die SNP 2016-17 ausgeführt hat (Dow/DuPont, hp Aufspaltung etc.) zu den mit Abstand anspruchsvollsten SAP Transformationen weltweit gehören. Insofern fand ich manche Mutmaßungen hier im Forum auch immer sehr albern, dass SNP schlechte Produkte habe oder ein zweitklassiger Lokalanbieter sei. Wer so etwas schreibt, weiß nicht wovon er spricht.
Wenn man dazu nimmt, dass (a) solche Aufträge als Türöffner für den globalen M&A Markt sehr hilfreich sein sollten, (b) die Internationalisierungsstrategie den verbleibenden Schwachpunkt des Unternehmens (keine lokale Kundenbetreuung bei globalen Fusionen zu haben) beseitigen wird, (c) der CEO selbst zu Preisen über 40 EUR Directors Dealings über zig Millionen Euro getätigt hat, (d) man bei deutschen Großkonzernen wie Siemens oder Bosch ohnehin schon gesetzt ist für Transformation, (e) SNPs Fähigkeit bei M&A Projekten EBIT-Margen im Bereich weit über 20% zu erzielen klar dokumentiert ist, dann frage ich mich immer noch etwas kopfschüttelnd: wie konnte dieses Investment so dermaßen in die Hose gehen?
Mittlerweile ist die Aktie nur noch soviel wert wie eine durchschnittliche SAP-Klitsche, die Hintz & Kuntz bei Alltagsproblemen berät und nicht Fortune 500 Konzerne bei ihren komplexesten Transformationsprojekten. Insofern werde ich bei solchen Kursen sicher nicht verkaufen wollen. Allerdings scheint auch klar, dass man (a) die Kosten und Komplexität der Integration der Töchter und die Ausbildung der Mitarbeiter unterschätzt hat, (b) es erhebliche Defizite im operativen Management in Heidelberg gibt, (c) der internationale Vertrieb (z.B. in Europa außerhalb Deutschlands) extrem schwach ist, (d) die Bepreisung der Transformations-Leistungen im M&A Bereich wahrscheinlich etwas amateurhaft ist.
Das sind Probleme, die man prinzipiell lösen kann, wenn man ein gutes Produkt hat. ABER: SNP wird sehr große Probleme haben, wenn man wie eingangs besprochen nicht transparent und klar mit den Problemen umgeht um die klaffende Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu überbrücken. Ich habe persönlich kein Problem damit, wenn Unternehmenstransformationen/Investments mehrere Jahre dauern, wenn die Unternehmensführung weiß, was sie tut. Aber ich habe auch wenig Lust, in einen organisatorischen Hühnerhaufen zu investieren, dessen Visionen in erster Linie auf Powerpoint Präsentationen ausgelebt werden.
Vielleicht wäre es wünschenswert, wenn Herr Schneider-Neureither sich und sein Unternehmen von einem größeren Konkurrenten übernehmen lässt (SAP, Cap Gemini, Accenture) und dort Leiter der Produktentwicklung Transformation wird, während das operative Geschäft von professionellen Konzernmanagern geführt wird? |