Effecten-Spiegel (14.06.2001)
Favoriten für spekulative Anleger
PSI
Hochattraktiv erscheinen nach wie vor die am Neuen Markt notierten PSI, die sich vor Aufträgen nicht retten können. So hatte der Berliner Softwareanbieter erst kürzlich vom Mobilfunkanbieter D2 Vodafone einen 3,6-Mio-EUR-Auftrag erhalten. Jetzt liefert PSI Leck-Erkennungssoftware nach Rußland. Nach dem Großauftrag für den weltgrößten Gasproduzenten Gazprom im vergangenen Jahr schaffte PSI mit einem Auftrag des größten russischen Ölkonzerns LUKoil nun in Rußland auch den Markteintritt bei Öl-Pipelines. Das Volumen beider Aufträge zusammen liege deutlich im zweistelligen Mio-DM-Bereich, hieß es. Nach einer erfolgreichen Projektumsetzung bei LUKoil erwartet PSI weitere Aufträge aus Rußland. PSI plant und realisiert als führender Anbieter Softwarelösungen für das Ressourcenmanagement in den Bereichen Energie, Güter und Informationen. Insbesondere profitieren die Berliner im Geschäftsbereich Energie von der Deregulierung. So offeriert man Software für die Steuerung der Netze der Energieversorger für Gas, Strom und Öl. In diesem Jahr soll die Ausweitung auf Wasser erfolgen. Künftig soll der operative Gewinn von PSI doppelt so schnell wachsen wie der Umsatz. Analysten schätzen ein Ergebnis je Aktie für 2001 von 0,45 (i. Vj. Verlust 1,59) und für 2002 bereits von 0,85 EUR. Vorstandchef Jaeschke selbst erwartet in 2001 ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von etwa 10,5 (i. Vj. 4) Mio EUR. Da für 2002 eine Verdopplung auf rd. 20 Mio EUR möglich scheint, zeigt sich Finanzvorstand Eriksen zuversichtlich, den auf 29,5 Mio EUR verdoppelten Bilanzverlust bis Ende 2002 abbauen zu können. Den Umsatz will PSI im lfd. Jahr um 25 % auf 184 (147) Mio und in 2002 dann auf rd. 220 Mio EUR hochfahren. Akt. Börsenwert: 182 Mio EUR. Im 1. Quartal 2001 preschten Umsatz um 27,4 % auf 39,5 (31) Mio EUR und der Auftragseingang um 32 % auf über 50 (38) Mio EUR vor. Der operative Gewinn schnellte um 133,7 % auf 0,575 (0,246) Mio EUR hoch. Bei PSI handelt es sich um einen überaus reizvollen Turnaround-Wert, der zumindest die zur Jahreswende erreichten Höchstkurse von etwas über 25 EUR wieder ansteuern dürfte.
Wirtschaftswoche (Auszug) (14.06.2001)
Vom Feld abgesetzt
"Bis Ende des Jahres 2000", prognostizierte die DG-Bank noch im Mai 2000, "klettert der Nemax 50 auf 9600 Punkte." Bekanntlich kam es anders: Schon im Januar sackte der Index auf weit unter 2000 Punkte. .... Jetzt ist die Zeit zum radikalen Schnitt: Privataktionäre sollten 90 Prozent des Neuen Marktes vergessen - all die Werte, die in Wahrheit nie ein profitables Geschäftsmodell hatten, all die Werte, deren Kursballon nur die Hoffnung zusammenhält. Auf der anderen Seite stehen Unternehmen, die seit Jahren profitabel arbeiten, die ihre Prognosen einhalten, die in ein paar Jahren eher in Richtung Dax als in die Bedeutungslosigkeit marschieren. Die Konsequenz: Investoren sollten mehr den je auf Einzelstorys der Unternehmen achten - und Geduld aufbringen: Zwar rechnen viele Analysten damit, dass die Konjunktur schon im vierten Quartal drehen könnte. So beobachtet Stefan Heng von der Deutschen Bank: "Die Unternehmen sind für die zweite Jahreshälfte schon wieder positiv eingestellt; besonders in den USA scheint die konjunkturelle Talsohle weitgehend durchschritten." Dennoch sollten Anleger daraus für den Neuen Markt keine voreiligen Schlüsse ziehen. An einen neuerlichen Boom auf breiter Basis glaubt niemand. .... Deshalb ist es wichtig, auf Werte zu setzen, die sich im allgemeinen Abschwung einigermaßen stabil gehalten haben. Deren Widerstandskraft kommt nicht von ungefähr: Ein gut geführtes Unternehmen, das die Planzahlen regelmäßig erfüllt, wird von professionellen Anlegern weniger abgestraft. Daher taugt individuelle Stärke in der allgemeinen Schwäche als Indiz für die weiteren Gewinnchancen einer Aktie. Die WirtschaftsWoche hat die Schlüsselbranchen des Neuen Marktes durchforstet nach Unternehmen, die nicht in die Penny-Stock-Liga abrutschen werden und Anlegern auch dann noch Erträge bringen werden, wenn die Pannenfirmen längst vergessen sind. ....
Software und Beratung
"Die Stimmung in der Branche ist schlechter als die Lage", bricht Stefan Heng von der Deutschen Bank eine Lanze für die Softwareunternehmen am Neuen Markt. Ein Grund für Hengs verhaltenen Optimismus: "Bei Investitionen in Software wird der Rotstift längst nicht so skrupellos angesetzt wie bei Hardware und Marketing." Es herrsche Investitionsdruck, die Unternehmen seien gezwungen, auch in dürren Jahren in wichtige Software zu investieren. Dazu gehören Programme zur Optimierung der Zulieferketten oder der Kundenbeziehungen. Trotzdem ist die Großwetterlage alles andere als freundlich. "Für den IT-Markt als Ganzes haben wir dieses Jahr eine Wachstumsprognose von null", warnt Heng. "Software ist ein Bereich, der noch mit Vorsicht zu genießen ist", sagt auch Norbert Loeken von der WestLB. Der Rest des Jahres werde für das Gros der Unternehmen nicht einfach, glaubt Loeken, "traditionell liegen große Hoffnungen auf dem vierten Quartal, die nicht alle erfüllen werden". .... Doch es gibt einige "Einzelstorys", wie Kappen es nennt, von denen durchaus noch Potential zu erwarten ist. Das sind Unternehmen, die sich in einer lukrativen Nische breit gemacht haben, etwa FJA, ein Spezialist für Versicherungssoftware. Die Aktie hat jedoch seit November 2000 schon 90 Prozent gewonnen. Noch mehr Luft nach oben sieht Friedericke Herkommer von der HypoVereinsbank beim Spezialisten PSI, der Energieversorger wie E.On und RWE mit Managementsoftware beliefert. "Das ist eine interessante Turnaround-Spekulation", glaubt Herkommer. Denn die anfänglichen Schwierigkeiten mit einem neuen Produkt scheinen nun weit gehend ausgeräumt. Der Kurs der Aktie hat seit dem Zwischentief im März erst 15 Prozent gutgemacht, PSI hat noch Potential.
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