Russland als Spielverderber in der Opec-Politik? Ringen um Förderbeschränkungen
Die Bemühungen der Opec, eine weltweite Beschränkung der Erdölförderung zu orchestrieren, gestalten sich angesichts der zögerlichen bis ablehnenden Haltung Russlands als schwierig. Sollte sich die konjunkturelle Erholung als robust erweisen, könnten sich die Diskussionen um Förderdrosselungen bald einmal als müssig erweisen.
Fdr. Vancouver, 11. März
Am Freitag werden in Wien die Opec-Minister zu einer weiteren regulären Sitzung zusammentreffen. Auf der Traktandenliste steht zweifellos auch die künftige Förderpolitik der Organisation, die nach den Vorstellungen der Opec darauf zielen sollte, den Produzenten einen «vernünftigen» Preis pro Fass zu garantieren. Offiziell ist die Opec bisher von ihren längerfristigen Vorstellungen - einem Zielbereich von 22 $ bis 28 $ pro Fass - nicht abgerückt, obwohl eine Verwirklichung derselben zusehends schwieriger zu werden scheint; der Erdölkorb der Opec notierte vor dem Wochenende bei $ 20.97 pro Fass. Zwar hat der Preis seit Mitte Januar, als er sogar unter die psychologische Marke von 18 $ gefallen war, vergleichsweise deutlich angezogen. In der vergangenen Woche war ein markanter Preisauftrieb mit einem New Yorker Höchststand von $ 24.75 pro Fass zu konstatieren. Ob diese Notierung aber Bestand hat, muss vorläufig offen bleiben und hängt letztlich nicht (nur) von wirtschaftlichen Faktoren ab.
Politische Unsicherheiten Im Rückblick scheint die Preisentwicklung der letzten Tage in der Tat vor allem politisch motiviert gewesen zu sein; die Präsentation neuer amerikanischer Unterlagen über irakische Aufrüstungsmassnahmen am Vorabend der Wiederaufnahme von Gesprächen des Landes im Rahmen der Vereinten Nationen hat vor dem Wochenende zu zunehmender Verunsicherung geführt. Diese liess erst etwas nach, als man sich am East River darauf einigen konnte, die Gespräche vorläufig weiterzuführen. Washingtons Skizze von der «Achse des Bösen» wird indessen dafür sorgen, dass der Erdölmarkt weiterhin von Befürchtungen über allfällige Lieferausfälle aus dem Nahen Osten geplagt werden wird. Goldman Sachs glaubt zwar trotz unvermindert scharfer US-Rhetorik zumindest vorläufig nicht an eine Eskalation in dieser Weltgegend. Dennoch gibt es genügend andere Unruheherde; die Lage in und um Israel gehört ebenso dazu wie das Risiko zunehmender politischer Unruhen in Venezuela, welche im Urteil von Beobachtern in eine Bestreikung der Erdölindustrie münden könnten.
Die Konjunktur als Preismotor Die Opec dürfte sich in Wien auf eine Weiterführung ihrer Anfang Jahr eingeführten Förderbeschränkung verpflichten; sie versucht gleichzeitig, mittels reger Reisediplomatie auch die anderen, ausserhalb der Organisation stehenden Grossproduzenten zu einem solchen Verhalten zu veranlassen. Dabei besteht für das zweite Vierteljahr vorab bezüglich Russlands, des zweitgrössten Produzenten der Welt, ein grosses Fragezeichen. Ein offizieller Entscheid sei - so hört man - Ende März zu erwarten. Die russische Erdölindustrie scheint nicht willens zu sein, eine derartige Beschneidung weiter zu akzeptieren, umso weniger, als die Opec selber ihren eigenen Vorgaben ungenügend nachzuleben scheint - ob Russland im ersten Vierteljahr den Erdölausstoss tatsächlich reduziert hat, bleibt im Übrigen umstritten. Letztlich könnte die Diskussion um die Produktionsdrosselungen deshalb müssig werden, weil sich sowohl in den USA als auch in Europa die Anzeichen für eine Beschleunigung der wirtschaftlichen Gangart zu häufen scheinen, was wiederum ein Anziehen der Erdölpreise bereits aus wirtschaftlichen Gründen wahrscheinlich macht.
[NZZ] |