Empfehlungen von "Focus Money": "Hot Stocks" nur zum Fingerverbrennen JOURNALISTEN Oliver Janich ist "Anlagestratege" von FOCUS MONEY. Daneben veröffentlicht er unter seinem Namen Tradingsignale im "modernen Wirtschaftsmagazin". Das ist bedenklich - doch niemand unternimmt etwas dagegen. Betrifft: Aktien Australien Deutschland ENTREE GOLD Edelmetalle & Mineralien Finanzplanung Kauf & Verkauf von Ressourcen Ressourcen Südafrika
von Thorsten Cmiel Thorsten Cmiel ist freier Wirtschaftsjournalist in Köln. mehr... Kontakt: Nachricht an den Autor
Kyrill tobte am 18. Januar über Deutschland. Mit einem mulmigen Gefühl saß ich im Flieger von Mailand nach Köln und las zur Ablenkung die neueste Ausgabe von FOCUS MONEY: Welch Lektüre! Mir wurde durch eine Empfehlung im Heft noch flauer in der Magengegend. Nein, das wird keine Kaufempfehlung für das Münchner Anlegermagazin – eher im Gegenteil. Für Fliegen bei Sturm auch nicht. Die Macher von FOCUS sind laut eigener Homepage übrigens Hubert Burda, Helmut Markwort und Uli Baur. Die zwei Letztgenannten fungieren als Chefredakteure bei dem Wirtschaftsableger FOCUS MONEY. Also drei der angesehensten Männer in der Verlagsbranche überhaupt. Ob die wissen oder verstehen, was unter ihrem Namen so alles veröffentlicht wird? Besser wäre es in jedem Fall. Dann würde sich sicherlich etwas ändern in München.
>> HOT STOCK – mehr "hot" als "Stock"
HOT STOCK auf Seite 37 hatte es mir angetan. Eine Empfehlung des "Anlagestrategen" (!) der Zeitschrift, Oliver Janich, fand mein Interesse: Janich (sein Foto fand ich auf Seite 27) empfiehlt in FOCUS MONEY auf immerhin einer Seite unter der Rubrik HOT STOCK die Aktie des deutschen Börsenneulings "Central Kimberley Diamonds". Das Unternehmen notiert erst seit Jahresanfang an einer deutschen Börse (0,079 am 3. Januar 2007 in Frankfurt) und 0,170 am (17.1.2007 auf Xetra). Wer also früh genug dabei war, der konnte sein Kapital mehr als verdoppeln. Zumindest auf dem Papier.
Unter der Überschrift "Geheime Diamanten" wird dem Leser der Mund so richtig wässrig gemacht. Central Kimberley Diamonds soll es also diese Woche sein (Ausgabe Nummer 4 vom 17. Januar 2007). Der Kurschart auf Seite 37 zeigt steil nach oben. Da will man aufspringen – oder? Wie immer in solchen Fällen fehlt die wichtigste Information zum Chart: Wie sahen die Umsätze in dem Wert aus? Mickrig, um genau zu sein. Zuerst. Am 3. Januar gibt die Börse Frankfurt das Volumen mit einem Umsatz von 8.918 Euro an. Das ist fast nichts. Zu Beginn der Veröffentlichungswoche von FOCUS MONEY stieg der Umsatz in Frankfurt (liquidester Handel laut FOCUS MONEY) dann von 84.122 Euro auf 243.185 Euro am Montag, 1.307.961 Euro am Dienstag und 3.207.676 am Mittwoch. (Offizieller Veröffentlichungstermin von FOCUS MONEY – Abonnenten erfahren Informationen aber früher!) Danach ging das Interesse wieder stark zurück, und Freitag wurden in Frankfurt Aktien im Wert von nur noch etwa 600.000 Euro gehandelt. So richtig Schwung in den Handel kam also erst, nachdem FOCUS MONEY am 17. Januar die Aktie empfahl. Im Inhaltsverzeichnis heißt es dazu: "Hot Stock: Börsenneuling Central Kimberley Diamonds bohrt nach Diamanten in trockenen Flussverläufen Südafrikas. Der Wert kann sich vervielfachen." Zumindest so lange sich immer neue Käufer für solche Empfehlungen finden....
Bezogen auf den Börsenwert von 4,2 Millionen Euro (von FOCUS MONEY errechnet) wurde das Unternehmen – das jetzt immerhin viel mehr wert ist – mal eben einmal an der Börse umgesetzt. Zumindest theoretisch. Vermutlich haben sich einige Zocker rechtzeitig mit dem Papier eingedeckt und mehrfach die Aktien ge- und wieder verkauft. Das Tradesignal kam eindeutig von FOCUS MONEY - und zwar vom Anlagestrategen des Blattes höchstpersönlich. Im Hot Stocks Board von Wallstreet-Online sind Empfehlungen des Magazins längst verpönt. Auf der anderen Seite kann man mit einem rechtzeitigen Einstieg und Kenntnis der Veröffentlichungspraxis – wo steht die Empfehlung am Tag vor der Veröffentlichung im Internet(?) – einen schnellen Euro machen. Offenbar hat der Board-User Rabeck5 eine solche Informationsquelle (oder er ist Abonnent): Er schrieb am 16. Januar um 12.55.17 "Hallo zusammen, ein renommiertes Wirtschaftsmagazin hat heute unter Rubrik HOT STOCKS über die Aktie von Central Kimberley Diamonds mit dem Hinweis auf eine Verzehnfacherchance berichtet (momentan ist diese Info nur für Abonnenten ersichtlich! Das Magazin erscheint morgen im Verkauf! Wer ist noch alles an Bord?"
Offenbar waren viele Trader an Bord.
>> Wer ist das überhaupt, Central Kimberley Diamonds?
Es gibt eine Homepage des Unternehmens und eine Historie – Central Kimberly Diamonds ist seit dem 3. Januar 2007 an der Börse gelistet und hat in den ersten Tagen erheblich im Kurs zugelegt.
Die bisher einzige Information zum Börsengang bisher ist folgende Nachricht, die das Unternehmen über die Publizitätsgesellschaft DGAP veröffentlichte. Dort steht, dass das Unternehmen im Jahr 2002 gegründet wurde. Der Firmensitz ist Perth in Australien, und die Diamanten will man in Südafrika finden. Finanzzahlen sind bisher keine bekannt. Woher stammen die Aktien, die inzwischen in Frankfurt notieren? Was passiert mit dem Geld der Börsennotierung. Naja,waas soll´s? Die Hauptsache, so scheint es, ist eine schöne Story im Heft. Am wahrscheinlichsten ist jedenfalls: Die drei sympathischen Männer von der Homepage können mit dem Geld der Aktionäre immerhin einen netten Abenteuerurlaub verleben.
Doch kommen wir zurück zu FOCUS MONEY: Im Kleingedruckten des Magazins (auf Seite 37) steht "Hot Stocks eignen sich nur für den spekulativen Anleger. Er muss in der Lage sein, die Kursentwicklung laufend zu verfolgen..." Dann kommt eine Passage über Stoppkurse. Vermutlich glauben die Hausjuristen, sich damit auf der sicheren Seite zu befinden. Das geht so lange gut, bis mal ein geprellter Anleger Schadenersatz von FOCUS MONEY durchsetzt und dabei den Herausgeber und die Chefredakteure des Magazins gleich mitbelangt. Schließlich erhalten Abonnenten die Empfehlung von FOCUS MONEY am Dienstagmittag und haben dadurch einen unschätzbaren Vorteil gegenüber allen Anlegern, die das Magazin am Kiosk kaufen. Ich bin ja kein Jurist, aber Insiderregeln könnten auch hier gelten...
>> Laufen Sie nie einer Karawane von Tradern hinterher
Wie Sie diesen Zeilen entnehmen können, bin ich gut gelandet. Mein flaues Gefühl im Magen ist jetzt nur noch durch die fragwürdige Empfehlung von FOCUS MONEY zu begründen. Warum bin ich sauer darüber? Vor gar nicht so langer Zeit erhielt ich eine Mail eines Anlegers, der bei Entrée Gold eingestiegen war und über die Mechanismen um Pennystocks nichts wusste. Eine Aktie, die angeblich ebenfalls mal bei den Münchnern auf der Empfehlungsliste stand. Eine Woche später zieht die Karawane in der Regel weiter und sucht nach neuen Schätzen irgendwo auf dieser Welt. Die letzten beißen dann bekanntlich die Hunde...
Ich kann und will Ihnen nicht sagen, ob Sie in diese Diamanten-Aktie investieren sollten. Eins weiß ich aber genau: Die Aufgabe – auch eines modernen – Wirtschaftsmagazins und von Wirtschaftsjournalisten ist es nicht, Kurse zu machen. Noch schlimmer: Ein Abonnenten-Service mit Empfehlungen macht das gesamte Medium unglaubwürdig. Hat ein Wirtschaftsmagazin mit einer Auflage, die über 130.000 Exemplaren liegt, so etwas wirklich nötig?
Ich wünsche allen Aktienbesitzern von Pennystocks viel Glück. Mögen die Unternehmen Öl, Gold und Diamanten finden und ihre Aktien an der Börse explodieren. |