News - 07.05.09 18:24 ROUNDUP: Brüssel verordnet Commerzbank Schrumpfkur
FRANKFURT/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Brüssel hat der Commerzbank als Auflage für staatliche Milliardenhilfen eine Schrumpfkur verordnet. Die Bilanzsumme soll innerhalb der nächsten fünf Jahre von rund 1.100 Milliarden auf etwa 600 Milliarden fast halbiert werden, wie Deutschlands zweitgrößte Bank am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Der 2005 übernommene Immobilienfinanzierer Eurohypo werde innerhalb der nächsten fünf Jahre verkauft. Zudem will die Bank weitere Beteiligungen - auch solche der zu Jahresbeginn integrierten Dresdner Bank - abstoßen. Zukäufe wird es für den DAX-Konzern innerhalb der nächsten drei Jahre nicht geben.
Die Börse zeigte sich erfreut: Die Aktie der Commerzbank legte zeitweise zweistellig zu und schloss am Donnerstag an der DAX-Spitze 9,0 Prozent höher auf 6,17 Euro. An diesem Freitag könnte die Stimmung aber schon wieder drehen: Da legt der Konzern seine Daten für das erste Quartal vor und Experten erwarten tiefrote Zahlen. Unter dem Strich dürfte bei der Commerzbank insgesamt laut Schätzungen ein Minus von 729 Millionen Euro stehen. Im Vorjahr stand - die Zahlen der Dresdner zur besseren Vergleichbarkeit mit eingerechnet - noch ein Gewinn von 228 Millionen Euro.
WEG FREI FÜR ZWEITES HILFSPAKET
Die EU-Kommission hatte zuvor den staatlichen Milliardenhilfen für die Commerzbank unter strengen Auflagen zugestimmt und damit einen seit Wochen schwelenden Streit zwischen Berlin und Brüssel beendet. Damit ist der Weg frei für das zweite Hilfspaket aus dem Januar, das dem Staat eine Beteiligung von 25 Prozent plus einer Aktie an dem Institut einbringt. Der Bund hatte der Commerzbank bereits Ende 2008 mit rund acht Milliarden Euro aus dem staatlichen Bankenrettungspaket geholfen. Im Januar wurden weitere zehn Milliarden Euro nachgeschossen - auch um die Dresdner-Übernahme abzusichern. Da nach europäischen Regularien Hilfen zur Rettung eines Unternehmens nur einmal gewährt werden dürfen, nahmen die EU-Wettbewerbshüter die Kapitalspritzen genauer unter die Lupe.
Am Donnerstag billigte die EU-Kommission die zweite Tranche von zehn Milliarden Euro. Die Beihilfe sei auf das erforderliche Minimum beschränkt und werde keine unverhältnismäßigen Wettbewerbsverzerrungen verursachen, befand die Kommission. Die Wettbewerbshüter knüpften ihre Zustimmung an strenge Auflagen: Die Abspaltung der Immobilientochter Eurohypo, keine Übernahmen in den nächsten drei Jahren. Zudem wird der Commerzbank untersagt, in Geschäftsfeldern oder Produktgruppen, in denen sie einen Marktanteil von mehr als fünf Prozent hat, günstigere Konditionen als Wettbewerber anzubieten. Insgesamt soll sich die Commerzbank auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, wozu Brüssel das Geschäft mit Privat- und Firmenkunden zählt. Das Immobiliengeschäft 'Commercial Real Estate' soll abgestoßen werden. Das Investmentbanking soll neu aufgestellt werden. An dem Osteuropa-Geschäft um die polnische BRE Bank wird hingegen nicht gerüttelt.
SOFFIN-VEREINBARUNGEN ABSCHLIESSEN
Die Commerzbank kündigte an, sie wolle auf dieser Grundlage die Vereinbarungen über die Hilfen mit dem Bankenrettungsfonds SoFFin nun kurzfristig endgültig abschließen. Die Bundesregierung begrüßte die Brüsseler Entscheidung: 'Dies ist ein wichtiger Schritt, das Vertrauen in den staatlichen Bankenrettungsschirm zu stärken', erklärte eine Sprecherin in Berlin. Die Entscheidung trage zur weiteren Stabilisierung der Kapitalmärkte bei. Dies sei Grundvoraussetzung zur Überwindung der aktuellen Krise.
EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes betonte: 'Die europäischen Banken müssen langfristig aber ohne staatliche Unterstützung auskommen.' Über die Hilfen für die Commerzbank hatten die Bundesregierung und die Bank wochenlang mit der EU-Kommission verhandelt. Die Kommission hatte Bedenken, es könne sich um eine wettbewerbsverzerrende Beihilfe handeln. Zudem gab es Zweifel, ob die Commerzbank ohne das Staatsgeld überlebensfähig ist. Die Brüsseler Behörde ließ sich von der Commerzbank überzeugen, dass das Institut während der Finanzkrise eine stabile Liquiditätssituation hatte und noch über ausreichend Reserven verfügt.
Die Eurohypo hatte 2008 tiefrote Zahlen geschrieben und auf weitere Risiken hingewiesen. Die Commerzbank hatte Europas größten Immobilienfinanzierer mit Sitz in Eschborn bei Frankfurt Ende 2005 für 4,56 Milliarden Euro gekauft. Die Eurohypo war 2002 entstanden, als die drei Frankfurter Großbanken Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank ihre Hypothekentöchter fusionierten. Trennen will sich die Commerzbank bis Ende 2011 auch von Kleinwort Benson Private Bank, Dresdner Van Moer Courtens S.A, Dresdner VPV NV, Privatinvest Bank AG, Reuschel & Co. KG und Allianz Dresdner Bauspar AG./jb/pjd/sl/DP/edh
Quelle: dpa-AFX |