Börsenstrategen nehmen schwache Zahlen gelassen von Björn Maatz (Hamburg) Gewinnwarnung bei Chevron, schwache Zahlen bei Alcoa: Zum Auftakt der Berichtssaison herrscht Nervosität am Markt. Doch die ist nach Ansicht von Analysten nicht unbedingt berechtigt. 
"Aus den bisherigen Quartalszahlen lässt sich keinesfalls ein allgemeiner Trend ablesen, wenngleich auch eine gewisse Nervosität am Markt ist", sagt Volker Borghoff, Leiter der Aktienstrategie bei HSBC Trinkaus & Burkhardt. Alcoa beispielsweise eröffne traditionell die Berichtssaison und liege fast immer unter den Erwartungen - doch das habe anschließend keine Auswirkungen auf die Märkte. "Der Trend zeigt weiter nach oben", sagt Borghoff. Besonders von Industrie- und Rohstoffwerten sowie partiell Technologietiteln seien starke Gewinne zu erwarten. "Abgesehen von Banken glauben wir im Schnitt nicht an böse Überraschungen", sagt Bernd Meyer, Chefstratege für europäische Aktienmärkte bei der Deutschen Bank. Für Überraschungen könnte höchstens noch der schwache Dollar sorgen. Bislang hätten 35 Unternehmen der im S&P 500 gelisteten Unternehmen Zahlen vorgelegt, davon wiederum hätten drei Viertel die Erwartungen übertroffen. Finanzsektor belastet US-Berichtssaison Laut Bloomberg wird für das dritte Quartal nur noch ein schwaches Gewinnplus erwartet. Neben dem zyklischen Konsum (minus 7,1 Prozent) und dem Energiesektor (minus 6,6) geht das vor allem auf das Finanzgewerbe zurück (minus 8,9). Außer Telekom (plus 31 Prozent) und Pharma (plus 11,4) stechen besonders die Industrie und die IT-Branche ins Auge, denen satte Zuwächse von 7,7 und 9 Prozent zugetraut werden. Auch Postbank-Aktienexperte Heinz-Gerd Sonnenschein erwartet keine negativen Ausreißer: "Obwohl Finanzwerte schwächere Zahlen abgeben dürften, rechnen wir nicht mit großen Enttäuschungen." Das Quartal bewege sich etwa auf dem Niveau der Vorquartale. "Die Gewinne werden normal ausfallen", sagt auch Christoph Berger, Portfoliomanager der Cominvest. Die Finanzmarktkrise hinterlasse im Finanzsektor zwar ihre Spuren, allerdings seien diese Titel zurzeit günstig bewertet, und das Vertrauen der Anleger kehre langsam zurück. Im Schnitt positive Gewinnmeldungen verspricht sich Berger etwa von Investitionsgüter- und Versorgerwerten, wenngleich es auch immer die eine oder andere unternehmensindividuelle Enttäuschung geben könne. Bei Werten mit einer Abhängigkeit zum US-Konsumenten hingegen müsse man genauer hinsehen. Allerdings befürchtet der Analyst nicht, dass diese den Gesamtmarkt belasteten. Auch wenn sich die europäischen Börsen laut Berger zunehmend vom US-Markt abkoppeln, nicht zuletzt auf Grund des gestiegenen Einflusses der asiatischen Märkte, geht der Blick doch immer in Richtung USA. Emil Heppel, US-Analyst bei der Landesbank Berlin, erwartet dort das schwächste Quartal seit Jahren, das vor allem von der Hypothekenkrise belastet sei. "Internationale Werte werden hingegen weniger betroffen sein", sagt Heppel. Viele exportorientierte Unternehmen profitierten vom schwachen Dollarkurs und der anhaltenden globalen Konjunktur. Gute Quartalszahlen erwartet der Analyst von Unternehmen aus den Branchen Technologie und Energie sowie von Industrie- und Rohstoffwerten. Finanzwerte und zyklische Konsumgüter stünden hingegen unter Druck. "Ironischerweise dürfte das schwache Quartal keine Probleme bereiten", sagt Heppel. Viele Anleger rechneten bereits damit, die Erwartungen seien schon nach unten korrigiert worden. Generell gehen die Analysten davon aus, dass die schlimmsten Auswirkungen der Subprime-Krise bereits überstanden sind. "Allerdings herrscht nach wie vor Unsicherheit im Finanzsektor", warnt Aktienexperte Thomas Grüner von der Landesbank Berlin. Da Finanzwerte einen hohen Anteil an den Gesamtindizes hätten, könnte eine Korrektur in diesem Segment durchaus auf den Gesamtmarkt durchschlagen. Nach den jüngsten Vorboten wie den Gewinnwarnungen von Chevron sowie Klöckner & Co. bleibt auch Dekabank-Chefvolkswirt Kater vorsichtig: "Mit einer verbesserten Informationslage bei den Banken und Zinssenkungen durch die Zentralbanken ist die Welt noch lange nicht in Ordnung." Quelle: www.ftd.de
Sollten diese Analysten Recht behalten, wird diese Berichtsaison die Kurse nicht nach Süden prügeln. Dazu müssten andere Ereignisse her. |