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Eurofins Scientific ist ein Biotech-Unternehmen, das Lebensmittel, Medikamente und Kosmetika auf ihre Reinheit und Herkunft untersucht. Seit 1997 ist das Unternehmen mit Sitz in Nantes am Nouveau Marché in Paris notiert. Instock erfuhr im Gespräch mit Firmenchef Gilles G. Martin Näheres über die Geschäftstätigkeit von Eurofins und seine Erwartungen an das Zweitlisting.
Instock: Welchen wirtschaftlichen Nutzen haben die Nahrungsmittel-Analysen von Eurofins?
Martin: Unsere Analysen dienen schwerpunktmäßig dem Zweck des Herkunftsnachweises von Lebensmitteln, das heißt: Aus welchen Komponenten ist eine Substanz zusammengesetzt? Beispielsweise kann Vanille-Eis aus natürlichem oder natur-identischem Vanille hergestellt worden sein. Die Verwendung natürlicher Wirkstoffe ist wesentlich teurer. Bisher war die Unterscheidung kaum möglich gewesen. Mit Hilfe unserer Technologie (SNIF-NMR) erstellen wir Isotopen-Profile, die die Zusammensetzung ersichtlich macht. Dieses Prinzip lässt sich ebenso zur Analyse von Drogen anwenden. Über die Zusammensetzung von Heroin oder Kokain ist es möglich, die Herkunft der Droge nachzuweisen. Wir arbeiten beispielsweise mit der Drug Enforcement Agency (DEA) - die amerikanische Drogenfahndung - zusammen. Im Pharmabereich sind unsere Arbeiten dem Patentschutz dienlich, denn wir können Medikamente darauf prüfen, aus welchen Wirkstoffen sie sich zusammensetzen.
Instock: Für welchen Kundenkreis arbeiten Sie vorwiegend?
Martin: Wir haben etwa 10.000 Kunden. Zu ihnen gehören Lebensmittelhersteller, Pharma- und Chemieunternehmen sowie Behörden. Zwei Drittel unseres Umsatzes generieren wir jedoch mit Lebensmittelproduzenten wie Unilever und Nestlé. Unter den Pharmafirmen finden sich renommierte Unternehmen wie Novartis oder Glaxo Wellcome wieder. Für Behörden arbeiten wir nur marginal.
Instock: Können diese Unternehmen nicht auf eigene Labors zurückgreifen?
Martin: Zumeist besitzen unsere Kunden interne Labors. Durch die verstärkten Reinheitsansprüche der Bevölkerung an Lebensmittel und den daraus resultierenden strengeren gesetzlichen Regelungen sind die Firmen jedoch daran interessiert, sich bestmöglich durch unabhängige Analysen abzusichern. Die Gefahr des Image- und Vertrauensverlustes für Lebensmittelproduzenten ist derzeit so groß wie nie, wie Beispiele wie der Coca-Cola-Skandal in Belgien oder der BSE-Skandal beweisen. Der Trend geht dahin, dass die Firmen bereit sind, mehr Geld für Reinheitstest auszugeben.
Instock: Realisiert Eurofins für seine Kunden eher kurzfristige Auftragsarbeiten, oder bestehen langfristige Verträge?
Martin: Wenn man eine gute Technologie besitzt, kann man diese natürlich an andere verkaufen und kurzfristig viel Geld verdienen. Unsere Geschäftsphilosophie geht aber davon aus, dass wir uns mit langfristigen Dienstleistungen eine solidere Basis schaffen. Wir können auf sehr langfristige Kundenbeziehungen verweisen, weil wir über 3000 Untersuchungsmethoden und somit ein sehr breites Spektrum an Dientleistungen anbieten können. Die Auftragsvolumina schwanken allerdings deutlich je nach Größe des Kunden.
Instock: Wer bietet außer Ihnen derartige Analysemethoden?
Martin: Der Markt unserer Branche ist stark fragmentiert. Viele kleine und nur eine Hand voll größere Dienstleister teilen sich den Markt. Die meisten unserer Wettbewerber besitzen jedoch keine so starke Technologie wie Eurofins. Zumeist konkurrieren wir mit anderen Anbietern in einzelnen Segmenten. Genescan ist beispielsweise unser direkter Wettbewerber im Bereich der Genveränderungs-Nachweise. Genescan hat sich zu 79 Prozent sehr stark auf GMO-Untersuchungen (Genetically Modified Organisms) spezialisiert. Allerdings bietet Genescan nicht nur Dienstleistungen, sondern verkauft auch eigene Produkte. Bei uns erfolgt die Wertschöpfung über unsere Datenbanken, nicht über den Verkauf von Geräten.
Instock:: Inwieweit sind sie international aufgestellt?
Martin: Wir besitzen etwa 30 Labors in sechs Ländern. Den größten Umsatzanteil realisieren wir in den USA mit 30 Prozent. Dem folgen Deutschland mit 20 Prozent, sowie England, Frankreich, Niederlande und die Schweiz.
Instock: Welches Marktpotenzial sehen sie für das Geschäft mit Nahrungsmittel-Analysen?
Martin: Dieser Markt profitiert von einem Megatrend. Jährlich sterben in den USA rund 9000 Menschen an Lebensmittelvergiftung. Die Ablehnung gegenüber genmanipulierter oder aus synthetischen Mitteln hergestellter Nahrung nimmt stark zu. Der Markt für GMO-Untersuchungen wächst in den nächsten Jahren laut Marktstudien um 60 Prozent jährlich. Zumindest die nächsten fünf Jahre wird dieser Trend noch anhalten.
Instock: Ist ihre Technologie ausbaufähig für den Fall, dass neue und bessere Technologien auf den Markt kommen?
Martin: Derzeit haben wir mit unserer auf Atomen beruhenden Technologie einen deutlichen Vorsprung gegenüber unseren Konkurrenten, deren Technologie molekular basiert ist. Daher können wir tiefgründigere Analysen erstellen. Das heißt aber nicht, dass wir unsere Technologie nicht weiter entwickeln werden. Außerdem sind technische Erneuerungen zumeist mit unserem System kombinierbar, so geschehen mit der neuen Technologie zur DNA-Analytik. Da sind wir auch gleich mit aufgesprungen.
Instock: Sie sind bereits seit 1997 am Nouveau Marché in Paris gelistet. Was bezwecken Sie mit Ihrem Zweitlisting am Neuen Markt?
Martin: Das hat verschiedene Gründe. Erstens ist der Nouveau Marché nicht so liquide. Am deutschen Neuen Markt erhoffen wir uns eine größere Investorenbasis. Außerdem wollen wir unseren Bekanntheitsgrad auch in Deutschland steigern. Unsere internationale Aufstellung sollte sich in der Aktionärsstruktur wiederspiegeln. Das Listing hat zudem den Vorteil, dass die Stock Options, die wir an unsere deutschen Mitarbeiter ausgeben wollen, preiswerter ausfallen werden.
Instock: Warum gehen Sie nicht gleich an die Nasdaq, wenn sie in den USA den größten Teil Ihres Umsatzes generieren?
Martin: Am Neuen Markt werden wir der drittgrößte Biotech-Wert sein. Außerdem sind wir bereits ein recht großes Unternehmen, wachsen sehr schnell und verfügen über eine gute Technologie. Also werden wir das Interesse der Anleger auf uns ziehen. An der Nasdaq wären wir vielleicht Nummer 100 der Biotech-Titel. Wenn man dort nicht Nummer eins ist, gerät man schnell in Vergessenheit. Dort gilt: The winner takes it all.
Instock: Der Kurs der Eurofins-Aktie hat sich im Vorfeld des Zweitlistings bereits verdoppelt. Rechnen Sie noch mit Zeichnungsgewinnen?
Martin: Der Kurs unserer Aktie hat sich verdoppelt, weil wir unsere Umsatz-Prognosen für das Jahr 2003 auf 150 Millionen Euro verdoppelt haben. Im laufenden Geschäftsjahr wollen wir 50 Millionen Euro umsetzen. Ich glaube auch, dass Eurofins im Vergleich zu Wettbewerbern noch recht moderat bewertet ist. Unser 2001er Umsatzmultiple beträgt 4, während der Branchen-Durchschnitt bei 10 liegt. Daher sehe ich noch deutliches Kurspotenzial.
Instock: Herr Martin, vielen Dank für das Gespräch. |